Mehr über den AMBER PALAST (Jaipur - Rajasthan)
Eingebettet zwischen den Hügeln der Kalikhoh-Kette,
ist das enge Ambertal für seine Bewohner ein idealer
Ort der Zuflucht. Zwar ist über die frühe Geschichte
Ambers nur wenig bekannt, dennoch geben die Funde
nahegelegener archäologischer Stätten interessante
Aufschlüsse über die Frühgeschichte der Region. Amber
hat seine etymologischen Wurzeln wahrscheinlich in
Amba Mata, einer Manifestation der Muttergottheit,
oder in Ambikesvar, einer Manifestation Schiwas, der
hier deinen Tempel hat. In der mittelalterlichen
Literatur wird der Ort Ambavati genannt.
Während der Besetzung des Tals durch den Stamm der
Meenas im 12. Jahrhundert tauchten die
Kachchwaha-Rajputen auf der geschichtlichen Bühne auf.
Sie führen ihre Abstammung auf Kusha, einen der
Zwillingssöhne des höchsten Gottes Rama, zurück und
nennen sich selbst Suryavanshis oder Nachfahren des
Sonnengotts. Während des 11. Jahrhunderts lebten die
Kachchwahas in Zentralindien an einem Ort namens
Narwar, nahe Gwalior. 1128 heiratete ihr Anführer,
Dulha Rai, Maroni, die schöne Tochter des
Stammesführers von Dausa, nicht weit von Amber.
Biutige Auseinandersetzungen mit seinen Widersachern
zwangen Dulha Rai, seinen Geburytsort zu verlassen und
sich auf die Suche nach einer neuen Heimat zu machen.
Dulha Rai und Maroni erreichten 1150 Amber und
entrissen den Meenas die Macht. Die nächsten sechs
Jahrhunderte lang blieb Amber die Hauptstadt der
Kachchwahas. Im 13. Jahrhundert wurde die Befestigung
der Stadt durch Rajdev fertiggestellt. Sein Enkel
Kuntaldev gründete Kuntalgarh, und sein Urenkel,
Narsinghdev, baute den Tempel von Narsingh, der heute
noch steht. Viele bauliche Veränderungen, die von den
zahlreichen Amber-Herrschern durchgeführt wurden, sind
heute leider kaum noch nachzuvollziehen.
Viele historische Spuren innerhalb des Palastbereichs
in der Stadt und in den angrenzenden Gebieten gehen
auf die Epoche zurück, in der die Kachchwahas zu
erstarken begannen, d.h. also vom 16.Jahrhundert an.
Prithviraj bestieg 1503 den Thron von Amber und
herrschte bis 1527. Unter dem Banner von Rana Sanga
verlor er in der Schlacht von Khanua im März 1527
gegen Zahiruddin Babur, den Begründer der
Moguldynastie. Vor seinem Tod übertrug er neuem
Fürstentümer (thikanas) auf die Söhne seiner neun
Frauen, die alle aus verschiedenen Clans stammten:
Nimera, Sanganer, Samriya, Chomu und Samod, Achrol,
Diggi, Surothe, Bagru und Kalwar. Zusammen mit drei
anderen Clans (Banskhoh, Nidar und Watka) bildeten sie
Bara Kotri, die zwölf Kammern des Kachchwaha-Hauses.
Ihre Anführer bildeten die Spitzen der Aristokratie
von Jaipur.
Der Kachchwaha Raja, der mit den Herrschern von Delhi
und Agra, Sher Shah und Akbar, ein Allianz schloß, war
Bihar Mal. Er gab seine Tochter dem
Mogulherrscher Akbar zur Frau, um mit den mächtigen
Nachbarn ein dauerhaftes Band zu knüpfen. Im Gegenzug
erhielten die Kachchwahas wichtige Ämter am Hof der
Moguln sowie verschiedene militärische und
administrative Schlüsselpositionen im gesamten
Mogulreich. Nach dem Tod Bihar Mals führten seine
Nachfolger Bhagwan Das und Man Singh die erfolgreiche
Bümdnispolitik fort. Eine besondere Auszeichnung für
Raja Man Singh war sein Aufstieg zu einem der ,,Nav
rattans“ (neun Juwelen) am Hof Akbars.
