Alwar
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Alwar (Rajasthan - Indien)

Alwar - Forts Bala Qila - Geschichte und Sehenswürdigkeiten

Die kleine Metropole des gleichnamigen ehemaligen Fürstentums liegt etwa auf halbem Wege zwischen Delhi und Jaipur am Rande der Aravallikette, umgeben von Huegelketten und fruchtbaren Tälern. Die Geschichte reicht weit zurück in mythische Vorzeit, soll doch hier einer der Schauplätze der Auseinandersetzung zwischen den Pandavas und Kauravas gelegen haben, den berühmten Akteuren des Mahabharata.

Die Gründung als eigenständiges Fürstenturm erfolgte aber erst 1771 durch Rao Pratap Singhji von Macheri, der sich von der Vorherrschaft Jaipurs löste, die Jats 1774 aus der Stadt Alwar vertrieb und seinen Einflußbereich durch geschicktes Paktieren mit den Moguln rasch ausweitete. Sein Nachfolger Bakhtawar Singhji (1781-1815) erkannte rechtzeitig die Zeichen der Zeit und schlug sich zu Beginn des 19. Jh. auf die Seite der Briten, die er 1803 im Kampf gegen die Marathen, unter denen auch die Fürstentümer Rajasthans zu leiden hatten, tatkräftig unterstützte. Zudem unterwarf er sich als einer der ersten Herrscher freiwillig der britischen Oberhoheit. Als Lohn winkten die Unabhängigkeit, der Titel des Maharajas und das luxuriöse Leben fern jeder politischen und militärischen Verantwortung. Ungehemmter Genuß und Zurschaustellung des Reichtums waren nunmehr Lebensinhalt der Maharajas. Vor allem der berüchtigte Jai Singh (1892-1937) tat sich hier unrühmlich hervor. Seine Vorliebe für luxuriöse Autos mag man ja noch teilen, kaum jedoch die Angewohnheit, Kinder als Köder für seine Tigerjagden zu verwenden oder ausschweifende Orgien zu feiern, bei denen es Tote gegeben haben soll. Als er bei einem Poloturnier sein Pferd aus Zorn mit Benzin übergoß und anzündete, hatte er den Bogen überspannt und wurde von den Briten ins Exil verbannst.

Die Palastanlage liegt leicht erhöht zu Füssen des Forts Bala Qila am Nordostrand Alwars. Die von einer fast 5 km langen Mauer umschlossene, 300 m über der Stadt thronende Festung, die bereits im 16. Jh. Von den Khanzadarajputen auf den Fundamenten einer noch älteren Lehmburg errichtet wurde, dient heute als Funkanlage und ist nur mit Erlaubnis der Polizei  zugänglich.

Der Stadtpalast Vinay Vilas vermag weniger durch seine Architektur zu beeindrucken, die sich an den Palästen von Orchha und Bharatpur orientiert, als vielmehr durch die einzigartige Kulisse, die unseren romantischen Vorstellungen von Indien am ehesten entspricht, die steile braune Felswand der Berge, das Blaugrün des Wassers im großen, rechteckigen Stauteich (Tank), die verspielt wirkenden Chattris auf Plattformen im See, die Front des Palastes mit seinen Erkern, geschwungenen Dächern und zerbrechlich wirkenden Streben – alles ein wenig vom morbiden Hauch der Vergänglichkeit umweht. Heute beherbergt der Palast Büros der Stadtverwaltung und ein Museum, in dessen einzigartiger Sammlung erlesener Stücke sich Luxus, aber auch Dekadenz vergangener zeit widerspiegeln. Zu den herausragenden Exponaten zählen eine von Vinaza Singh in Auftrag gegebene Kopie (19. Jh.) des 1258 erschienenen persischen Gulistan (Rosengarten), für die der Kopist 15 Jahre benötigt haben soll.  Miniaturarbeiten von Krishna und Radha aus den Schulen von Bundi und Alwar, außerdem Schwerter, die den Mogulherrschern Akbar und Aurangzeb zugeschrieben werden. Man kann aber auch einen Tisch aus massivem Silber bewundern, Fliegenwedel aus Sandelholz und das Mahabharata in Miniaturschrift. In der nicht zugänglichen, um die Mitte des 19. Jh. entstandenen großen, reich ausgeschmückten Darbarhalle kommt bereits die Imitation europäischer Palastanlagen mit ihren großen Sälen zum Ausdruck – charakteristisch für die späteren Rajputenpaläste.

