Der Sanghiji-Tempel der Digamber- (wörtlich ,,mit dem
Himmel gekleidet“,d.h. also nackt) Jaina-Sekte soll von
Dyuta Ram Sanghi vor etwa 1000 Jahren errichtet worden
sein. In diesem Jaina-Tempel finden sich alle 24
Tirthankaras sowie ein kleines Relief neben dem inneren
Portal, das den ersten Tempelvorsteher zeigt.
Die bemalten Figuren in Rajputen-Tracht, die die Säulen im
ersten Innenhof zieren, sind wohl erst nach der
Fertigstellung des Tempels hinzugefügt worden. Die
romantische Geschichte von Dhola-Maru (Dulha Rai und
Maroni) wird an einer Außenfassade bildlich dargestellt.
Vor dem Krischna-Tempel erhebt sich eine Kirti Stambha
(Ruhmessäule) aus weißem Marmor.
Als Stadt im Zeichen des Kunsthandwerks ist Sanganer in
verschiedene Handwerkerviertel aufgeteilt. Wer sich für
die Papierherstellung interessiert, wird in der Kagazi
mohalla, im Stadtviertel der Papiermacher, fündig. Die
riesige Werkstatt von Saleem Kagazi in der Gramodyog Road
gibt einen Einblick in die verschiedenen Prozesse der
manuellen Papierherstellung und zeigt eine verwirrende
Auswahl an papiersorten, von denen einige einmalig sind.
In anderen Werkstätten werden Briefpapier und Bücher
handbemalt, Briefumschläge mit getrockneten Blättern und
Blüten verziert und steife Papierkegel in Lautsprecher
umgewandelt. In Sanganer verdienen sich viele Familien –
Männer, Frauen und Kinder – ihren Lebensunterhalt mit der
manuellen Papierherstellung. Um die Traditionen und
Geheimnisse ihrer Zunft zu wahren, halten die
Papiermacherfamilien Zunft fest zusammen und vermeiden
Eheschließungen außerhalb ihrer Gemeinschaft.
Bei den Handdrucken zeichnete sich in den letzten Jahren
ein neuer Trend ab – weg von den traditionellen
Drucktechniken und hin zum Siebdruck, der mit gleichem
Zeit -und Arbeitsaufwand höhere Erträge garantiert. Das
Aussterben der alten Handdruckkunst geht mit der
Entstehung einer neuen Siebdruckindustrie einher, die
Stoffe mit spektakulären Motiven und Farben auf den Markt
bringt.
Neben der neuen Drucktechnik weichen auch die neuen
Materialien immer mehr vom Pfad der Traditionen ab.
Geblieben ist aber das Design mit den traditionellen
Motiven, die nach wie vor durch ihre Schönheit bestechen.
Wie diese komplizierten Motive entstehen, zeigen die
Werkstätten in der Chippa mohalla und das
Ausbildungszentrum nahe der Brücke. Verkauft werden
handbedruckte Textilien von den Geschäften entlang der
Hauptstraße, Handbemalte Tonwaren mit traditionellen
Blumenmotiven in Blau, Rosa und Weiß gibt es in der Blue
Pottery in der Malpura Road.
In der Vergangenheit war Sanganer Schauplatz einer
dramatischen Familienintrige, die Jai Singhs
Vormachtstellung als Herrscher von Amber festigte und den
Weg für die Gründung einer neuen Hauptstadt, Jaipur,
freimachte. Zwischen Jai Singh und Vijay Singh war ein
Bruderstreit um den Thron von Amber entbrannt. Nachdem
Vijay Singh seinem Halbbruder eine Liste mit Forderungen
zukommen ließ, die keinen Zweifel an seinen Ambitionen auf
den Thron von Amber ließen, vereinbarten die beiden
Halbbrüder ein Treffen. Kurz vor der Zusammenkunft
berichtete ein Bote, daß die Königinmutter der Versöhnung
ihrer beiden Söhne beiwohnen wollte. So trafen sich die
beiden Halbbrüder im Palast, wo sie sich herzlich
umarmten. Jai Singh bot Vijay Singh die Erfüllung aller
seiner Forderungen an. Vor der Tür zum Empfangsraum der
Königinmutter blieb Jai Singh stehen, nahm seinen Dolch ab
und sagte zu Vijay Singh: ,,Bruder, wozu brauchen wir hier
Waffen?“ Der völlig arglose Vijay Singh folgte dem
Beispiel Jai Singhs, nahm auch seine Waffe ab und betrat
als erster den Raum. Erst als hinter ihm die Tür ins
Schloß fiel, wurde ihm bewußt, daß er Opfer eines
Komplotts geworden war. Die Zofen der Königinmutter
entpuppten sich als verkleidete Bhatti-Soldaten, die Vijay
Singh für immer von der Bildfläche verschwinden ließen.
Seines lästigen Widersachers entledigt, hatte Jai Singh
freie Hand beim Aufbau seiner neuen Hauptstadt Jaipur. |