Die herzlichen Beziehungen, die Amber mit dem
Mogulreich unterhielt, machten sich für die
Kachchwahas bezahlt: Sie gewannen an Prestige, Macht
und Wohlstand. Raja Man Singh bereicherte Amber um
einen wundervollen Palast sowie andere Prachtbauten
und Tempel. Am Moatha-See ließ er den herrlichen
Dilaram Bagh anlegen.
Von dem Privattempel des Raja Pratapaditya von Jessore
in Bengalen holte er sich die schwarze Basaltstatue
Jessorevaris, der Mutter Gottes, und stellte sie in
seinem neu errichteten Tempel in Amber auf. Als Shila
Mata, eine Manifestation der bösen Göttin Kali,
verehrt läßt die Statue das ganze Jahr über Tausende
Gläubige aus ganz Indien herbeiströmen. Bis zum
heutigen Tag darf nur ein bengalischer Priester, der
von einem der Männer abstammt, die Man Singh von
Bengalen nach Amber brachte, eine religiöse Zeremonie
zu Ehren der Göttin abhalten. Der Tempel wurde 1939
von Sawai Man Singh II. mit herrlichem gelbem und
grünem Marmor ausgekleidet und um zwei mit Silber
beschlagene Türen bereichert. In die Türen sind zehn
verschiedene Manifestationen der Muttergottheit
eingearbeitet. Sie fallen in die letzte Phase des
großen Metallkunsthandwerks im Jaipur-Stil.
Ein Großteil des Palastes von Raja Man Singh steht
noch gut erhalten hinter dem reich verzierten Gebäude,
das ein halbes Jahrhundert später von Mirza Raja Jai
Singh errichtet wurde. Für seine zwölf Gemahlinnen
ließ Man Singh
zwölf Suiten um einen großzügig angelegten Hof mit
einem Pavillon in der Mitte anlegen. Spuren wertvoller
Wandmalereien und Kacheln vermitteln einen
interessanten Einblick in die künstlerische
Ausgestaltung des Palasts, der durch die ausführlichen
Aufzeichnungen der Hofdichter weiter vertieft wird.
Überreste ähnlicher Malereien findet man auch im
Chhatri seines Großvaters Bihar Mal im Nordteil der
Stadt sowie im nahegelegenen Maqdum Shah-ka-Maqbara.
Raja Man Singh war nicht nur ein großer Baumeister,
sondern auch ein Kenner von Literatur, darstellender
und dekorativer Kunst. Seine Tätigkeit als Gouverneur
in Akbars Diensten erlaubte ihm, aus den ihm
unterstellten Gebieten von Kabul bis Bengalen und von
Lahore bis Burhanpur Künstler, Handwerker und Gelehrte
an seinen Hof zu holen. Er richtete
Kunsthandwerksstätten ein, in denen Papier,
Handdrucke, Keramik und Schmuckstücke aus Gold
gefertigt wurden. In Amber und Jaipur floriert die
Handwerkskunst heute noch.
Der Großteil der herrlichen Anlagen im Palastbezirk
von Amber gehen auf Mirza Raja Jai Singh zurück, der
1621 im Alter von zwölf Jahren den gaddi von Amber
bestieg und 46 Jahre regierte. Dank seiner Verbindung
zu Aurangzeb erreichte er den Gipfel seiner Karriere
mit der Beförderung zum Kommandanten von 7000
Soldaten. Er bekleidete damit einen Rang, der bis
dahin nur königlichen Familienmitgliedern vorbehalten
war.
Vom Norden her ist Amber über eine eng gewundene
Straße erreichbar. Nach der Durchquerung der kleinen,
dicht besiedelten Stadt genießt man einen
atemberaubenden Blick auf den gelben Palastkomplex,
der sich auf der Spitze eines kleinen Hügels im
stillen Wasser des Moatha-Sees spiegelt. Der steile
Weg zum Singh-Tor (Löwentor) wurde früher auf Pferden
oder Elefanten zurückgelegt. Auch heute noch können
Sie sich von einem starken Elefanten von der Basis des
Forts bis zum ersten Hof, Jalebi Chowk, tragen lassen.