Am Südrand des Tanks liegt das 1815 entstandene Kenotaph des Maharajas Bakhtawar Singhji und seiner Gemahlin Moosi Rani, die als Sati mit ihm verbrannt wurde. Der aus Sandstein und Marmor bestechende Bau ist, wie auch die Gestaltung des angrenzenden Tanks, ein schönes Beispiel für die Rajaputenarchitektur in ihrer letzten, bereits manieriert wirkenden Phase.

Alwar-Women

Dadhikar-Fort-Alwar

Frauen aus dem Laden nähe Alwar

Dadhikar-Fort-Alwar

13 Kilometer von Alwar entfernt liegt der lauschige Siliserh-See, der einst über einen Aquädukt die Gärten der Stadt bewässerte. Ein malerischer Wasserpalast lädt zu beschaulichen Abenden am dunklen See ein, in dem sich nach Sonnenuntergang die Konturen der umliegenden Hügel verlieren. Die Vögel lassen sich am besten in den frühen Morgenstunden oder am Abend beobachten.
Alwar ist eine Stadt voller Paläste, Gärten und Museen, über die sich die Festungsanlage Bala Qila auf einem steilen Felsrücken erhebt. Die Zufahrt nach Bala Qila ist nur mit dem Jeep über einen holprigen Weg und nur mit der besonderen Genehmigung des Polizeichefs von Alwar möglich. (Er hat sein Büro im Alwar City Palace und wird Ihnen gerne die Besuchererlaubnis erteilen.) Auf dem Weg zur Festungsanlage liegt die Ruinenstadt Ravana Devra verlassen am Fuße des Höhenrückens.
Der prächtige Stadtpalast markiert das Zentrum der Altstadt. In dem Gebäude sind heute die Büros der Distriktverwaltung von Alwar untergebracht. Einige Palastbereiche, wie etwa die Durbar-Halle, können mit einer Besuchererlaubnis besichtigt werden. Die Extravaganz der früheren Herrscher von Alwar zeigt sich vor allem im Museum im obersten Stockwerk des Palastes. Unter den Ausstellungsstücken finden sich seltene Handschriften, Waffen, Ministurmalereien und wertvolle Kunstgegenstände.
Das Stadtpalast-Museum gibt einen herrlichen Blick auf das Moosi Maharani ki Chhatri frei, ein Ehrengrabmal, das als Meisterwerk der indo-islamischen Baukunst gilt. Die Gedenkstätte trägt den Namen der Frau eines früheren Herrschers, die hier das sati vollzog, d.h. sich nach dem Tode ihres Gemahls verbrannte. Vinay Vilas Mahal und Company Bagh zählen zu den schönsten Gärten Alwars. Beide Parkanlagen erhielten früher ihr Wasser über den Siliserh-Aquädukt, der jetzt leider völlig dem Verfall preisgegeben ist.
Sehenswert sind auch der alte Bahnhof und Gateh Jung Gumbad mit ihrem herrlichen Maßwerk. Der Vijay-Mandir-Palast war die Residenz der ersten Prinzen von Alwar. Er gibt interessante Einblicke in das Leben seiner blaublütigen Bewohner.
Am Stadtausgang an der Straße nach Jaipur erhebt sich die Moti-Doongri-Festung. die von Jai Singh, dem exzentrischen, aber in Alwar sehr beliebten Herrscher, erbaut wurde.
 

Festungsmauern in Alwar (Reisebericht)
Exotik nenne ich das tägliche, oft genug steinharte Brot derer, denen ich selbst Fremder bin. Exotik, so lerne ich in der Fremde, beflügelt meine Phantasie. Die alte Festung im Rücken, saß ich auf dem Hügel über der Stadt und ließ meine herabbaumeln. Daheim hätte ich sicher nichts Außergewöhnliches erwartet, hätte die Aussicht genossen und schließlich den Rückweg angetreten, so wie ich gekommen war. Hier jedoch saß ich auf einem indischen Hügel, war umgeben von indischem Alltag, von dem also, was ich Exotik nenne. Die lässig herabbaumelnden Beine gaben meinem Äußeren das, was meine innere Erwartung nicht teilen konnte. So war ich nicht erschrocken, als ich plötzlich hinter mit eine kräftige Stimme hörte.

