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Der
Baha’i-Tempel (Der Lotus Tempel) |
Einer Vision gleich erhebt sich zwischen Neu-Delhi und dem
Qutb Minar der wahrhaft kühne Entwurf des iranischen
Architekten Fariburz Sabha über makellos grüne, mit
Wasserbecken durchsetzte Rasenflächen. Das Haus der
Andacht der Bahai-Religion (weltweit ca. 4,5 Mio.
Anhänger, davon ein Viertel in Indien), spektakulärste
Beispiel neuerer Sakralarchitektur, wurde nach
siebenjähriger Bauzeit am Weihnachtstag 1986 geweiht und
ist seither Ziel von ca. 3 Mio, Besuchern pro Jahr. Der
unglaublich niedrige Baupreis von nur 425 000 Euro lässt
sich allein durch den hohen persönlichen Einsatz aller
Beteiligten erklären. Aus neun rings um den Bau
angeordneten Wasserbecken, die u. a. der Klimatisierung
dienen, wächst die 35 m hohe Kuppel in Form einer sich
öffnenden Lotosblüte. Sie besteht aus 27 Blättern, die aus
nur 13 cm dicken Betonschalen gefertigt wurden. |
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Für den Architekten
verkörpert der Lotos nicht nur ein tief in den
indischen Religionen verwurzeltes Symbol der Reinheit,
sondern über die ästhetische
Vollkommenheit hinaus auch die endgültige Manifestation
des Göttlichen in unserer Welt. Mit neun, jeweils in drei
Reihen angeordneten Blütenblättern beinhaltet die Pflanze
zwei der wichtigsten magischen Zahlen asiatischer
Religionen. Neun gilt als die Zahl des Mondes, drei wird
als die Zahl des Wunders angesehen.
Die Realisierung gestaltete sich außerordentlich komplex,
mußte doch die Lotosblüte für die statischen Berechnungen
in geometrisch definierbare Formen wie Zylinder, Kugeln,
Trapeze usw. umgesetzt werden. Wie bereits die Moguln hat
sich der Architekt des wundervollen Kontrasts von weissem
Marmor und rotem Sandstein bedient. Der Fussboden des
Innenraums ist mit Marmor belegt, die Zugänge und Treppen
sind mit Sandsteinplatten verkleidet.
Seine schneeweiße Farbe erhielt der Beton durch die
besondere Mischung der Materialien heller Dolomit aus der
Nähe Delhis, silbriger Quarzsand aus Jaipur und weisser
Zement aus Korea. Überdies gekrümmter Marmorplatten aus
den griechischen Pentelikon-Steinbrüchen verkleidet, die
in Italien zugeschnitten wurden. Die Äußeren neun Blätter
sind nach außen gebogen und bilden die neun Zugänge, die
als wesentlicher Bestandteil der Bahai-Architektur die
Offenheit für die Anhänger der verschiedenen Religionen
symbolisieren. Die neun mittleren Blätter weisen nach
innen, die neun inneren bilden schließlich die Kuppel. Sie
ist in ihrem Scheitel geöffnet und durch ein Glasdach
verschlossen, das den Regen abhält, aber den zentralen
Andachtsraum darunter mit Licht versorgt. |
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