Von hier führen Stufen zu einem offenen Hof, der von
dem spektakulären Diwan-i-Am (öffentliche Audienzhalle)
beherrscht wird. Wenn auch von den Höflingen des
Mogulherrschers erwartet wurde, keine Kopien von den
kaiserlichen Werken anzufertigen, läßt sich eine
starke Ähnlichkeit zwischen dem roten Sandsteinbau in
Amber und dem Diwan-i-Am im Agra und Delhi nicht
leugnen. Der Mogulherrscher war über die Nachbildungen
derart erbost, daß er Jai Singh das Versprechen abhahm,
in seinem Diwan-i-Am niemals Hof zu Halten.
Zur Rechten führt das gewaltige zweistöckige
Prachtportal Ganesh Pole (Elefantentor) zu einem
Innenhof. Das Portal ist mit wundervollen
Stuckarbeiten und aufgemalten Blumenmotiven verziert
und zeigt im oberen Teil eine Darstellung des
elefantenköpfigen Ganescha, Gott des Sieges und der
guten Vorzeichen. Durch das obere Stockwerk führen
mehrere Gänge mit durchbrochenen Steinfenstern, hinter
denen die königlichen Damen ungesehen das Geschehen
auf dem Palasthof mitverfolgen konnten.
Den Innenhof ziert ein kleiner eleganter Garten im
charbagh-Stil. Rechts steht das Sukh Niwas (Haus des
Vergnügens) und links das Jai Mandir (Haus des
Sieges). Das Sukh Niwas diente vor allem bei heißem
Wetter als Ruheplatz, der durch erfindungsreiche
Wasserspiele angenehm kühl gehalten wurde. Von der
einst so prachtvollen Ausgestaltung des Bauwerks
zeugen heute noch die Intarsien der Sandelholztüren
und die kunstvoll gemeißelten und bemalten Fenster.
Der schöne Garten war mit ungewöhnlich geformten
Teppichen ausgelegt, die mit ihren lebendigen Farben
für einen ewigen Frühling sorgten. Heute sind die
Teppiche in der Kunstgalerie des Maharaja Sawai man
Singh II. Museum zu bewundern.
Jas Mandir (Haus des Ruhmes) fügt Elemente der
Mogularchitektur in einen Rajputen-Rahmen. Mit den
konvexen Spiegeln, Stuckreliefs mit üppigen
Blumenmotiven und Arabesken, Malereien und
Glasarbeiten ist Jas Mandir das Mei-stewerk Jai Singhs.
Von den Fenstern des Jas Mandir aus genießt man einen
herrlichen Blick auf das Amber-Tal, den Dilaram Bagh
inmitten des Maotha-Sees und die bewaldeten Hügel der
Ka-likhoh-Kette. Das obere Stockwerk besaß früher
großzügige Veranden, die sich für Parties, Musik- und
Tanzveranstaltungen im Freien ideal eigneten. Die
Räume, Gänge und Hallen waren alle mit Teppichen,
Decken und Tüchern stilvoll eingerichtet.
Im Gegensatz zu vielen anderen Städten des Altertums
und des Mittelalters wurde Amber nicht von allen
seinen Einwohnern verlassen, als in unmittelbarer
Nachbarschaft die Stadt Jaipur entstand und Amber bald
an Größe und Glanz übertraf. An den wundervollen
havelis, die von Höflingen und Aristokraten des
Mogulreichs erbaut wurden, gingen die Jahrhunderte
nicht spurlos vorüber, dennoch reichen die noch
Zerhaltenen Überreste aus. Um ein beredtes Zeugnis
vergangener Größe abzulegen. In der Tat finden sich
nirgendwo sonst so viele Hinweise auf die urbane
Architektur des mittelalterlichen Rajasthans wie in
Amber. Den bedeutendsten Markstein der Stadt bildet
der Jagat-Shiromani-Tempel. Er wurde zum Gedenken an
Jagat Singh errichtet, den ältesten Sohn Raja Man
Singhs, der bereits in jungen Jahren verstarb. Wegen
der engen Verbindung zur berühmten Königin von Chittor
auch Mira-Bai-Tempel genannt, präsentiert sich der Bau
als beeindruckende Kombination aus Marmor und rotem
und grauem Sandstein. Das prächtige Marmorportal mit
seinen beiden Elefanten aus Stein führte zu einer
offenen Halle einem weiträumigen Heiligtum. Sehenswert
sind auch die Tempel von Narsingh Avatar, Ambikesvar
Shiva, Surya und Jain Tirthankara. Die kleine Moschee
namens Akbari Masjid geht auf das 17. Jahrhundert
zurück. Von all den Wasserspeichern und Brunnenanlagen
der Stadt ist der große Panna Mian-ki-Kund aus dem 17.