Was er gesagt habe, fragte ich den Soldaten, der da in englischer Sprache mit starkem indischen Akzent gerade so auf mich eingeredet hatte, als wäre ich seit langem mit ihm vertraut gewesen. ,,Sprichst Du kein Englisch?“ fauchte er mich an. Er war darüber verärgert, daß ich ihm nicht gleich meine volle Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Er wiederholte. Abermals bereitete es mir Mühe, vollständig zu verstehen, was ungefähr heißen mußte: wie kann es sein, daß der Mensch hier sitzt und die Natur, die Stadt, all das sieht und begreift? - ? Hätte ich ihm wort für Wort folgen können, so wäre mir das Gesagte sicher nicht weniger sinnlos erschienen als diese Bruchstücke. ,,Stimmt!“ antwortete ich, um mir ein wenig Zeit zu geben, die Situation auszuloten. Ich vermochte mich nicht gegen meine eben noch scheinbar gelangweilte Phantasie zu wehren, die mir verbot, den Spinner gar nicht zu beachten.

Unser Gespräch ging dann sehr normal weiter, was unter diesen Umständen heißen soll: der Soldat stellte mir Fragen über Fragen, stellte sie schneller als ich sie hätte beantworten können. Ungeduldig und barsch redete er mit mir, ganz so, als hätte ich ihn angesprochen und in seinen Überlegungen gestört. ,,Woher kommst Du?“,,Aus Deutschland.“ Ach, aus Deutschland. Er sei ein großer Verehrer von Karl Marx. Die nächsten Fragen hörte ich schon kaum mehr, denn ich stellte mir vor, wie er dort oben in der Festung ein kleines Kämmerchen mit Manuskripten, Hand-zetteln, Raubdrucken und mindestens zwei Hindiausgaben des Marxschen Gesamtwerkes teilte. Soweit meine Phantasie. Er sprach dann auch von Hitler als großem Helden und löschte damit mein sich vervollständigendes Bild von dem geheimnisvollen Innenleben der Festung.

Ich muß vielleicht noch erwähnen, daß es den Einheimischen bei Strafe verboten ist, dort hinaufzugehen. Ich hatte es selbst versucht und war, da ich keine schriftliche Erlaubnis in Händen hatte, abgewiesen worden. Daraufhin hatte ich mich hierher gesetzt, meinen kleinen Triumph feiernd, doch wenigstens bis zu den Toren der Festung gelangt zu sein, und gerade begonnen, mir meine Gedanken über das Mysterium der Festung zu machen, als dieser Soldat mit seinen stechenden Augen erschien.

Meine Ansicht über Gott wollte er wissen. Was sollte ich sagen, ohne den Soldaten in irgendeiner Form zu verletzen? Abermals half er selbst mir aus der Klemme, in die er mich gebracht hatte. ,,Ich leide“, sagte er. ,,Mein Leiden ist nicht physischer oder ökonomischer Natur. Ich leide psychisch.“– Sagt er’ selbst! Er ist ein Spinner. Wieder wollte ich meine Phantasie, die aus der Situation ein großartiges Erlebnis zu ziehen suchte, mit einer plausiblen, nüchternen Erklärung besänftigen, die andererseits meine hohe Erwartung an die exotische Umwelt enttäuscht hätte. Erneut begann er, von der Natur, der Stadt und von Gott, dem Schöpfer aller Dinge, zu sprechen. Aber ich verstand ihn einfach nicht. Er ließ keinen Zweifel daran, daß Gott sein Schöpfer sei, aber gleichzeitig hieß sein Problem, ob Gott Schöpfer sei. Ein schizophrenes Problem, das keine Lösung hat und von dem ich annahm, daß er es in eher meditativer Methode behandelte, die weit entfernt von meiner Denkari liegen mußte. Irre war er also auch nicht.

Ich sollte nicht erfahren, was er eigentlich von mir wollte. Bevor er ging, fragte ich ihm noch, wieviele Soldaten denn in dem Fort seien. ,,Mehr als sieben“, gab er nach einigem Überlegen zur Antwort. Keiner seiner Sätze war mir rätselhafter erschienen als dieser. Worüber sie wachen, das konnte oder wollte er mir nicht sagen. Unten im Ort fragte ich nochmals nach der Aufgabe der oben stationierten Soldaten. ,,Vielleicht wachen sie darüber, daß niemand auf die andere Seite des Berges schout“, war die nichtsahnende Antwort. Jedenfalls seien die Soldaten schon seit dem Abrücken der Engländer da. Dino Buzattis Festung in der Tartarenwüste. Ein Tag in Indien war wie erlebte Literatur.

