Nirgendwo
sonst zeigt sich Indien so exotisch und farbenfroh wie in
Rajasthan, dem Land der Könige. Es ist das Heimatland der
Rajputen, eines Kriegervolkes, das diesen Teil von Indien
tausend Jahre lang beherrschte. Entscheidend aber war, wie
die Herrschaft ausgeübt wurde. Ritterlichkeit stand im
Vordergrund, ähnlich dem Verhalten der Ritter im
mittelalterlichen Europa. Niemals waren die Rajputen
jedoch ein geeintes Volk, wie zum Beispiel die Marathen in
Zentralindien. Waren sie nämlich nicht gerade in Kämpfe
mit Fremden verwickelt, trugen sie untereinander
Zwistigkeiten aus. Daher waren sie auch für die Moguln nie
eine ernsthafte Gefahr. Ihre Tapferkeit und ihre
Ehrenhaftigkeit blieben aber unerreicht.
Gekämpft haben die Rajputen auch gegen Übermächte, sie
ließen sich durch kaum etwas abschrecken. War keine
Hoffnung mehr in Aussicht, beschlossen Frauen und Kinder
den Freitod, indem sie zu Tausenden dem Flammentod
entgegengingen. Dieses Ritual wird als jauhar bezeichnet.
Die Männer zogen dann ihre gelben Roben, die sie einst zur
Hochzeit trugen, wieder an und ritten unerschrocken dem
sicheren Tod entgegen. Dieses grausame Geschehen hat sich
mehr als einmal in der Geschichte der Rajputen
abgespielt.Allein in der langen Geschichte von Chittorgarh
geschah es dreimal, daß sich die Frauen dem Flammentod
opferten, während die Männer als Märtyrer starben. Es ist
daher kaum verwunderlich, daß Akbar die Rajputen
wiederholt aufforderte, doch Anführer seiner Armee zu
werden, oder daß Aurangzeb erfolglos gegen sie kämpfte.
Unter der britischen Kolonialverwaltung verblieb das
heutige Rajasthan als eine Zusammenfassung von sogenannten
Prinzenstaaten unter der Bezeichnung Rajputana. Jeder
dieser Prinzenstaaten hatte einen Maharadscha an der
Spitze. Erst das unabhängige Indien faßte Rajputana mit
Ajmer unter der Bezeichnung Rajasthan zusammen. Fast jede
Stadt in Rajasthan hat ihr eigenes riesiges,
kriegserprobtes Fort. Sie sind stumme Zeugen einer
kriegerischen Vergangenheit. Erwähnenswert ist aber auch,
was das für Forts waren und teilweise noch sind: Zinnen,
Gefechtstürme und massive Mauern mit Palästen von
erstaunlichem Luxus und unübersehbarem Reiz. Sie erinnern
an die Zeit der Rajputen und an ihre geistige Haltung als
Ehrenmänner, die Tapferkeit über alles stellten. Der Reiz
Rajasthan liegt aber nicht nur in den Forts und in den
Luxuspalästen. Es sind die Menschen, die die farbenfrohe
Atmosphäre schaffen. Stolz prägen die Männer ihr Äußeres
durch einen farbenfrohen Turban, und fast alle tragen
einen Schnauzer, der beim Essen in die Suppe taucht. Die
Frauen mit ihren ebenso bunten Gewändern, über und über
mit kleinen Spiegeln besetzt, stehen den Männern
hinsichtlich der Kleidung und Farben nicht nach. Die
Frauen ergänzen ihre malerische Kleidung noch durch
klotzigen Schmuck, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes
von Kopf bis Fuß. Schmuck aus Rajasthan ist ein beliebtes
Souvenir der Besucher dieser Provinz.
Geographisch ist Rajasthan ein eher trockener und
unwirtlicher Staat, der aber trotzdem sehr unterschiedlich
ist. Zieht man von Südwest nach Nordost eine Linie, kann
man das Land in den hügeligen und rauhen Südwesten und in
die kahle Thar-Wüste im Nordosten aufteilen. Diese Wüste
erstreckt sich über die Grenze bis nach Pakistan hinein.