Jahrhundert mit seinem Pavillon in der Mitte wohl der
beeindruckendste.
Außerhalb der Stadtmauern stehen ein paar verloren
wirkend chhatris, deren verblaßte Wandmalereien vom
Ruhm vergangener Tage zeugen. Viele Amber-Fürsten
starben außerhalb der Stadtmauern, ließen aber bereits
vor ihrem Tod in Amber beeindruckende Gedenkstätten
errichten. Sagar, der große, künstlich geschaffene See
im Nordwesten Ambers, wird von Surya- und
Schiwa-Heiligtümern und einem erst kürzlich erbauten
Jaina-Tempel gesäumt . Am Fuße des Amber-Palasts
befindet sich das kleine Archäologische Museum mit
einer interessanten Sammlung von Relikten der Maurya,
wie etwa Skulpturen, Terrakotta-Arbeiten und Münzen,
die bei Bairat und anderen historischen Stätten in der
Nähe gefunden wurden.
Die Festung, die den westlichen Horizont der Stadt
beherrscht, heißt Jaigarh (Festung des Sieges).
Vidhyadhar setzte sie 1725 an die Stelle einer
kleineren Festungsanlage namens Chilkatola. Um das
ewige Problem des Wassermangels zu lösen, überzog
Vidyadhar das Umland mit einem Netz von Kanälen und
Aquädukten, das jeden Tropfen Wasser, der auf die
Bergrücken der Kalikhoh-Kette fiel, auffing und
speicherte. Das Wasser wurde in einem großen, offenen
Becken gesammelt und dann auf drei geschlossene tankas
verteilt. Die Innenwände dieser Tanks waren sorgfältig
verputzt, um ein eventuelles Durchsickern des Wassers
zu vermeiden. Die Anlage funktionierte hervorragend
und stellte sogar während der Trockenperioden die
Trinkwasserversorgung der Bevölkerung sicher. Zur
Festungsanlage gehörte auch ein kleiner Palast mit dem
allgegenwärtigen Diwan-i-Am, Diwan-i-Khas, Sukh Niwas
und Zenana Mahal sowie einem hohen Turm, einem großen
Waffen-und Munitionslager, einer Waffen-schmiede,
Baracken und mehreren Tempeln. In dieser Festung soll
der Familienschatz des Kachchwaha-Hauses unter
strenger Meena-Bewachung aufbewahrt worden sein. Es
war Tradition, einen neu eingesetzten Herrscher mit
verbundenen Augen zu dem Schatz zu führen und ihn
einen Gegenstand für sich auswählen zu lassen. Sie
dürfen heute ohne Augenbinde das verlassene Jaigarh
besuchen und die gigantische Jai Van. die zweitgrößte
Kanone im Land, sowie die Waffengießerei mit ihren
Gußformen, Brennöfen und Werkzeugen besichtigen – auf
einen Schatz brauchen Sie allerdings nicht zu hoffen.
Auf der Spitze des südlichsten Hügels der
Kalikhoh-Kette erhebt sich Nahargarh, die
Tigerfestung, von der aus die neuerbaute Stadt Jaipur
streng bewacht wurde. Hier ließ Sawai Jai Singh auch
die beiden Tempel Garh Ganesh Mandir und Charan Mandir
an der Jaigarh-Nahargarh-Kette bauen. Sie wurden Mitte
des 19. Jahrhunderts von Sawai Ram Singh um zwölf
Suiten für seine zwölf Hauptfrauen erweitert. Die
Festungsanlage bietet einen herrlichen Blick auf die
Stadt, vor allem bei Sonnenauf und –Untergang. Die
Behörde hat vor kurzem ausgerechnet im älteren Teil
der Palastanlage ein Restaurant eröffnet, für das
innerhalb der Festungsmauern auch anderswo genügend
Platz gewesen wäre. |