 

Beginn einer Rajasthen Reise via Alwar (Ein Reisebericht aus dem Jahr 1975)


Hinter den Grenzen Rajasthans laufen die Aravallis unweit ihrer höchsten Erhebung, dem Guru Shikhar (1722 m), in die Ebenen von Gujarat aus.Wir beginnen unsere Fahrt in Delhi, dem wohl günstigsten Ausgangspunkt für eine Reise durch Rajasthan.
Delhi – Alwar 164 km (via Gurgaon). Der Interstate Bus Terminal in Delhi gleicht einem überdimensionalen Parkhaus, bei dessen Betonwuchs Ästhetik gegen Funktionalität zurücktritt. Legionen von Rikshaw- und Scooterfahrern, Verkäufern und Reisenden sorgen jedoch dafür, daß kein Gefühl von Kälte entsteht. In Indien lebt alles, wird auch Beton lebendig durch seine Umwelt. Dieses Leben hinterläßt seine oft zu aufdringlichen Spuren: den Betelsabber neben dem Fahrkartenschalter, Abwasserrinnen, beißenden Holzkohlenqualm aus den Teestuben. Was ist leichter als dieses Leben zu lieben und seine Spuren zu hassen?
Wir vertreiben uns die Zeit bis zur Abfahrt des Busses mit einer Unterhaltung über die Provinzialität der indischen Hauptstadt. Liebenswürdig, zugegeben. Aber als Hauptstadt? Rückständig einerseits, die Makel der Moderne andererseits. Kastensystem und Luftverschmutzung, Lepra und Herzinfarkt. Erst nach unserer Reise durch die Provinz soll uns Delhis Fortschrittlichkeit auffallen.
Das Eintreffen des Busses nimmt uns weitere Überlegungen ab. Wir haben uns geeinigt: kommt der Bus nach Alwar zuerst, fahren wir nach Alwar, trifft der nach Bharatpur früher ein, geht’s dorthin. Wir fahren nach Alwar. In südlicher Richtung geht es durch Staub und Abgase Delhis. Die Stadt mit ihren weit ins Land getriebenen Vororten und den allgegenwärtigen Gewühl scheint endlos. Dann überqueren wir die Staatsgrenze Haryanas. Entlang der Straße zieht sich das, was zumindest dem Busfenster nach den trostlosesten Flecken Erde aussieht: Gurgaon, Sohna, Firozpur. Baumpflanzungen und Blumenbeete erhellen das sonst düstere Bild ein wenig.
Jene kräftigen Gestalten mit aufgedunsenen Gesichtern, die seit sie in Delhi in den Bus gestiegen sind, andere Reisende mit spöttischen Bemerkungen zu provozieren suchen, sie scheinen uns ein Abbild der zwar fruchtbaren, gleichzeitig aber aggressionsgeladenen Ebene zu sein. Wie oft haben wir in den Zeitungen von Kastenunruhen in Haryana oder Bihar gelesen, wie ungern erinnere ich mich an den Teil meiner ersten Indienfahrt, als ich mich bemühte, mein Auto durch das Menschendickicht von Moradabad, Patna oder Kanpur zu lenken!
Ebenso gut könnte man von der Spitze eines Karnevalszuges bis zu dessen Ende fahren. Der Anführer jener Gruppe sieht uns lange Zeit unverwandt an und schläft dann ein, um erst kurz vor der Grenze Rajasthans aufzuwachen und unter Grölen mit seinen Kumpanen den Bus zu verlassen.
Rajasthan empfängt uns freundlicher. Westlich der Straße sehen wir erste Hügel der Aravallis. Schon hier begegnen uns die typischen Merkmale dieses Staates: Kamele, Lehmdörfer, die roten Tücher der Frauen, Turbane, Ochsen, die, eine Rampe hinunterlaufend, Eimer mit Grundwasser aus der Tiefe holen. Am späten Nachmittag treffen wir in Alwar ein.

