Schon wegen
seiner Lage abseits großer Verkehrswege und Ortschaften
inmitten eines bewaldeten Landstrichs, etwa 42km
südwestlich von Kota in Richtung Rana Pratap Sagar, gehört
dieser zwischen dem 9. Jh. und 11. Jh. errichtete
Tempelkomplex zu den schönsten der Region. Obwohl auch er
von Bilderstürmern, insbesondere Aurangzeb nicht verschont
blieb, ist noch genug erhalten um die hohe Kunst der
Chauhana-Epoche eindrucksvoll zu dokumentieren, zumal
derzeit umfangreiche Restaurierungsarbeiten im Gange sind.
Der
Haupttempel Ghateshvara Mandir besteht aus einem
quadratischen Sanktuarium mit einer durch fünf
vorspringende Risalite vertikal gegliederten Außenwand.
Durch einen Vorraum ist das Heiligtum mit einer nach allen
Seiten offenen, von sechs Pfeilern und zwei Pilastern
getragenen Versammlungshalle (Mandapa) verbunden. Über dem
Allerheiligen führt, von dem Mauerwerk durch einen
zweifachen Gesimszug getrennt, der schlanke
parabelfoermige Shikhara die fünffache Gliederung in die
Vertikale fort – ein für das Rajasthan des 9. und 10 Jh.
charakteristischer Zug. Der Mandapa wird durch ein flaches
Pyramindendach in Kragbauweise abgeschlossen. Den Zugang
bildet ein Toranabogen, dessen geschwungene Konsolen von
einem Makarakopf zusammengehalten werden. Der einige Meter
entfernt liegende, grosse, nach allen Seiten offene
Mandapa wurde erst später hinzugefügt.
In der
Bauplastik der Tempelanlage begegnet uns die ganze
Vielfalt des hinduistischen Pantheons, wobei jedoch die
Außenwände relativ sparsam mit Figurennischen ausgestattet
sind. In ihnen finden wir Andhaka (von Shiva besiegter
Dämon), Nataraja (Shiva als kosmischer Tänzer) und
Chamunda (die grausame Erscheinung der Göttin Kali).
Weitaus lebensbejahender hingegen die mit Liebespaaren
verzierten Pfeiler, Kämpfer und Deckensegmente sowie die
plastisch aus den Saeulenschaeften des Mandapa
hervortretenden himmlischen Nymphen. Auch rings um den
Dachansatz des neueren Mandapa reihen sich kleine
Figurenschreine. Leider wurden den meisten Plastiken durch
die muslimischen Bilderstürmer die Köpfe abgeschlagen.
Sehr ungewöhnlich ist die Figur eines kletternden Mannes
an der Rückseite unterhalb der Shikharaspitze. Es handelt
sich um einen Bannertraeger, in dessen gefalteten Händen
sich eine Öffnung für die Aufnahme des Flaggenstocks
befindet. Immer wieder tritt auch der Lotos (padma) in
Erscheinung, etwa an der Decke der Kultnische oder der
Versammlungshalle, sowie auch über das Gelände verstreute
Plastiken von Lingam und Yoni.
Die
Türeinrahmung zum Schrein, der einen Lingam und ein
Bildnis von Parvati birgt, ist ebenfalls prächtig
verziert. Die Flussgöttinnen Ganga und Yamuna, reich mit
Schmuck versehen, nehmen den Sockel ein, und Shiva
vollzieht seinen kosmischen Tanz. Weitere sehr schön
gearbeitete, nahezu vollplastische Figuren findet man an
den Pfeilern eines zerstörten Toranabogens.
Rings um den
Haupttempel gruppieren sich kleine Schreine, von denen
einer im Allerheiligen eine Reliefplatte mit einer
Abbildung der Trinität (Trimurti) Vishnu, Shiva und Brahma
enthält, ein anderer Ganesh geweiht ist und der dritte mit
dem Bullen vor dem Eingang sich als Shivaheiligtum zu
erkennen gibt.
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