Unmittelbar am Ufer des Yamuna wurde mit großem Aufwand
über die gesamte Breite ein Fundament gelegt, auf dem das
Grabmal und die beiden Seitengebäude ihren Platz fanden. Zum einen
wollte man damit eine große ebene Fläche schaffen, zum
andern der Unterspülung begegnen, einer Gefahr, die durch
die Wahl des Prallhangs als Standort besonders groß war.
Unterhalb der Hochwasserlinie wurde die Baugrube mit
Bruchsteinen aufgeschüttet, oberhalb mit Zielsteinen
gemauert. Zudem ist das Fundament von zahlreichen
Gewölben durchzogen, die bisher nicht alle erforscht sind
und vielleicht sogar noch das eine oder andere Geheimnis
bergen.
Der Zugang erfolgt
über einen allseits von
Sandsteinmauern umschlossenen Vorhof, der von Osten,
Westen und Süden her betretbar war. In die eigentliche
Anlage gelangt man durch einen gewaltigen, etwa 30 m hohen
Sandsteintorbau mit tief zurückspringendem Eingang im
Zentralbogen und aufgesetzten marmornen Chattris, der
schon für sich allein ein Kleinod der Mogularchitektur
darstellt. Er besticht sowohl durch seine ausgewogenen
Proportionen als auch durch die meisterhafte Kombination
von Sandstein und Marmor und setzt damit die Tradition
monumentaler Torbauten fort, die uns am Dili Dawarza im
Fort von Agra oder am Baland Dawarza in Fatehpur Sikri
begengen. Als Rahmen legt sich um den zentralen Bogen ein
Kufiband mit schwarz eingelassener Schrift. Vier
Koransprüche sind hier verewigt, darunter die letzten
Verse aus der Sure der Morgendämmerung (Nr. 89): Schließ
dich dem Kreis meiner Diener an und gehe in mein Paradies
ein. Einen ganz ähnlichen Vers, allerdings aus einem
persischen Gedicht, findet man am Mausoleum von Akbar in
Sikandra (s. u.), dessen Schriftbänder, wie die des Taj,
von Amanat Khan gestaltet wurden. Der Bezug zum Paradies
wird erneut im Garten deutlich. Denn als einen Garten
beschreibt schon der Koran das Paradies, eine angesichts
der wüstenhaften Region, in der sich der Islam
entfaltete, leicht nachvollziehbare Vorstellung.
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Taj-Mahal-in-der-Sonne |
Taj-Mahal-in-Schatten |
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Das-Eingangstor zum Taj-Mahal |
Taj Mahal morgen früh beim
Sonnenaufgang |
Der Garten besteht aus vier großen, durch gemauerte Kanäle
gegliederte quadratische Rasenflächen, die durch Wage
wiederum vierfach unterteilt sind, ein Gestaltungsprinzip
das als Charbagh (char = vier, bagh – Garten) bekannt ist
und bereits im fast identischen Shalimar Bagh in Lahore
Anwendung fand. Dort allerdings besteht der Garten aus
zwei charbaghs, die durch einen Gebäudekomplex getrennt
werden. So ist durchaus denkbar, dass der Taj Mahal nur
die eine Hälfte einer kühnen Gesamtplanung darstellt.
Möglicherweise wollte Shah Jahan auf dem
gegenüberliegenden Ufer ein für ihn selbst bestimmtes
Mausoleum in schwarzen Marmor errichten und beide
Grabstätten durch eine Brücke miteinander verbinden.
Das einen quadratischen Grundriss mit angeschrägten Ecken
aufweisende, überwiegend aus Marmor bestehende
Hauptgebäude von 57 m Seitenlänge und gleicher Höhe liegt
auf einer 7,30 m hohen Plattform, die mit Blendnischen
verziert ist und an den vier Ecken von Minaretten begrenzt
wird, eine Anordnung, zu der das wenige Jahre vor dem Taj
fertiggestellte Grab Shah Jahangirs in Lahore das Vorbild
lieferte.
Marmor wurde sicherlich nicht nur gewählt, um den
Betrachter mit dem teuren Baumaterial zu beeindrucken,
sondern mehr noch, um mit dem Licht zu spielen, es als
dekoratives Element einzusetzen, es zu verstärken und
damit einmal mehr den Bezug zum Göttlichen herzustellen.
Denn wie in fast allen Religionen kommt dem Licht auch im
Islam eine zentrale Rolle zu. Gott ist das Licht von
Himmel und Erde heißt es z B. In Sure 24/35, und viele
weitere Beispiele für die dem Licht innewohnende göttliche
Kraft ließen sich finden. Und in der Tat vermag das Spiel
des Sonnenlichts auf den Marmorflächen bis in unsere Tage
selbst den nüchternsten Betrachter zu bezaubern.
Das Mausoleum ist jedoch nicht aus solidem Marmor gebaut.
Der Korpus aller Gebäude besteht aus gebrannten Ziegeln,
die Fundamente aus Bruchstein. Der Rohbau des Taj wurde
dann unter Zuhilfenahme von Eisenstiften mit Marmorplatten
verkleidet, eine Technik, die im Laufe der Jahrhunderte
leider zu Folgeschäden durch Rost und Rissbildung führte.
Wie beim Torbau gliedert sich die Fassade des Mausoleums
in eine nur leicht vorspringende Front mit dem
Zentralbogen und eine jeweils links und rechts
anschließende, etwa halb so breite, zweistöckig
ausgeführte Fläche mit Portalnischen. Beachtung verdient
hier die gelungene Überführung von einer rechteckigen
Basis in den kegelförmigen oberen Abschluss durch ein
asymmetrisches Netz von Rippenzwickeln.
Akzentuiert wird die Vertikale durch schmale, die
Frontalflächen abschließende dekorative Wandpfeiler, die
als Fialen mit kelchförmigen Abschlüssen über die
Oberkante fortgeführt werden. Sie sind mit einem
Zickzack-Muster aus schwarzem und gelbem Marmor verziert,
das sich in den Fassadenkassetten wiederholt. Außer den
Kassetten werden auch Ziernischen – vor allem innerhalb
der Torbögen und Portalnischen – zur Auflockerung der
Wandflächen verwendet.
Die Zwickel zwischen den Bögen und der rechteckigen
Einfassung sind reich mit Einlegearbeiten dekoriert, wobei
florale Motive, die an allen Bauwerken immer wieder
anzutreffen sind und wohl in Beziehung zur Gartenanlage
gebracht werden können, vorherrschen. Die Blumenarabesken
bestehen aus Edelsteinen, insbesondere aus Achat, Jaspis,
Karneol, Lapislazuli, aber auch Koralle und Perlmutt
fanden Verwendung. Da es sich um ein Mausoleum handelt,
sind die Ecktürme beim Taj nur schmückendes Beiwerk, vor
allem dazu bestimmt, die starke Ueberhöhung des
Zentralbaus – mit 57 m bis zum Scheitel der Kuppel ist er
ebenso hoch wie breit – optisch zu mildern. Auffallend ist
der hohe kreiszylindrische Tambour, ohne den die Kuppel
hinter der überhöhten Zentralfassade und zwischen den eng
zusammenstehenden Dachpavillons nicht richtig zur Geltung
kommen würde.
Die Kuppel selbst hat eine recht ausgeprägte Zwiebelform,
die eine besondere Herausforderung an die Baumeister
darstellte, denn nur durch Zugstangen gelang es ihnen, den
Horizontalschub aufzufangen. Die den Holzbauten entlehnte,
aus Zentralasien stammende Form wurde bereits 1405 im
Grabmal des Timur in Samarkand in Stein umgesetzt, später
dann im Mausoleum des Humayun in Delhi übernommen, wobei
dort die Wölbung noch weniger ausgeprägt war. Aber noch
eine weitere Verwandtschaft lässt sich zwischen diesen
Bauwerken und dem Taj feststellen: Die Kuppeln sind Schein
– oder Doppelkuppeln. Der ungenutzte und unsichtbare Raum
zwischen dem Deckenabschluss und der Spitze der Kuppel ist
Beim Taj Mahal wesentlich großer als der zentrale
Innenraum des Mausoleums, wodurch die funktionale Relation
zwischen dem Inneren und dem Äußeren verlorengegangen ist.