Alwar
Distrikthauptstadt
Höhe ü. D. M.: 268m
Industrie und Handwerk: Mineralvorkommen; Töpferwaren
Transport: Bus, Zug; Rikshaw, Scooter, Tongas vom Massentourismus unberührt.
Tourist Information: Department of Public Relations nahe dem Company Garden
Stadtbild. Von der hohen Zuwachsrate der Bevölkerung zeugen die eng gebauten Vororte sowie die Neustadt, die zwar sauberer, aber nicht minder öde und gesichtslos wirkt als die anderer indischer Städte. Ungewohnter ist da schon der Anblick der Schweine, die in den Rinnsteinen suhlen. Schweine werden in einer vom Staat geleiteten Farm gezüchtet. Das Fleisch wird in Alwar verarbeitet und von hier vor allem nach Südindien geliefert, wo weniger strenge Essensvorschriften den Verzehr von Schweinefleisch gestatten. Vom Busbahnhof fahren wir mit der Rikshaw wie auf dem Präsentierteller zum Hotel. Wir hätten auch laufen können mit unserem Gepäck, uns durchfragen zum Hotel. Kaum 10 Minuten später hätte die Geschichte von zwei rucksackschleppenden, geizigen Ausländern ihre Runde um die Stadt gemacht. So aber erzählt man sich allein von zwei Neuankömmlingen. Es kommen nur wenige Touristen nach Alwar, und so steht jeder Fremde viel eher noch im Blickpunkt, als dies ohnehin in Indien der Fall ist. Da wir nicht nochmals den Gaffern ausgesetzt sein möchten, bleiben wir den Rest des Tages im Hotel, wo uns ein zwölfjähriger Diener in die Geheimnisse der Küche Rajasthans einzuführen versuchte.

