Der Erbauer von Kumbhalgarh
Maharana Kumbha (1433 – 1468)
war einer der berühmtesten Herrscher Chittorgarhs, der
Hauptstadt des Staates Mewar. Schon 734 n. Chr. hatte der
Rajputenclan Sisodia, dem Kumbha abstammte, Chittorgarh in
Besitz genommen. 1303 war Chittorgarh bei dem Angriff
Ala-ud-Din Khaljis, des Sultans von Delhi, völlig zerstört
worden. Doch jetzt, 130 Jahre später, hatte die Stadt fast
ihren alten Glanz wieder erreicht. Zu diesem Aufschwung
hatte Maharana Kumbha einen großen Teil beigetragen. Unter
seiner Herrschaft erlebte die Hindu- und Jainarchitektur
eine Ranaissance. Allein 80 Festungen, darunter
Kumbhalgarh, die stärkste Festung Rajasthans, wurden
gebaut. Die Errichtung zahlreicher Tempel (Kumbha Shiyam
1449, Ranakpur 1440, u.a.) und der Aufbau der zerstörten
Gebäude innerhalb des Forts von Chittorgarh werden
Maharana Kumbhas Zeit zugerechnet. Zum Gedenken an den
Sieg Kumbhas über den Sultan von Malwa wurde eines der
bekanntesten Bauwerke Rajasthans, der Kumbha Meru
(Siegesturm) mit Skulpturen aus der Hindumythologie, 1459
in Chittorgarh fertiggestellt. Dieser Sieg über den Sultan
gibt auch ein Beispiel für die Kampfmoral der Rajputen,
die eine Mischung aus Stolz, Arroganz und Großmut war und
zuweilen auch politische Blindheit beinhaltete. Maharana
Kumbha hielt den Sultan 6 Monate lang gefangen und ließ
ihn dann frei, ohne von Malwa Tribute zu fordern. 1468
wurde Kumbha von seinem Sohn Udai ermordet.
Die Festung Kumbhalgarh
Nur die gewaltige, mit halbrunden sich oben verjüngenden
Bastionen versehende 36 km lange Mauer, die am Rande der
Aravallikette ein hügeliges Areal von mehr als 84 km²
umschließt, vermittelt noch ein wenig von der Großartigkeit dieser einst wehrhaftesten Festung auf
indischem Boden. Nicht nur Paläste, Tempel und Kasernen
schloss sie ein, sondern auch ein Dorf und Felder für die
Selbstversorgung. Rana Kumbha (1433-1468) hatte sie in
strategisch besonders günstiger Lage auf einem Paß
zwischen den Fürstentümern Mewar und Marwar anlegen
lassen, wobei er die Bausubstanz einer bereits bestehenden
Verteidigungsanlage mit einbezog. Nur einmal mußte sich
das als uneinnehmbar geltende Kumbhalgarh unter der
Herrschaft von Rana Pratap (1572-1597) dem Mogulherrscher
Akbar, der von den Truppen Ambers und Marwars (Jodhpur)
unterstützt wurde, ergeben, weil die Angreifer das
Trinkwasser vergifteten.
Noch heute windet sich der Zufahrtsweg durch ein
bewaldetes Gebiet und die sieben befestigten, mehrere
Kilometer auseinanderliegenden Tore. Am zweiten (Hulla
Pol) scheiterte 1567 ein Angriff Akbars, das dritte
(Hanuman Pol) verdankt seinen Namen einem Schrein des
Affengottes, am sechsten (Topkana Pol) gab es einen
geheimen Fluchttunnel und am letzten (Nimbu Pol) einen
kleinen Tempel für die Muttergottheit (Ashtamatrika)
Chamunda Devi. Innerhalb des Gesamtkomplexes lag als
Herzstück der befestigten Stadtanlage die Festung
Katargarh, in der sich auch der Palast des Rana Kumbha und
der Legende nach 365 Tempel befanden.
Von den zahlreichen Bauwerken sind nur noch wenige
erhalten. Von der höchsten Spitze blickt der Badal Mahal
(Wolkenpalast) weit ins Land. Wer den Aufstieg auf sich
nimmt wird mit einem grandiosen Fernblick belohnt. Das
unterhalb liegende Nilakantha-Heiligtum, das mit seinen
schmalen kannelierten Säulen ein wenig an griechische
Tempel erinnert, hatte hingegen bereits Rana Kumbha für
seine täglichen Andachten errichten lassen. |