Unter dem Einfluss der betont atektonischen Baukunst der
Hindus wurden auch die islamischen Bauten Indiens zu
monumentalen Skulpturen, folgert der Architekt Andres
Volwahsen mit Blick auf das Ausmaß der ebenfalls durch den
Innenraum nicht zu rechtfertigenden Tempeltürme
hinduistischer Sakralbauten. Die Seitenflügel werden durch
vier Pavillons gekrönt, die einen originär indischen
Beitrag zu diesem sonst persischen Traditionen
verpflichteten Bauwerk liefern.
Die vier Eckminarette strecken den an sich kompakten Bau
und sind in ihrer Gliederung genau auf die Hauptfassade
abgestimmt. So korrespondieren die von Konsolen getragenen
Galerien mit den entsprechenden Gesimsen des Mausoleums
und die Pavillons an der Spitze mit jenen des
Hauptbaus. Das Innere besteht aus einer zentralen,
oktogonalen Kammer und vier in den Seitenflügeln liegenden
kleineren Räumen. Das Achteck wurde ganz bewusst gewählt,
symbolisiert die Zahl doch die acht Stufen des
Paradieses.
In der Mitte des Hauptraums stehen, von einem ebenfalls
achteckigen, durchbrochenen Marmorgitter umschlossen, die
beiden Kenotaphe des Herrscherpaars, wobei das von Mumtaz
Mahal das Zentrum einnimmt. Dies könnte als Beweis dafür
gesehen werden, dass Shah Jahan das Mausoleum nicht für
sich selbst geplant hatte und tatsächlich seine eigene
Grabstätte am gegenüberliegenden Ufer bauen wollte.
Andererseits jedoch findet man dieselbe Anordnung im
Mausoleum des Itimad-ud-Daula, wo das Kenotaph der
verstorbenen Frau ebenfalls die zentrale Position
einnimmt.
Die eigentlichen Gräber befinden sich in einer Gruft
darunter. Die Trennung von Kenotaph und Grab waren damals
üblich, um dem Volk einerseits die Verehrung der
Verstorbenen zu ermöglichen, andererseits aber die für den
Bürger unüberbrückbare Distanz zum Herrscherhaus auch nach
Tod zu wahren. Möglicherweise handelt es sich bei den
Ruhestätten in der Krypta nur um Scheingräber, denn
darunter liegen weitere, allerdings zugemauerte Gewölbe.
Die beiden Marmorkenotaphe sind überreich mit kunstvollen
Einlegearbeiten versehen. Die Blumenornamente aus Koralle,
Lapislazuli, Kupfer, Jade, Onyx, Achat, Jaspis und Türkis
zählen zu den erlesensten Arbeiten der Mogulepoche, ebenso
die Marmorbasreliefs mit Blumenmotiven an den Innenwänden
der Grabkammer. Zahlreiche Koranverse, die das Jüngste
Gericht zum Inhalt haben, zieren Kenotaphe und Wände.
Diese Thematik lässt sich in Verbindung mit der Errichtung
des Mausoleums auf einer erhöhten Plattform bringen. Nach
islamischer Tradition würde Gott am Tag des Jüngsten
Gerichts von einem Thron über dem Garten des Paradieses
sein Urteil fällen. Somit könnte der Taj auch als das
Abbild des göttlichen Throns interpretiert werden und
erhielte damit eine weit über seine Funktion hinausgehende
spirituelle Dimension, wie sie auch der buddhistischen und
hinduistischen Sakralarchitektur zu eigen ist.
Flankiert wird das Hauptgebäude von zwei symmetrisch
angeordneten Sandsteinbauten, der Grabmoschee an der
Westseite und dem Gasthaus an der Ostseite. Letzteres
deutet auf den Aufwand hin, mit dem die Zeremonien für
Mumtaz Mahal begangen wurden. Wie zu Lebzeiten der
Herrscherin versammelte sich der gesamte Hof an der
Grabstätte, um mit Musik, Lesungen aus dem Koran und
Lobpreisungen das Andenken der Verstorbenen wach zu
halten. Die von jeweils drei Kuppeln gekrönten Bauten sind
in ihrer Dekoration sparsamer, weisen jedoch interessante
Details auf, etwa den im Schachbrettmuster ausgeführten
Tambour oder die Gliederung der Ecktürme in Kassetten.
Ihrer ursprünglichen Aufgabe, zur Harmonie des
Gesamtensembles beizutragen, können sie heute allerdings
nicht mehr gerecht werden, da hohe Bäume den Blick von der
Hauptachse aus verwehren.
Das Rote
Fort
Mit dem Bau der etwa 2 km östlich, ebenfalls am Ufer der
Yamuna gelegenen Festung (2) hatten bereits Akbar und
Jahangir begonnen. Im Jahre 1565 ersetzte Akbar ein altes,
aus Ziegel gebautes Fort durch eine gewaltige Anlage,
deren Bau acht Jahre in Anspruch nahm. Schutz sollte eine
von zahlreichen Bastionen unterbrochene, in einem
Halbkreis geführte 22 m hohe und 2,5 km lange Mauer mit
einem vorgelagerten 9 m breiten Garben gewähren. Den
nördlichen Teil des Forts nutzt nach wie vor das indische
Militär, wodurch leider auch der Zugang zur Perlmoschee (Moti
Masjid) versperrt ist.
Shah Jahan ließ fast alle Gebäude seiner Vorgänger
einreißen und durch neue, überwiegend mit Marmor
verkleidete Bauten ersetzen. Wie im Roten Fort von Delhi
reihen sich die Privatgemächer entlang der dem Fluss
zugewandten Seite der Festung, und auch sonst weisen beide
Befestigungsanlagen zahlreiche Parallelen auf. Der Zugang
für die Besucher erfolgt heute durch das an der Südseite
gelegene Amar Singh-Tor, das man nach Überqueren des
Wassergrabens betritt. Seinen Namen hat es vom älteren
Bruder des Maharajas von Jodhpur, der 1644 nach einem
Handgemenge anlässlich einer Audienz bei Shah Jahan
zusammen mit seinen Gefolgsleuten erschlagen wurde. Eine
lange Rampe führt vom Torbau hinauf zu den
Gebäudekomplexen. Man erreicht zunächst den von Arkaden
umgebenen Hof der öffentlichen Audienzhalle (Diwan-i-Am).
Das flache Gebäude (70 m x 25 m) ähnelt dem im Fort von
Delhi und besteht wie dieses aus drei Schiffen und neun
Jochen.
In die Ostwand ist eine erhöhte Nische mit drei Bögen
eingelassen, in der der Herrscher sich den Würdenträgerin
zeigte. Dieser Teil ist denn auch mit Marmor verkleidet
und nicht wie der Rest des Baus mit poliertem Alabaster.
Ein interessantes Detail sind die Baluster birnenförmige
Säulen – in der unteren Hälften der Nischenwände. Shah
Jahan hatte sie auf europäischen Illustrationen gesehen,
wo sie gern als dekoratives Element bei der Darstellung
von Herrschern und religiösen Würdenträgerin genutzt
wurden. Er interpretierte sie als Insignien der Macht und
integrierte sie in die Architektur, um seinen
uneingeschränkten Führungsanspruch zu dokumentieren.
Durch silberne Geländer getrennt, versammelten sich in der
Halle die Würdenträger, streng nach Rang geordnet. Die
niedrigeren Chargen mussten mit den Botengängen in der
rings um den Platz verlaufenden Galerie vorliebnehmen,
wobei jeder Edelmann den ihm zugewiesenen Abschnitt auf
eigene Kosten zu gestalten hatte. Die Folge war eine
lebhafte Konkurrenz unter den Gefolgsleuten, den eigenen
Standplatz möglichst luxuriös mit Brokaten und Teppichen
auszustatten. Den farbenprächtigen Anblick einer
derartigen Hofversammlung hat uns der französische Arzt
Francois Bernier beschrieben, der in der zweiten Hälfte
des 17. Jh. in Delhi im Dienst des Mogulherrschers stand.
Sogar die Frauen des Harems beteiligten sich, unsichtbar
hinter Gittern verborgen, an den Debatten. Vor dem
Diwan-i-Am liegt auf der Rasenfläche nahe der Südostecke
das Grab des britischen Befehlshabers Colvin, der hier
während des Aufstands von 1857 fiel.