Geschichte.
Die Kachwaha-Rajputen, die 1192 von dem Türken Aibak aus Gwalior vertrieben wurden, siedelten sich im heutigen Jaipur- und Alwar-Distrikt an. 1771 gründete Rao Pratap Singh, ein Mitglied die ses Kachwaha-Clans, den Staat Alwar. Die gleichnamige Stadt wurde erst 1775 erbaut. In den Kriegen gegen die Marathen unter stützte Alwar die Truppen der Engländer. Als Dank erkannte Lord Lake 1803 die Unabhängigkeit des Staates an. Alwar blieb ein eigenständiges Fürstentum, bis es an 17. März 1948 dem unabhängigen Indien beitrat.
Wegen großer Mineralvorkommen im Alwar-Distrikt wächst die Einwohnerzahl allein durch Zuwanderer rasch. Alwar erhält dabei mehr und mehr den Charakter einer Industriestadt.
,,You want Aloo Matter? “Daß wir etwas wollen, ist klar. Aber was mag Aloo Matter sein? Unsere fragenden Gesichter bringen den Jungen auf die Idee, daß wir vielleicht lieber Matter Paneer hätten. Doch damit wissen wir ebenso wenig anzufangen. Der Junge stürmt nach darußen und kehrt fünf Minuten später mit einer Speisekarte zurück. Noch mehr unbekannte Begriffe. Wir zeigen auf ein paar Gerichte, er grinst und holt zu unserer Rettung den Manager. Wir hatten eine unmögliche Speisenkombination gewählt, eine Bestellung, die der Diener nicht ohne Protest an die Küche hätte weitergeben können. Am nächsten Morgen brechen wir zum Stadtpalast auf. Der Spießrutenlauf vom Vortag setzt sich in umgekehrter Richtung fort. Bei unserem Anblick verstummen selbst die geschwätzigsten Händler, die auf ausgebreiteten Tüchern oder Teppichen in ihren Geschäften hocken und mit den Kunden Neuigkeiten austauschen. In den alten Bezarstraßen lenken uns die Häuser aus dem 18. Jahrhundert von dem Gedanken ab, selbst Schauobjekt zu sein. Immer wieder lohnt auch ein Blick in die oberen Stockwerke. Langes Verweilen ist jedoch kaum möglich, da ein reger Fahrradverkehr im Altstadtbezirk allzu häufig zum Ausweichen zwingt. Neben dem Linksfahrgebot existiert in Indien nur die eine – wenn auch ungeschriebene – Verkehrsregel, die Lastwagen an den Anfang und Fußgänger ans Ende der Rangfolge stellt. Interessant sind dabei die verschiedenen Untergruppen bzw. die Ausnahmen von dieser Regelung. Der sein Fahrrad schiebende Fußgänger hat mehr Rechte als ein ,,normaler“ Fußgänger, weniger dagegen als ein fahrender Radfahrer. Andererseits wird der standesbewußte Beamte oder Student, auch wenn er läuft, keinem radfahrenden Arbeiter aus weichen, selbst wenn sich dieser noch so sehr abstrampelt.
Endlich am Hof des Stadtpalastes, dem Kachcheri, angelangt, ziehen wir bereits eine beträchtliche Schar Kinder hinter uns her, die jedoch angesichts des Kachcheri (Gericht) kehrtmacht. Hier sitzen unter riesigen Baumkronen die Beamten, die in den im Stadtpalast untergebrachten Behörden arbeiten, und halten ihre diversen Teepausen. Abseits davon hocken Bauern und warten auf die nächsten Büroöffnungszeiten. Wenn auch die Kulissen andere sind, die Handlung ist die gleiche wie in deutschen Amtsstuben. Auf dem Weg zum Museum im obersten Stockwerk des Palastes wird hier und da ein Blick frei auf Türme von Akten, deren Inhalt sicher niemandem geläufig ist. Der Stolz des Museums ist ein 1833 begonnener und 1848 fertiggestellter Gulistan (,,Rosengarten“) des persischen Dichters Sa’adi sowie eine 24 m lange Rolle mit einer Abschrift der Bhagavadgita. Die Bibliothek enthält weitere 7000, zum Teil illustrierte Manuskripte. Daneben sind noch die Rüstungen und verzierten Waffen erwähnenswert, die zumeist aus Persien stammen. Einige davon wurden auch, von Persien beeinflußt, in Alwar hergestellt. Im ersten Raum des Museums wird neben allerlei Krimskrams wie einer Büste aus Sevilla, einem alten Fahrrad und einem ausgestopften Tiger eine schön gearbeitete Veena, eine südindische Laute, gezeigt. Der Gesamteindruck des Museums ist etwa der eines Flohmarktes.
Vom Dach des Palastes hat man einen lohnenden Ausblick auf die Stadt. Wie auch bei vielen Minaretten hat die niedrige Brüstung des Daches eine rein optische Funktion. Hätte man sie höher gezogen, dann hätten die Verzierungen ihren Reiz verloren. So aber gab man Schönheit den Vorzug vor Zweckmäßigkeit.
Als seit der Mitte des 18. Jahrhunderts die Moghulherrschaft mehr und mehr an Kraft verlor, begannen sich überall im Land lokale Stilrichtungen in den bildenden Künsten auf der Basis von Moghulelementen zu entwickeln. Der Stadtpalast von Alwar aus dem frühen 19. Jahrhundert stellt eine harmonische Verbindung von Moghul- und Rajputarchitektur her. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die bengalischen Dächer der Schreine am Westufer des Sagars, des Sees hinter dem Palast. Kaiser Aurangzeb, der letzte große Moghulkaiser und fanatische Moslem, entließ bei seinem Amtsantritt sämtliche hinduistischen Künstler von seinem Hof, darunter auch Architekten aus Bengalen, die die aus einer Bembuskonstruktion entwickelte Dachform nach Delhi gebracht hatten. Viele Künstler fanden dann in den rajputischen Fürstentümern neue Wirkungskreise, so auch in Alwar.
Der See mit seinen Badeplätzen ist ein geeigneter Ort für eine Ruhepause während der Stadtbesichtigung. An der Südseite des Sagars steht ein Marmorchhattri, das Grabmal des Maharao Bhaktawar Singh (1781 – 1815). Solche Chhattris, wie sie uns in Rajasthan noch häufig begegnen, werden, konnten im hinduistischen Indien, wo die Asche des Verstorbenen dem Fluß übergeben wird, nur unter dem Einfluß des Islam entstehen. Die Konstruktion dieser Bauten in Rajasthan ist dabei so eintönig, daß man sicherlich nach zwei, drei Beispielen des Interesse an den Chhattris verliert. Wir werden dennoch im Verlauf der Weiterreise auf andere Grabmäler hinweisen.
Nordwestlich des Sagars, nur wenige Meter von diesem entfernt, führt ein gepflasterter Weg zum etwa 200 m hohen Hügel mit der mittelalterlichen Festung. Eine Erlaubnis zur Besichtigung der Festung, in der heute Soldaten stationiert sind, erhält man im Museum. Nur der erste Teil des Weges, vorbei an einem Badeplatz und einer Einsiedelei mit einem Tempel bis hin zu einer Baumgruppe, ist ziemlich steil. Weiter oberhalb hat man einen ersten Ausblick auf Alwar und den etwa 10 km entfernten Jaisamand-See. Hinter einem Bheiroschrein beginnt links und rechts vom Weg Dornengestrüpp. Für den, der keine Erlaubnis zur Besichtigung der Festung hat, lohnt der weitere Aufstieg nicht, weil man auch weiter oben keinen Ausblick auf die Landschaft jenseits des Hügels hat. Mehr als diese Aussicht bietet die Festung auch nicht. Ein anderer Spaziergang führt vom Jagdschloß auf dem der Burg gegenüberliegenden Hügel in nördlicher Richtung.
Ausflüge. Vorbei an Schulen und Bungalows verläßt man Alwar auf der Straße nach Jaipur. Bäume und Sträucher säumen die Straße, die bald an Getreidefeldern am Fuß von Berghängen entlangführt. Im Bus sitzend, mag man gar nicht glauben, wie erfrischend hier die Luft selbst in den Sommermonaten sein kann. Um die Landschaft richtig genießen zu können, sollte man zumindest einen Scooter, besser noch ein Fahrrad zu den Seen von Jaisamand und Siliserh mieten. Der Weg zum Jaisamand-See zweigt etwa 10 km hinter Alwar links von der Hauptstraße ab. Etwa einen Kilometer weiter auf der Straße nach Jaipur führt rechts eine Schotterstraße nach Siliserh (13 km von Alwar). Der 10 qkm große Siliserh-Stausee ist reich an Fischen, die jedoch bei zu niedrigem Wasserstand an der Wasseroberfläche liegend vor sich hin stinken. In den Wintermonaten findet man am See seltene Vogelarten. Aber auch in den übrigen Jahreszeiten sieht man in Siliserh Schmetter-linge und Vögel. Ein ehemaliger Palast am Seeufer wurde zum ,,State Hotel“ umgebaut. Eine weniger kostspielige Rast kann man in der gemütlichen Teestube kurz vor dem See einlegen und dabei zum Zeitvertreib den Wasserbüffeln beim Bad zusehen.
Nach Sariska, dem wohl bekanntesten Wildreservat Rajasthans, sollte man ein Auto mieten (Sariska 35 km hinter Alwar auf der Straße nach Jaipur). Auch der Bus nach Jaipur halt am Sariska Palace Hotel, das am Eingang des Parks steht. Von unberührter Natur darf man schon angesichts der Straße nicht mehr sprechen, doch hat die Landschaft innerhalb der Umzäunung des Naturschutzparks etwas von wilder Romantik bewahrt.