Neben den Historischen Städten, den prächtigen sowie
farbenfrohen gekleideten Menschen und der ausgefallenen
Landschaft bietet Rajasthan für die Besucher auch noch
beliebte Touristenzentren. Dazu gehören das friedliche
Pushkar mit dem heiligen See und die einmalige Wüstenstadt
Jaisalmer. Hier hat man wirklich das Gefühl, in die Zeit
von 1001 Nacht zurückversetzt zu sein. Rajasthan ist ein
außerordentlich faszinierender Staat Indiens.
Kunst und Architektur
Rajasthan hat eine eigene Schule für Miniaturmalerei. Sie
stammt aus der Mogulzeit, hat aber klare Abweichungen,
besonders in den Palast und Jagdszenen. Ihnen werden
nämlich religiöse Themen beigefügt, insbesondere solche,
die auf Krishna-Legenden zurückgehen. Diese Kunst blieb in
den eleganten Palastbauten erhalten, die die Rajputen
errichteten, als sie von der Konfrontation mit den Moguln
befreit waren. Viele der Paläste sind verschwenderisch mit
farbenprächtigen Fresken ausgeschmückt.
Der größte Teil der Architektur von Rajasthan wurde durch
einfallende moslemische Invasoren zerstört. Zu den wenigen
noch bestehenden Bauten gehört die
Adhai-din-ka-Jhonpra-Moschee in Ajmer; sie ist in einen
sehr schönen Hindutempel umgebaut worden. Auch die
Temperlruinen bei Osian, in der Nähe von Jodhpur, gehören
dazu. Aus dem 10. bis 15. Jahrhundert gibt es ebenfalls
noch viele Bauwerke, unter anderem die schönen Jain-Tempel
in Ranakpur, Mt. Abu und Jaisalmer. Die meisten Forts
wurden in ihrer gegenwärtigen Form in der Mogulzeit
erbaut.
Feste
Neben den in Indien üblichen Festen, die in Rajasthan
häufig mit besonderer Hingabe gefeiert werden, gibt es in
dieser Provinz zahlreiche weitere Feierlichkeiten. Das
Herbstfest von Gangaur ist dabei von ganz besonderer
Bedeutung, und beliebt ist auch das Teej-Fest. Man feiert
es Ende August oder Anfang September. In besonderer
Farbenpracht zeigt sich Rajasthan, wenn der Monsun die
vielen Seen und anderen Gewässer mit Wasser anfüllt.
Rajasthan ist auch bekannt für seine Ausstellungen und
Messen. Am bekanntesten ist sicher die umfangreiche und
äußerst bunte Viehmesse von Pushkar.
Paläste und Tourist Bungalows
Rajasthan hat sich einen besonderen Ruf wegen seiner
traumhaften Palasthotels erworben. Da auch für die
Maharadschas die Zeiten schlechter wurden, wandelten viele
ihre Paläste in Hotels um. Zu den zwei schönsten gehören
das wunderschöne Lake Palace Hotel in Udaipur und der
Rambagh Palace in Jaipur. Nicht ganz so prächtig und etwas
besser in den heutigen Alltag passend sind die vielen
Tourist Bungalows, die der Staat Rajasthan in fast jeder
größeren Stadt unterhält. Sie sind meist das beste Hotel
in der jeweiligen Stadt. Leider aber sind sie oft nicht
mehr – wie früher – ihren Preis wert.
Busse
Rajasthan verfügt über ein ausgedehntes und sehr gutes
Busnetz. Beginnen Sie Ihre Fahrt von einer
Hauptbushaltestelle, ist es ratsam, sich den Fahrschein
bereits von Abfahrt am Schalter der Busgesellschaft zu
kaufen. Das sichert Ihnen meistens einen Sitzplatz und –
was vielleicht noch viel wesentlicher ist – gibt Ihnen die
Garantie, auch den richtigen Bus zu erwischen. Der
Fahrkartenverkäufer schreibt nämlich die Registriernummer
des Busses auf Ihre Karte.
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