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Das-Rote-Fort-in-Agra-einer-der-Eingänge |
Rotes-Fort-Agra-UNESCO-Weltkulturerbe |
Östlich des Diwan-i-Am schliesst sich der Machi Bhavan an,
ein an drei Seiten von doppelstöckigen Bogengalerien
umschlossener Hof. Das Zentrum der südlichen Front ist im
oberen Stock als eine Art Pavillon gestaltet, in dem der
goldene Thron des Herrschers seinen Platz gehabt haben
soll. Auffallend auch hier die vier baluster-förmigen
Säulen als Symbole unumschränkter Macht. Vom Machi Bhavan
hat man Zugang zur kleinen, nur zwei Schiffe und drei
Joche aufweisenden Naginamoschee, die dem Herrscher als
Privatmoschee diente, vielleicht aber auch von seinen
Frauen genutzt wurde. Einmal mehr unterstreichen
Balustersäulen das königliche Privileg. Dies wird auch an
dem gekrümmten Dach über dem Zentralbogen deutlich, das
sonst nur noch in den Privatgemächern anzutreffen ist.
Unterhalb der Moschee lag in einem kleinen abgeschlossenen
Hof der Menabasar. Einmal im Jahr durften hier die sonst
im Harem verborgen lebenden Hofdamen kleine Stände
aufbauen und Markt spielen, wobei die Möglichkeit zu
vorsichtigen Kontakten mit den männlichen Palastbewohnern
den eigentlichen Reiz dieses karnevalartigen Vergnügens
ausmachte. Bei einem derartigen Markt soll Jahangir die
wunderschöne Mehrunissa kennengelernt haben, die später
als Nur Jahan (Licht der Welt) großen Einfluss am Hof
ausübte. An der Ostseite des Gevierts weitet sich das
erste Stockwerk zu einer Plattform mit Blick auf den Fluss.
Ein schwarzer Marmorblock markiert den Thron Jahangirs,
versehen mit einer umlaufenden Inschrift aus dem Jahre
1603, die seine Thronbesteigung preist. Der Herrscher hat
das Prunkstück aus Allahabad hierher bringen lassen, wo er
sich in Opposition zu seinem Vater Akbar schon zwei Jahre
vor dem Beginn seiner legitimen Regentschaft als Kaiser
hatte ausrufen lassen.
Im Norden wird die Plattform von den königlichen Bädern
begrenzt, im Süden von der privaten Audienzhalle (Diwan-i-Khas).
An den Ecken wird der 22 m lange und 11 m breite
dreischiffige Hallenbau durch Doppelsäulen getragen. Die
Pietra-dura-Arbeiten an den Säulenbasen sind von
außergewöhnlicher Schönheit. Im Innern vergleicht eine
persische Inschrift (1636) in schwarzem Stein den Raum mit
den höchsten Himmeln und den Herrscher mit der Sonne am
Firmament. Die Lobpreisung wurde früher noch mit einer in
Silber und Gold verkleideten Decke unterstrichen, die das
Licht in Strahlenbündeln reflektierte.
Vom Diwan-i-Khas gelangt man in die Privatgemächer des
Mogulherrschers. Im Osten ragt der achteckige Turn
Musamman Burj einer Bastion gleich aus der Festungsmauer
hervor. Hier lagen die Privatgemaecher von Mumtaz Mahal.
Ein Teil des davorliegenden Bodens wurde als Brett für das
Pachisi-Spiel konzipiert, das fälschlicherweise oft mit
dem Schach in Verbindung gebracht wird, aber eher dem
Backgammon ähnelt. Beachtenswert sind die sehr schönen
Einlegearbeiten, der exquisite Brunnen und die
Marmorgitter. Von der umlaufenden Galerie hat man einen
bezaubernden Blick über die Yamuna hinüber zum Taj Mahal.
Hier lässt sich vielleicht nachempfinden, welche Gefühle
Shah Jahan bewegten, der hier von seinem Sohn Aurangzeb
die letzten acht Jahre seines Lebens gefangengehalten
wurde.
Im Süden schliesst sich ein weiterer Hof an, der
Traubengarten (Anguri Bagh), zum Fluss hin von einer
Plattform begrenzt, auf der im Zentrum das Privatgemach (Khas
Mahal) des Herrschers lag. Der exquisit ausgeführte
Marmorbau (23 m x 12 m), der sich zum Hof hin als offene
auf Pfeilern ruhende Halle praesentiert, war Vorbild für
den gleichnamigen Bau im Fort von Delhi. Die Wand zur
Yamuna hin ist als durchbrochenes Gitter ausgeführt –
Kühlung und Aussicht gleichermaßen. Der früher
verwahrloste Garten wurde mittlerweile wieder hergerichtet
und bildet mit seinen Blumenbeeten, den hochgelegten
Marmorpassagen und dem zentralen Wasserbecken ein
gelungenes Ensemble. Links und rechts wird der Khas Mahal
von Gebäuden mit geschwungenen bengalischen Dächern
flankiert, die mit vergoldeten Kupferplatten belegt sind.
Von der Brüstung des nördlichen Pavillons pflegte sich
Shah Jahan jeden Morgen dem unterhalb der Mauern
versammelten Volk zu präsentieren, wobei das von den
goldenen Dächern reflektierte Licht ihn wie in einen
Heiligenschein eingehüllt haben soll. Im südlichen
Pavillon residierte Shah Jahans älteste und von ihm am
meisten geliebte Tochter Jahan Ära, die nach dem Tode von
Mumtaz Mahal als Begum Sahib die Repräsentationspflichten
am Hof übernahm.
Südlich des Anguri Bagh schliesst sich ein weiterer
Hofkomplex an, der den Namen Jahangirs Palast (Jahangiri
Mahal) trägt und den Besucher mit einem völlig anderen
Architekturstil überrascht. Der aus zwei Höfen (76 m x 72
m) bestehende Mehrstöckige Komplex stammt nicht, wie der
Name suggeriert, aus der Zeit Jahangirs, sondern wurde
bereits von Akbar errichtet. Merkmale sind mit weißem
Marmor aufgelockerte Sandsteinfassaden mit ausgeprägten
Basreliefs. Durch den im Osten liegenden Haupteingang
betritt man einen allseits geschlossenen Innenhof, der an
der Süd – und Nordseite von Pfeilergestützten Hallen
flankiert wird. Auffallend sind die vielen reich
verzierten Sandsteinkonsolen, die die vorspringenden
Dächer tragen und die unechten Bögen in Hindutradition.
Man sollte nicht versäumen, einen Blick in die nördliche
Halle zu werfen, wo schräg geführte schlangenförmige
Träger das breite Flachdach stützen. Sie haben ihren
Ursprung in der Jainarchitektur Gujarats, fanden später
aber auch in Gwalior und sogar Bengalen Verwendung.
Die an den Stutzen aus dem feinen Sandstein
herausgearbeiteten, arabesk verschlungenen Pflanzenmotive
sind hingegen persischen Ursprungs, ebenso die
keilbogenförmigen Portalnischen, die im angrenzenden
östlichen Hof den Zugang zu den Räumen bilden. Vor dem
Palast steht ein riesiger Steinbehälter, den Jahangir zur
Aufbewahrung von Reisspenden anlässlich des Ursfestes 1611
hat anfertigen lassen. Von hier aus sind es nur wenige
Schritte bis zur breiten, zum Ausgang hinauffahrenden
Rampe.
Jami Masjid
Nur einen Steinwurf von der Nordwestecke der Festung
entfernt erhebt jenseits der Bahnlinie die Freitagsmochee
ihre Minarette und Kuppeln über das Gewimmel der
Altstadt.
Mit dem Bau des erhöht auf einer Plattform errichteten
Gotteshauses wurde um 1643 auf Betreiben von Jahan Ara,
der Lieblingstochter Shah Jahans, begonnen, nachdem
langwierige Verhandlungen über den Landerwerb erfolgreich
abgeschlossen worden waren. Fertiggestellt wurde die
Moschee allerdings erst 1648. Die zweischiffige, mit den
charakteristischen fünf Zugängen versehene Gebetshalle
mißt etwa 80 m in der Länge und 27 m in der Tiefe. In die
weiße Marmorumrandung des zentralen Bogens ist in
schwarzen Lettern eine Kufi-Inschrift eingelassen, die
Shah Jahan und seine Regentschaft preist. An der
Gebetskanzel findet sich eine Darstellung der Ostfassade
der Moschee.