Der 479 qkm große Sariska-Park wurde 1955 eingerichtet. Er war einst berühmt wegen seines Bestandes an vierhörnigen Antilopen, Tigern und Leoparden, doch wurden zumindest die Raubkatzen durch allzu großen Jagdeifer völlig ausgerottet. Wer dennoch, den Beteuerungen des Wildlife Department folgend, im ,,Tiger Tower“ der Tiger harren will, die da kommen mögen, der soll sich in den Trockenmonaten März bis Mai auf die Lauer legen. Der Tiger Tower war mal für nächtliche Beobachtungen mit Matratzen ausgerüstet. Im Winter mußte man zudem an Wolldecken denken. Der Nachtbesuch ist aber leider nicht mehr zugelassen.
In den frühen Morgenstunden und vor Sonnenuntergang kann man im Jeep Streifzüge unternehmen. Abseits der asphaltierten Straße, die durch den Park führt, wird man an den Wasserstellen auf einiges Wild stoßen. Im Dezember und Januar findet man hier auch Zugvögel aus Sibirien. Überdies ist der mit Bäumen, Büschen und sogar Palmen bewachsene Sariska-Park auch landschaftlich reizvoll, solange man keine zu hohen Erwartungen stellt, was die Dichte des Baumbestands anbelangt. Nach weiteren 25 km auf der Strecke nach Jaipur gelangt man nach Virathnagar, wo Reste des Stupa von Bairath aus der Maurya-Zeit (320-185 v. Chr.) erhalten sind. Östlich von Alwar liegen die Städte Deeg und Bharatpur, die man am besten mit dem Bus erreicht.
Alwar – Bharatpur 108 km (via Deeg). Unser mittlerweile liebgewonnener Hotelboy aus Alwar mit seiner Angewohnheit, den Namen Bharatpur zu einem kurzen ,,Brrtprr“ zusammenzuziehen und das ,,breakfast“ auf ,,brrkpt“ zu verkürzen, hatte uns noch einige Male in Verlegenheit gebracht: wann wollte er wissen, ob wir abreisen, wann ging es um die Bestellung des Frühstücks? Sagten wir ,,Ja“ und fügten hinzu ,,zwei Eier mit Toast“, dann war ihm offensichtlich nicht klar, was die Eier mit Bharatpur zu tun hatten. Heute wollen wir kein Frühstück, sondern brechen wirklich nach ,,Brrtprr“ auf. Landschaftlich schön ist zunächst nur die Strecke zwischen Alwar und der Straßengabelung nach Delhi. Dahinter verlieren wir die Ausblicke auf die Berge, und unmerklich fällt die Straße aus dem Plateau in die Ebene ab. 76 km von Alwar entfernt liegt Deeg, eine Kleinstadt mit Palästen und Gartenanlagen aus dem 18. Jhdt. Da häufig Busse zwischen Deeg und Bharatpur verkehren, läßt sich die Fahrt nach Bharatpur ohne weiteres in Deeg unterbrechen. Auch eine Weiterfahrt nach Agra über Mathura ist von hier möglich.
Hinter Deeg sieht man wieder Hügel, letzte Ausläufer der Aravallis. Das unkultivierte Land bietet eine willkommene Abwechslung, nachdem sich die Straße zuvor kilometerweit an brachliegenden Feldern vorbeizog.
In Bharatpur empfangen uns die Rikshaw -und Tongafahrer, die sich längst auf den regen Touristenverkehr eingestellt haben, mit einem ,,Bird Sanctuary, Mister?“. Zwar sind es vom Busbahnhof zum Vogelschutzgebiet nur 3 km, aber mit Gepäck wird es schwierig.
Bharatpur – Jaipur 174 km (via Dausa). Lange Zeit fahren wir durch uninteressantes Flachland. Erst hinter Mahwa (60 km) kommen wieder Hügel der Aravallis is Sich. Nach 123 km erreichen wir Dausa zu einer Teepause. Solchen Pausen sehen wir meist mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits freut sich die Sitzfläche auf eine Erholung, andererseits werden wir gerade in den kleinen Orten so eindringlich bestaunt, daß wir uns im Bus immer noch besser aufgehoben fühlen. Schließlich gewöhnt man sich aber ans Begafftwerden, doch läuft die Pause auf nichts anderes hinaus, als daß man sich im nächsten Laden wieder zu einem Tee hinsetzt. Auf ein Hupen des Fahrers springt die gesamte Busmannschaft auf, um sich in Panik durch die Eingangstür zu quetschen und dort geduldig auf Nachzügler zu warten. In der Regel stellt dann noch ein Reisender fest, daß er sich im falschen Bus befindet. Es ist also ratsam, sich den Klang der jeweils zuständigen Hupe zu merken.