Das Grab des Itimad-ud-Daula
Das kleine Grabmal am gegenueberliegenden Ufer der Yamuna
wurde auf Veranlassung von Nur Jahan (Licht der Welt), der
einflussreichen und machtbewussten Gemahlin Jahangirs, für
ihre 1621 verstorbenen Eltern erbaut. Benannt ist das
Mausoleum nach ihrem Vater Ghiyas Begh, der vom
mittellosen, aus Persien geflohenen Edelmann zum
Premierminister aufgestiegen war und sich den Ehrentitel
Itimad-ud-Daula (Säule des Staates) verdient hatte. Man
betritt den viergeteilten, 165 m2 messenden Garten (Charbagh),
der schon von Itimad-ud-Daula angelegt worden war, durch
einen mehrstöckigen Torbau von Osten her. Der Sandsteinbau
besticht durch seine Marmoreinlegearbeiten, wobei neben
stilisierten Blumen bauschige Weinkrüge besonders ins Auge
fallen, ein Motiv, das in der persischen Dichtkunst als
Symbol des Paradieses und des Göttlichen galt und wohl auf
die Herkunft des Premierministers zurückzuführen ist. Im
Gegensatz zum Taj Mahal blickt das Mausoleum nicht auf die
Yamuna, sondern liegt, wie bei den Grabstätten der Moguln
üblich, im Zentrum des Gartens. Der einstöckige,
quadratische Bau von 50 m Seitenlänge mit aufgesetztem
Pavillon erhebt sich auf einer niedrigen
Sandsteinplattform. Auffallend sind die hervorspringenden,
gedrungenen Ecktürme mit indischen Kuppeln und der
umlaufende Dachsims, das auch die Türme mit einschließt.
An jeder Seite befindet sich ein zentraler Zugang,
flankiert von Gitternischen, durch die Licht in die
Innenräume dringt.
Von seinen Proportionen her mag der Bau vielleicht nicht
ganz zu überzeugen, dafür aber um so mehr durch seine an
Juwelirabeiten erinnernde Ausschmückung der Wandflächen
mit feinsten Einlegearbeiten aus Edelsteinen. Als Muster
erscheinen neben abstrakten geometrischen Formen auch hier
immer wieder Vasen mit und ohne Blumen, Zypressen und
Weinkrüge. Es ist nicht klar, ob diese als
Pietra-dura-Technik bezeichnete Kunst im 17. Jh. aus
Europa übernommen wurde oder eine eigenständige
Entwicklung darstellt. Einfache Einlegearbeiten waren
schon in der europäischen Antike ein gängiges
Dekorationsmittel, das später mit dem Islam aus dem
Mittelmeerraum über Persien nach Indien gelangte. Da aber
die Kontakte zu Europa auch auf künstlerischem Gebiet
während der Mogulepoche recht eng waren – erinnert sei an
die Baluster im Fort von Agra oder die italienischen
Einlegearbeiten am Diwan-i-Am in Delhi – ist ein direkter
Import ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Dies
schmälert aber in keiner Weise die Meisterschaft der
indischen Künstler, die diese Technik erstmals großflächig
anwandten und ihre am Mausoleum des Itimad-ud-Daula
gewonnenen Erfahrungen später am Taj Mahal bis zur
Vollkommenheit verfeinerten.
Der zentrale Raum mit den beiden Gräbern ist quadratisch
und wird von acht Kammern umschlossen, vier quadratischen
in den Ecken des Gebäudes und vier rechteckigen durch die
der Zugang zur Grabkammer erfolgt. Bezeichnenderweise
nimmt auch hier, wie im Taj Mahal, das Grab der Frau die
zentrale Position ein. Die Innenräume sind ebenfalls mit
Vasenmotiven ausgemalt, und die Decke ist mit
Rippenzwickeln verziert, die hier allerdings nur eine
dekorative Funktion haben. Ein Kleinod ist der über der
zentralen Kammer liegende Pavillon mit seinem kunstvoll
durchbrochenen Gitterwerk, das dem des Grabes des Heiligen
Selim Chishti in Fatehpur Sikri nachempfunden ist und aus
Variationen des Achtecks besteht. Der Raum, dessen
Marmorfussboden einem Teppich gleich mit Einlegearbeiten
aus gelben und braunen Edelsteinen geschmückt wurde, birgt
im Zentrum die Kenotaphe der Verstorbenen.
Am Ufer der Yamuna schliesst der westliche Torbau den
Komplex ab. Er wurde als eine Art Vergnügungspavillon
konzipiert, in dem die Familie nach der Anreise mit dem
Boot den Blick auf den Fluss genoss.
Chini-ka-Rauza
Knapp 1 km nördlich des Itimad-ud-Daula-Mausoleums liegt
ebenfalls am Ufer der Yamuna, allerdings in recht
verwahrlostem Gelände, das Grab des Azal Khan, eines
Ministers unter Jahangir und Shah Jahan, der 1639 in
Lahore verstarb und in diesem großen, von ihm selbst zu
Lebzeiten errichteten Mausoleum seine letzte Ruhe fand.
Die Grabstätte besteht aus einem oktogonalen vor einer
großen Kuppel gekrönten Raum mit zwei Gräbern. Seinen
Namen chinesisches Grab verdankt der Bau dem Wandschmuck
aus Fayencen mit hübschen Blumenmustern, der sein Vorbild
an einigem Mogulbauten in Lahore hat. Derzeit wird das
stark verfallene Bauwerk restauriert.
Sikandra
Etwa 10 km nördlich von Agra berührt die nach Mathura und
Delhi führende Hauptstraße die Grabanlage des
Mogulherrschers Akbar. Von der Stadt Sikandra, die
Sikander Lodi hier Ende des 15. Jh. erbaut hatte, sind
ansonsten nur noch spärliche Reste erhalten. Auch bei
diesem Mausoleum erfolgt der Zugang durch ein mächtiges
Tor. Mit seinen vier die Gebäudeecken überragenden
Minaretten, der rotten mit Marmoreinlegearbeiten dicht
übersäten Sandsteinfassade und den kunstvollen Kufibändern
übertrumpft es in der dekorativen Wirkung das eigentliche
Mausoleum. Die Minarette sind ganz in Marmor ausgeführt
und ähneln denen des Taj Mahal.
Ungewöhnlich its die Gestating
des Zentralbogens. Weit in den breiten Iwan zurückgesetzt,
öffnet sich unten ein schmales Tor mit darüberliegender
Galerie, die von einem Bogen abgeschlossen wird, der mit
den beiden oberen Portalnischen in den Seitenflügeln
korrespondiert. Die Inschriften stammen vom Kufikünstler
Amanat Khan, der auch für die Kalligraphie am Taj Mahal
verantwortlich war. Sie sind hier jedoch nicht dem Koran
entnommen, sondern persischen Gedichten und stellen, wie
bei den Moguln so oft, einen Zusammenhang zwischen dem
Grabgelege und dem Paradies her.
Eine breite gepflasterte, dammartige Allee führt auf die
eigentliche Grabstätte zu, die nach dem Vorbild des
Humayun-Mausoleum in eine weiträumige Parkanlage
eingebettet wurde, deren Gestaltungsprinzip sich dem
Betrachter auf den ersten Blick jedoch entzieht. In dem
fünfstöckigen Bauwerk mischen sich die typischen
islamischen Bögen, minarettartige Türme und betontes
Zentralportal mit den säulengestützten offenen Hallen
hinduistischer Tempel. Zurückzuführen ist dieser Stilbruch
wahrscheinlich auf spätere Ergänzungen durch Jahangir, der
bezüglich der Architektur eine völlig andere Auffassung
vertrat als sein Vater. Zahlreiche kleine Chattris und die
terrassenartig zurückspringenden Obergeschosse verleihen
dem Mausoleum eine fast verspielte Note. Das für Touristen
leider nicht zugängliche Obergeschoss ist als offener, von
Marmorgittern umgebener Hof ausgelegt, in dessen Zentrum
das Kenotaph Kaiser Akbars – verziert mit den 99 Namen
Allahs in Kufischriff – seinen Platz hat. Der nahe Kontakt
zum Firmament war dem Kaiser, wie später auch seinem Sohn
Jahangir, dessen Kenotaph in Lahore ebenfalls unter freiem
Himmel steht, seit jeher ein Anliegen. Auf dem Zugang zum
Grab heißt es denn auch bezeichnenderweise. Mag seine
Seele im Lichte Gottes wie die Strahlen von Sonne und Mond
leuchten. Der nüchterne Anblick des in der Sonne
gleißenden Marmorhofs trügt. Früher einmal soll die Säule
neben dem Kenotaph mit Gold überzogen gewesen sein und den
berühmten Diamanten Kohinoor getragen haben, der heute zum
britischen Kronschatz zählt. Der Edelstein wurde bei der
Plünderung des Grabes durch die Jats Ende des 17. Jh.
Ebenso geraubt wie die silbernen und goldenen
Vertäfelungen, Teppiche und Edelsteine, so dass es nunmehr
schwer fällt, sich ein authentisches Bild vom Prunk des
Mausoleums zu machen. Einer der authentisches Bild vom
Prunk des Mausoleums zu machen. Einer der Teppiche ist
übrigens wieder aufgetaucht und gelangte auf Umwegen über
den Palast des Sikh-Herrschers Rajit Singh in die Hände
der Briten, die ihn ins Victoria and Albert Museum in
London brachten.
Das eigentliche Grab des Herrschers, das noch heute von
den Einheimischen mit Blumen geschmückt wird, liegt in
einer düsteren Gruft, die man durch den Haupteingang
betritt. Bedauerlicherweise sind die interessanten
Wandmalereien mit christlichen Motiven, darunter Engel –
und Mariendarstellungen, von denen europäische Reisende
berichteten, übertüncht worden. Man darf sie allerdings
nicht als Beweis für die Hinwendung Akbars zum Christentum
werten, sondern allenfalls als Modeerscheinung und
Ausdruck seiner religiösen Toleranz. Die Gebeine des
Herrschers sind allerdings nicht mehr zu finden. Bei ihrer
Plünderung im Jahre 1691 schändeten die Jats auch das Grab
und verbrannten sie.
Im Jahre 1619 hielt sich Jahangir einige Monate in der
Stadt auf, um einer Pestepidemie in Agra zu entgehen, und
sein Sohn Shah Jahan besuchte einige Male das Grab des
Heiligen. Dann wurde es ruhig um Fatehpur, und die Natur
eroberte sich die Bauwerke zurück. Bereits der Entschluss
des Kaisers, mitten in der Wildnis eine neue Stadt aus dem
Boden zu stampfen, war, trotz seiner unumschränkten Macht,
ein Kühnes Unterfangen, mehr aber noch die Konzeption.
Losgelöst von den Konventionen seiner Vorgänger – und auch
seiner Nachfahren – verwirklichte Akbar hier einen
einzigartigen freien Entwurf, der den hinduistischen und
islamischen, auf Symmetrie bedachten Grundrissen völlig
zuwiderlief. Fatehpur Sikri ist damit nicht zuletzt
Ausdruck der exzentrischen, gleichermaßen toleranten wie
selbstbewussten Persönlichkeit dieses wohl bedeutendsten
Mogulherrschers.
Die
Umgebung von Agra (Fatehpur Sikri)
Das kleine, etwa 40 km südwestlich von Agra gelegene Dorf
trat erst mit der Ankunft Kaiser Akbars Mitte des 16. Jh.
In das Licht der indischen Geschichte, obwohl schon Babur
in der Nähe eine Schlacht geschlagen hatte. Akbar pflegte
enge Bindung zum Chishti-Orden, der im 13. Jh. Von
Muin-ud-Din Chishti, einem Mystiker aus Sistan in Persien
gegründet worden war und bereits Iltutmish (1210-1236),
den Herrscher des Delhi-Sultanats, in seinen Bann gezogen
hatte. Als sich die Voraussage des Chishti-Heiligen Salim
erfüllte und dem Mogulherrscher 1569 der langersehnte
männliche Erbe geboren wurde, nannte er diesen nicht nur
Salim, sondern entschloss sich zudem, seine Residenz von
Agra an den Aufenthaltsort seines spirituellen Ratgebers
und Lehrers zu verlegen. Der Wunsch, der Wirkungs– oder
Grabstätte eines Sufi nahe zu sein, war durchaus nicht
ungewöhnlich. Auch Humayuns Grab in Delhi wurde ganz
bewusst in der Nähe des Mausoleums des Chishti-Heiligen
Nizam-al-Din errichtet.
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Diwan-i-Khas |
Fatehpur-Sikri |
Da sich der Hofstaat im Falle eines drohenden Angriffs
schnell in das stark befestigte Fort des nahen Agra
zurückziehen konnte, begnügte man sich mit einer
einfachen, 11 km langen Sandsteinmauer als Abgrenzung vom
Umland. Als Baumaterial diente ausschließlich der hier
anstehende feine rötliche Sandstein, der auch in Agra
Verwendung fand. Im Nordwesten wurde die neue Stadt, die
nach Akbars Sieg über Gujarat im Jahre 1573 den Namen
Fatehpur Sikri (Stadt des Sieges) erhielt, von einem heute
ausgetrockneten See begrenzt. Aber nur ganze 15 Jahre
Sollte sie ihre Funktion als neue Residenz erfüllen, dann
verlegte Akbar erneut seinen Hof, diesmal nach Lahore
(heutiges Pakistan). Wassermangel dürfte einer der Gründe
für die Aufgabe der Stadt gewesen sein, sicherlich
spielten aber auch strategische Erwägungen eine Rolle, war
doch der Nordwesten des Imperiums in besonderem Masse der
Invasionsgefahr ausgesetzt. Angestachelt durch die
orthodoxen Muslim, die im religiösen Eklektizismus des
Herrschers eine Bedrohung des Islam sahen, erhob Akbars in
Kabul residierender Bruder Hakim Ansprüche auf Indien.
Akbar kehrte nie mehr nach Fatehpur zurück, sondern
bevorzugte auf seine alten Tage das 1586 von ihm eroberte
Tal von Kaschmir und später Agra.
Besichtigung
Fatehpur Sikri besteht aus zwei auf einem Hügelrücken
liegenden, deutlich voneinander getrennten Teilen, dem
Komplex der Moschee im Süden und der Palastanlage etwa 100
m nordöstlich davon. Die von einer Mauer umgebene
Freitagsmoschee (ca. 110 m x 140 m) wird von dem mächtigen
südlichen Eingang buland Dawarza beherrscht, zu dem man
von der Straße über eine breite Treppe hinaufsteigt. Das
54 m hohe Tor, das als Vorbild für derartige Anlagen der
Mogulzeit gilt, sollte wahrscheinlich an den Sieg Akbars
in Gujarat im Jahre 1573 erinnern und die enge Bindung an
den Chishti-Orden dokumentieren. Die vom Kalligraphen
Ahmad al-Chishti gestalteten Koranverse verheißen den
wahren Gläubigen den Weg ins Paradies.
Im Innern der Freitagsmoschee sind rechts vom Hauptbogen
die berühmten Verse eingelassen, in denen sich Mystizismus
und Toleranz des Herrschers in einzigartiger Weise
verbinden Jesus, Friede sei mit ihm, sagte Die Welt ist
nur eine Brücke; überquere sie, aber baue keine Häuser auf
ihr. Derjenige, der eine Stunde hofft, hofft auf die
Ewigkeit, denn die Welt ist nur eine Stunde, verbringe sie
in Andacht, denn der Rest ist unsichtbar.
Im Innenhof fällt sofort das schneeweiße kleine Mausoleum
des Heiligen (gest. 1573) auf, der einzige vollständig in
Marmor ausgeführte Bau in ganz Fatehpur Sikri. Es ist ein
Kleinod der Mogulkunst, bestechend durch den
Einfallsreichtum in der Variation einfacher abstrakter
Formen wie auch durch die perfekte Ausführung der
handwerklichen Arbeiten. Das nur 15 m2 messende
einstöckige, von einer halbrunden Kuppel gekrönte Gebäude,
hat sein Vorbild im Schrein von Sarkhej in der Nähe von
Ahmedabad.
Kennzeichen ist eine um die zentrale Kammer verlaufende
Galerie, die nach außen durch Marmorgitter abgeschlossen
wird, die in äußerst komplizierter Weise aus einem Oktogon
entwickelt wurden. Charakteristisch ist auch die
umlaufende breite Traufe, getragen von geschwungenen, mit
Voluten und Blattwerk verzierten Konsolen, die der
islamisch-hinduistischen Bautradition von Mandu
(westliches Madhya Pradesh) und Gujarat entstammen.