Nordwestlich von Dausa, jedoch weit abseits der Straße, bildet der Banganga-Fluß in Regenzeiten zwei Seen. Hinter dem Ort ist die Landschaft erneut eintönig. Erst kurz vor Jaipur führt ein Paß zur Schlucht von Galta, die für viele öde Kilometer entschädigt. Zwischen den Chhattris und Tempeln tummeln sich Touristengruppen; die Busse der Reiseunternehmen verstopfen die enge Straße. Jenseits der Schlucht beginnen schmutzige Vororte Jaipurs.
Alwar – Jaipur 141 km (via Shahpura). Wer nur wenig Zeit für Rajasthan zur Verfügung hat, der sollte gegenüber dem Umweg über Bharatpur diese Strecke nach Jaipur vorziehen. Sie führt auf ihrer gesamten Länge durch die Aravalliberge und ist eine der schönsten Strecken Rajasthans. Dieser Hinweis kann natürlich nur dann befolgt werden, wenn man nicht beabsichtigt, Agra, Mathura und Fatehpur Sikri im Nachbarstaat Uttar Pradesh zu besuchen.
Die Straße führt zunächst vorbei an Jaisamand, Siliserh und Sariska Hinter Thana Ghazi (42 km) erreicht man den schönsten Streckenabschnitt. Links und rechts der Straße sieht man Umzäunungen des Sariska-Parks. 27 km hinter Virathnagar trifft der State Highway SH 13 auf den National Highway NH 6 aus Delhi. Die Straße liegt nun nicht mehr so eng in die Aravallis eingebettet, doch bleiben die Berge in Sicht. Hier wird das Land wieder bebaut. Entlang des Highways stehen Eukalyptusbäume. 128 km hinter Alwar erreichen wir Amber. (Zu Amber und dem weiteren Streckenverlauf siehe Jaipur.)

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