Besonders schön ausgeführt sind sie an den Pfeilern, die
den Portikus stützen. Das von einem Baldachin aus Ebenholz
überwölbte Kenotaph in der zentralen Kammer des Mausoleums
ist nach wie vor beliebtes Ziel kinderloser Frauen, die
hier auf das Wunder hoffen, das einst Akbar zuteil wurde.
Das Grab selbst liegt in einer zugemauerten Gruft unter
dem Mausoleum.
Der Bau, an dem zahlreiche Künstler und Handwerker aus
Gujarat arbeiteten, war erst im Jahre 1581 fertiggestellt,
ironischerweise zu einem Zeitpunkt, als sich Akbar bereits
vom Orden und der Heiligenverehrung losgesagt und seine
eigene, religionsübergreifende Glaubensrichtung zu
entwickeln begonnen hatte, die Din-il-Illahi.
Die nach Westen gerichtete Front des Hofs wird vor der
Freitagsmoschee eingenommen, die mit 90 m Länge und 20 m
Breite zu jener Zeit als größte des Mogulreichs galt. Die
Seitenflügel mit ihren zahlreichen auf schmalen Säulen
ruhenden Bögen könnten in der Jami Masjid von Mandu ihr
Vorbild haben, der zentrale, überhöhte Iwan ist hingegen
typisches Merkmal der Mogulbauten, übernommen aus der
Architektur der timuridischen Vorfahren. Sehr komplex ist
die Konstruktion der gerippten Seitenkuppeln, die der
altmodischen Holzbauweise entstammt, bei der Umsetzung in
Stein jedoch besondere bautechnische Maßnahmen erfordert.
Die Hauptgebetshalle ist mit geometrischen in den
Sandstein eingelegten Marmormustern und gemalten Arabesken
und Blumenmotiven reich verziert. Der Minbar, die
Predigtkanzel an der nach Mekka gerichteten Qiblawand, war
Schauplatz eines denkwürdigen Auftritts Kaiser Akbars, der
sich 1579 anmaßte, hier selbst die Predigt zu halten und
damit ein Privileg zu beanspruchen, das nur den
Mitgliedern der islamischen Geistlichkeit zustand. Auch
die im Zusammenhang mit seiner Person zweideutig
aufzufassende Urformel Allahu akbar soll der Kaiser bei
diesem Anlass den hier versammelten Gläubigen
entgegengerufen haben. Dass er hiermit nicht nur Gott ist
groß gemeint haben könnte, sondern Gott ist Akbar machte
er
durch den Erlass eines Dekrets deutlich, das seine
Unfehlbarkeit in religiösen Fragen festschrieb.
Durch das Siegestor verlässt man den Moscheekomples und
gelangt in wenigen Minuten zum Eingang der Palastanlage.
Zunächst wird der Besucher vom Jodh Bai-Palast empfangen,
dessen fensterlose Fassade linker Hand den schmalen Hof
beherrscht. Wahrscheinlich entstand dieser kompakte Baum
mit großem Innenhof und zahlreichen symmetrisch um ihn
herum angeordneten Räumen in der Frühjahre als
Einzelanlage, möglicherweise als Harem, war er doch früher
einmal durch einen gedeckten Gang direkt mit den Gemächern
des Herrschers verbunden. In den Details lassen sich
zahlreiche Anlehnungen an die Architektur Gujarats
erkennen, so etwa am Motiv der hängenden Glocken (Ghantamala)
an den Säulen, das man häufig in den Hindustempeln und
Moscheen dieses Staates antrifft. Damit man nicht von
außen in den Hof blicken kann, ist der Zugang verwinkelt
angelegt. Die kleine Struktur vor dem Eingang diente als
Wachhäuschen für die Eunuchen.
Vor uns liegt nun das Haus der Maryam, früher wegen seiner
prächtigen Fresken Sunhara Makan (Goldenes Haus) genannt.
Es wurde eine Zeitlang einer portugiesischen Gemahlin
Akbars namens Maria zugeschrieben, die es allerdings nie
gegeben hatte. Bei den beiden am Hofe lebenden Marias
handelte es sich um Maryam Makani (der Maria gleich im
Rang), die Mutter Akabrs, und Maryam Zamani (Maria des
Alters), die erste Frau Akbars und Mutter Jahangirs. In
der Tat diente Maryams Haus als Unterkunft für Akabrs
Mutter. Seines Schmucks beraubt wirkt das Gebäude heute
recht streng, allenfalls durch die kleinen Pavillons etwas
aufgelockert. Interesse verdienen die Konsolen, die die
Traufe stützen. Auf einer dieser Dachstützen an der
Nordseite kann man Rama mit dem Affengott Hauman sehen,
auf einer anderen Gänse, Elefanten und Rosetten, alles
deutliche Beweise hinduistischer Gedankenwelt.
Wenden wir uns nun nach links und folgen der noerdlichen
Außenmauer des Jodh Bai-Palastes, gelangen wir nach etwa
100 m zum 1572 entstandenen Haus des Raja Birbal , in dem
allerdings, da es zum Komplex des Harems gehörte, weder
Birbal, ein enger Vertrauter Kaiser Akbars, noch sonst ein
Mann lebte, sondern wahrscheinlich zwei der rechtmäßigen
Frauen Akbars. Interessanterweise wurde bei dem
zweistöckigen Bau eine Fachwerkholzkonstruktion
nachgeahmt. Es gibt aus dem Sandstein herausmodellierte
Stützen, die natürlich keine tragende Funktion haben, und
ornamentierte Füllungen, die Werken der Holzschnitzkunst
zum Verwechseln ähnlich sind. Auch hier herrschen vielfach
Hindumotive vor, etwa der Lotus an den Bögen des Eingangs
oder die Dekorationen an den Säulenbasen. Die mit
steinernen Rippen ausgeführte Kuppel ist, ähnlich wie
Seitenkuppeln der Freitagsmoschee, ebenfalls der
Holzbauweise entlehnt.
Linker Hand öffnet sich ein großes Geviert, über dessen
genaue Funktion sich die Gelehrten nicht einig sind,
obwohl es als Pferde- und Kamelstallung angesehen wird.
Die Bezeichnung stammt von den Steinringen in der Wand,
die zur Befestigung von Tieren gedient haben könnten. Die
Existenz von Ställen so nahe bei den Frauengemächern
dürfte jedoch wegen der Lärm – und Geruchsbelästigung, vor
allem aber der Anwesenheit von Männern, eher
unwahrscheinlich gewesen sein. Vermutlich handelte es sich
um die Quartiere der weiblichen Bediensteten des
angrenzenden Harems. Immerhin soll es an Akbars Hof bis zu
5000 Frauen gegeben haben, von denen die meisten den
Status von Sklavinnen besaßen, etwa 300 jedoch als
legitime Ehefrauen angesehen wurden, die mit dem Kaiser
nach der niederen Form der Ehe verbunden waren.
Wir gehen wieder bis zum Haus der Maryam zurück und
setzen unseren Rundgang zum zentralen Teil des Palastes
fort. Es erwartet uns eine großartige Hofanlage, die in
der lockeren Anordnung der Bauwerke fern jeder strengen
Symmetrie, die sowohl den hinduistischen als auch den
islamischen Bauten sonst zu eigen ist, fast futuristisch
wirkt und dem Raumempfinden unserer Tage sehr nahe kommt.
Die zum Bau verwendeten Pfeiler, Architrave und Konsolen,
allesamt aus dem lokalen Sandstein gefertigt, sind zwar
der hinduistischen Bautradition entlehnt, sie dienten aber
nicht dazu, Monumentalbauten nach hinduistischem
Muster zu schaffen, sondern luftige offenen Hallen mit
teilweise zurückspringenden Geschossen und Fronten, die
dem gesamten Ensemble eine ungeheure Lebendigkeit
verleihen. Es hat den Anschein, als habe man die Gebäude
nach Gesichtspunkten der Harmonie über das von Mauern
umschlossene Geviert verteil und sie je nach Bedarf
erweitert, eine mobile Architektur, so der Historiker und
Architekt Andreas Volwahsen, die uns an die Zeltstadt von
Akbars Vorfahren erinnert. Viele der Gebäude waren durch
überdachte, mit Jaliwänden gegen neugierige Blicke
geschützte Galerien miteinander verbunden. Durch sie
konnte man unbemerkt und trockenen Fußes von einem Teil
des Palastes in den anderen gelangen, ein Privileg, das
natürlich nur dem Herrscher und seinem Harem zustand.
Im Süden wird die insgesamt etwa 175 m lange, zweigeteilte
Hofanlage von den Privatgemächern des Kaisers begrenzt,
die früher mit Gitterwerk gegen den Hof abgeschirmt waren.
Sie bestehen im Erdgeschoss aus zwei Räumen, von denen der
östliche einst mit Blumenmotiven prachtvoll ausgemalt war
und mit Steinplatten verschließbare Öffnungen erhielt, in
denen Bücher aufbewahrt wurden. Dahinter liegt unmittelbar
an der Südwand ein Raum mit einer erhöhten Plattform, auf
der Akbar seine Gäste zu empfangen pflegte.
Im angrenzenden, mehrstöckigen Bauwerk befanden sich
weitere Privatgemaecher, darunter die Schlafräume,
verbunden durch einen Gang und eine nicht mehr
existierende Brücke mit dem Harem. Auch hier haben sich
die prachtvollen Wandmalereien nur noch in Spuren
erhalten. Den Hof vor den Privatgemächern ziert das fast
30 m2 große Wasserbecken Anup Talao. Auf der durch vier
Stege mit dem Ufer verbundenen zentralen Plattform soll
der Kaiser mit islamischen intellektuellen Rechtsfragen
diskutiert haben. Zeitgenössischen Quellen zufolge habe er
bei besonderen Gelegenheiten das Becken sogar mit
Goldmünzen füllen lassen, die er an seine ihm besonders
ergebenen religiösen Gelehrten lassen, die er an seine ihm
besonders ergebenen religiösen Gelehrten verteilte, um
sich damit deren Wohlwollen zu erkaufen.
Im Norden wird der Privathof des Kaisers nur teilweise
durch einstöckige Hallen vom sogenannten Pachisi-Hof
abgegrenzt, so dass der Blick aus den Privatgemächern die
gesamte Hofanlage erfasst. Rechts hinter der Kante des
Wasserbeckens schiebt sich das einstöckige Haus der
türkischen Sultana ins Blickfeld. Akbar hatte es für einen
seiner Lieblingsfrauen, die aus Istanbul stammende Sultana
Ruqaya Begum bauen und großzügig ausstatten lassen. Neben
geometrischen Ornamenten fallen fein gearbeitete Reliefs
von Bäumen, blühenden Ranken und Vögel ins Auge, die teils
indischer Herkunft sind, vor allem aber Merkmale
timuridischer Kunst erkennen lassen.
Jenseits des Hauses öffnet sich der Pachisi-Hof , benannt
nach dem hier in den Boden eingeschnittenen
Begrenzungslinien für das am Hof beliebte Spiel. Akbars
Hofhistoriker Abu Faisal berichtet, dass der Herrscher
zuweilen statt mit Figuren mit Sklavinnen in
unterschiedlichen Kostümen gespielt habe, wobei sich
einige Spiele bis zu drei Monate hinzogen. Im Osten wird
der Hof durch die öffentliche Audienzhalle ( Diwan-i-Am),
der ein schmaler Garten vorgelagert war, begrenzt. Von der
überdachten Plattform wandte sich der Herrscher seinen im
östlich angrenzenden Hof der öffentlichen Audienzen
versammelten Untertanen zu, nahm ihre Petitionen entgegen
und schlichte Streitfälle. Verbunden waren beide Höfe nur
durch einen schmalen Durchgang nahe der noerdlichen Ecke.
Beherrscht wird der Pachisi-Hof an der Südwestecke von dem
asymmetrisch stufenförmig sich über die Gebäude erhebenden
fünfstöckigen Pach Mahal , dem dominierenden Bauwerk
Fatehpur Sikris. Wahrscheinlich diente die turmartige
Konstruktion, die ihr Vorbild in dem vor Timur errichteten
Chihl Sutun von Samarkand hat, der Entspannung in luftiger
Höhe, umfächelt von einer kühlen Brise. Da früher Jalis
den Blick ins Innere verwehrten, war er möglicherweise der
bevorzugte Aufenthaltsort der Haremsdamen während der
heißen Jahreszeit, zumal eine gedeckte Galerie ihn mit den
Privatgemaecher des Kaisern und dem Harem verband.
Folgen wir vom Panch Mahal der linken Hofseite nach
Norden, treffen wir als nächstes auf einen kleinen Kiosk
von nur 3 m Seitenlänge, der fälschlicherweise Sitz des
Astrologen genannt wird und auf einer kleinen Plattform
vor der Südwand des Schatzhauses (10, Ankh Michauli) ruht.
Tatsächlich war es wohl der Platz des arroganten, aber
fähigen Eunuchen Phul Malik, der von hier aus die Schätze
des Kaisers verwaltete. Einzigartige Beispiele der
Steinmetzkunst wie der religiösen Toleranz Akbars sind die
schlangenförmigen, sich zu einem Toranabogen schließenden
Streben, die ganz der Jaintradition entspringen und in
fast identischer Form am Vimalatempel in Mount Abu oder an
den Heiligtümern der Mount Girnar anzutreffen sind. Das
angrenzende Gebäude wird als Schatzhaus interpretiert,
aber auch als Arbeitskabinett des Kaisers. Wie so häufig
in Fatehpur Sikri besteht hinsichtlich der Funktion
einzelner Bauten keine Klarheit.
Zu dem auffälligsten Gebäude des Pachisi-Hofs zählt die
freistehende private Audienzhalle ( Diwan-i-Khas).
Äußerlich kann das zweistöckige Bauwerk durch seine
übergroßen, nach einer zentralen Kuppel verlangenden
Eckpavillons kaum überzeugen. Dafür überrascht der
Innenraum die Besucher um so mehr. Aus dem Zentrum des
einzigen Raums wächst wie ein Baum ein monolithischer
Pfeiler, der sich einer Blüte gleich in dicht
aneinandergesetzten schlangenförmigen Stützen entfaltet,
die eine runde, von einem durchbrochenen Geländer
umschlossenen Plattform tragen. Vier, zu den Ecken des
Raums verlaufende Stege verbindet sie mit einer
umlaufenden Galerie. Die Säule war der symbolträchtige
Sitz des Mogulherrschers während seiner privaten
Audienzen. Seine Allmacht wollte der Kaiser hier
demonstrieren, sich möglicherweise sogar mit dem von der
Achse des Universums aus regierenden Weltenherrscher
Chakravartin der altindischen Kosmologie vergleichen. Ein
neuer Gedanke war dies nicht; denn bereits in den Edikten
des buddhistischen Kaisers Ashoka (268-233 v. Chr.) findet
sich eine derartige Beziehung zwischen göttlicher und
weltlicher Herrschaft. Aber auch als Baum der
Wunschgewährung, ein bei den Jains beliebtes Motiv, wird
die Säule zuweilen interpretiert.
Außerhalb von Moschee- und Palastbezirk liegen innerhalb
der historischen Stadtanlage noch einige recht
interessante Bauten, die hier kurz erwähnt werden sollen.
Im Nordwesten triff man auf den Hirschturm (Hiran Minar),
der möglicherweise als Nullpunkt der durch Kilometersteine
gemessenen Entfernungen dient und durch seinen mit
elefantenrüsselartigen Stacheln besetzten Schaft aus dem
Rahmen fällt, eine Konstruktion, die aus Persien
übernommen wurde. Ein Stück südlich liegt nahe der
Nordwestecke der Harems das Elefantentor, das
Wahrscheinlich als Hauptzugang für den Hofstaat diente.
Bharatpur
Die etwa 25 km nordwestlich von Fatehpur Sikri gelegene
Stadt kann auf eine recht blutige Geschichte
zurückblicken, die so gar nicht im Einklang steht mit der
friedvollen Welt des Keoladeo-Vogelparks, dem heutigen
Hauptanziehungspunkt Bharatpurs. Der Besuch des zum
Weltnaturerbe der UNESCO gehörenden Schutzgebiets, das aus
einem Jagdrevier des lokalen Rajas hervorgegangen ist, sei
auch Reisenden ans Herz gelegt, die sich ansonsten
vornehmlich für Kunst und Kultur interessieren. Bharatpur
erlebte seinen Aufstieg unter der Herrschaft der Jats,
einer aus einzelnen Clans bestehenden Gemeinschaft, die
Ende des 17. Jh. Gegen den Mogulherrscher Aurangzeb
rebellierte und sogar Agra angriff und das Grab Akbars in
Sikandra plünderte. In den unruhigen Zeiten gegen Ende der
Mogulherrschaft gelang es Badan Singh (1722-1755), die
Region unter Kontrolle zu bringen und sich als Raja im
benachbarten Deeg zu etablieren. Sein Sohn Suraj Mahal
(1756-1764) eroberte im Jahre 1733 die 30 km südlich
gelegene Stadt Bharatpur von einem anderen Clanchef und
verlegt die Residenz von Deeg hierher, ohne seine
Heimatstadt allerdings aufzugeben. Im Jahre 1761 besiegte
er den Marathengouverneur von Agra und siedelte in die
alte Mogulresidenz über, die zu jener Zeit allerdings
längst ihren Glanz verloren hatte. Bereits 1788 mussten
sich die Jats wieder aus Agra zurückziehen und mit einem
wesentlich kleineren Territorium begnügen. Im Jahre 1805
wurde die Festung von den Engländern angegriffen, hielt
jedoch vier Eroberungsversuchen stand, bei denen fast 3000
britische Soldaten ihr Leben verloren. Am 4. Mai 1805
endete die erfolglose Belagerung mit einem
Friedensvertrag, durch den Bharatpur sich als einer der
ersten Staaten mit den Briten arrangierte. Etwa 20 Jahre
später mündete jedoch ein Streit um die Nachfolge des
Rajas erneut in eine blutige Auseinandersetzung zwischen
den Jats und der East India Company. Dieses Mal endete die
dreiwöchige Belagerung im Januar 1826 jedoch mit der
Zerstörung der eisernen Festung, gefolgt von einer
politischen Bevormundung, die einer Annexion gleichkam.
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Keoladeo-Nationalpark |
Bharatpur-Bird-Sentury |
Von den ehemals doppelten Mauern des Forts Lohagarh ist
nur der innere, von einem breiten Wassergraben geblieben,
der im Süden und Norden durch je ein mächtiges Tor
durchbrochen ist. Das nördliche Assaldati-Tor (Tor der
acht Metalle) haben die Jats angeblich bei ihrer Eroberung
Delhis im Jahre 1864 demontiert und hier eingebaut. In die
Befestigungsanlagen sind zwei Siegestürme eingelassen, das
Jawahar Burj und das Fateh Burj, die an die Eroberung
Delhis und die Niederlage der Briten im Jahre 1818
erinnern sollen. Auf einer schlanken eisernen Siegessäule
nahe dem Jawahar Burj haben die Herrscher ihren Stammbaum
bis auf Krishna zurückgeführt. Im Zentrum des Forts liegen
die drei Paläste der Herrscher von Bharatpur. Obwohl Badan
Singh vorwiegend in Deeg residierte, ließ er auch in
Bharatpur auf einem Bergrücken einen kleinen Palast im
Rajputenstil errichten.
Nebenan liegen der Palast Mahal Khas, in dem Raja Balwant
Singh im 19. Jh. In recht einfachen Verhältnissen lebte,
und der Kamrapalast mit einem kleinen Museum. Gezeigt
werden u. a. ein Shivalingam (2. Jh.), eine Darstellung
von Shiva und Parvati (7. Jh.), die in der Nähe von Deeg
gefunden wurde, eine schöne Plastik von Shiva als Nataraja
(10.
Jh.) und die üblichen Waffen und Portraits.
Deeg
Die etwa 30 km nördlich von Bharatpur gelegene Kleinstadt
beherbergt mit ihrem Palast ein Juwel rajputischer
Architektur, obwohl in der Mitte des 18. Jh. Entstandenen
Bau keine innovativen Ideen verwirklicht wurden und
herausragende künstlerische Leistungen fehlen.
Wie erwähnt, hatte Badan Singh (1722-1755), der Gründer
der lokalen Jatdynastie, Deeg als Residenz gewählt, von
der aus vor allem sein Sohn Suraj Mal (1733-1763) das
Herrschaftsgebiet bis Agra ausweitete und auch Delhi nicht
verschonte. Obwohl Suraj Mal seine Hauptstadt aus
strategischen Gründen 1733 nach Bharatpur verlegt hatte,
setzte er den Ausbau seiner Heimatstadt bis zu seinem Tode
fort. Sein Sohn erweiterte den Palast und schmückte ihn
mit Raubkunst aus den Mogulpalästen von Agra und Delhi
aus. In jener Zeit hatte die Jatdynastie ihren Zenit aber
längst überschritten. Im Jahre 1776 wurde sie vom
Mogulgeneral Mirraft Nazaf Khan geschlagen und verlor bis
1787 ihr Territorium an die Moguln; 1804 musste sie ihre
Herrschaft für ein Jahr an die Briten abtreten und spielte
danach keine politische Rolle mehr.
Wie in fast allen Fürstentümern orientierte sich die
Bautätigkeit an den Palastanlagen der Mogulherrscher
Jahangir und Shah Jahan, denen die lokalen Potentaten mit
mehr oder weniger großem Erfolg nachzueifern versuchten.
Was Deeg von vielen anderen spätrajputischen Stilübungen
wohltuend abhebt, ist die Kombination der einzelnen
Gestaltungselemente zu einem geschlossenen Ensemble aus
vier um einen Garten angeordneten Bauwerken, den
sogenannten Bhavans. Die frühere rajputische Entwicklung
eines Wasserpalastes (Jai Mahal) wurde hier mit dem
Konzept des Mogulgartens harmonisch verbunden. Den
Mittelpunkt der Anlage bildet der viergeteilte
quadratische Garten, der im Osten und Westen von den
beiden großen Stautanks Gopal Sagar und Rup Sagar begrenzt
wird.
Einen besonders Schönen Blick hat man vom Ufer des Gopal
Sagar auf den dreistöckigen, unmittelbar aus dem Wasser
emporsteigenden Gopal Bhawan mit den beiden ihn
flankierenden Pavillons Savan und Bhadon. Sie greifen die
bengalischen Dächer der Erker am Hauptbau auf und
unterstreichen damit Symmetrie und Harmonie der elegant
wirkenden Gebäudefront.
Im nach wie vor mit alten Möbeln ausgestatteten
Hauptpalast lebte bis 1951 die Familie des Maharajas.
Interessant ist der Suraj Bhavan unmittelbar südlich des
Gopal Bhavan. Er bildet zusammen mit einem sich südlich
anschließenden, vom Hardev Bhavan begrenzten Kleineren
Garten ein weiteres in sich geschlossenes Ensemble, das
sich nicht so recht in die Symmetrie der Gesamtanlage
einordnen lässt. Möglicherweise handelt es sich hier um
die Urzelle der Palastanlage, die von Suraj Mal mit
einbezogen und umgestaltet wurde.
Der einstöckige Marmorbau des Suraj Bhavan zeigt
besonders deutlich die Anlehnung an frühe Mogularchitektur.
Die Pietra-dura-Arbeiten sind sicherlich echte Mogulkunst,
die Suraj Mal auf seinen erfolgreichen Kriegszügen
erbeutet und hier verbaut hatte.
Die Gesamtanlage soll mit 500 Springbrunnen ausgestattet
gewesen sein, die von einem Reservoir mit etwa 2500 m³
Fassungsvermögen neben dem Suraj Bhavan gespeist wurden.
Es dauerte damals etwa eine Woche, den Tank mit
Ledersäcken zu füllen, um wenige Stunden das Spektakel
genießen zu können. Dazu gehörte auch ein ganz besonderer
Effekt, der im Kesav Bhavan am Nordrand des Parks ablief.
Von Tanks auf dem Dach leitete man das Wasser durch
Hohlräume, die mit Steinkugeln gefüllt waren und beim
Durchfluss ein donnerartiges Geräusch erzeugten – zusammen
mit dem Springbrunnen und Gesichtvorhängen die perfekte
Illusion des Monsuns inmitten er heißen Jahreszeit.
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