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Rajasthan Rundreisen |
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Mount Abu (Rajasthan - Indien)
Mount Abu Tempel in Rajasthan
- Sehenswürdigkeiten von Mount Abu -
Dilwara-Tempel - Achaleshvara Tempel
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Etwa 1200 m
hebt sich im Süden der Aravallikette das Plateau von Mount
Abu aus der hitzeflimmernden Ebene und bildet mit der
reizvoll um einen See gelegenen Ortschaft ein beliebtes
Ziel einheimischer Touristen während der heißen
Vormonsunzeit (Mai-Juni). Bereits die Briten hatten hier
eine ihrer Hillstations eingerichtet. Die Geschichte der
Bergregion verliert sich in den Mythen der Vorzeit und ist
unter anderem eng mit der Entstehungslegende einiger
Rajputenclans verbunden, deren Ahnen durch den Weisen
Vishvamitra anläßlich einer Opferzeremonie aus einem
Feuerloch geschaffen wurden. Der südlich der Ortschaft Abu
gelegene Tempel Gaumukh (Kuhmaul) erinnert mit seinem Tank
Agni Kund (Feuerteich) und der von Krischna und Rama
flankierten Statue des Weisen noch an jenes legendäre
Ereignis.
Der Name Abu geht auf die Schlange Arbuda zurück, die
Kamadhenu, die Kuh des Überflusses, aus einer Grube
rettete. Diese war aus der Quirlung des Milchmeers durch
die Götter hervorgegangen und gilt als Symbol für die
Fruchtbarkeit und den Reichtum Nordindiens in damaliger
Zeit. Auch den Jains ist das bis zu 1722 m ansteigende
Gebirgsmassiv, das höchste zwischen dem Himalaya im Norden
und den Nilgiri-Bergen im Sueden, seit Urzeiten heilig und
einer der vier Kardinlpunkte ihrer Religion (die anderen
drei sind Girnar , Shatrunjaya ( beide in Gujarat) und
Sameta Shikhara in Bihar).
Mount
Abu (Distrikt Sirohi) Höhe ü.d.M.: 1219 m
Industrie u. Handwerk:-
Transport: Taxis Beliebt bei einheimischen & ausländischen
Touristen; Sommersaison: 15,3 – 30.6,; Juli bis September
Regenzeit; Herbstsaison: 15.9. – 15.11. In der Saison
steigen die Hotelpreise bis auf das Doppelte.
Der Dilwara-Tempel
Von kunsthistorischem Interesse sind vor allem die
einzigartigen Jaintempel von Dilwara, die Oberst James
Tod, Gesandter in Rajasthan und Verfasser der Annals and
Antiquities of Rajasthan, Ende letzten Jahrhunderts in
einem Atemzug mit dem Taj Mahal nannte. Der von Mauern
umschlossene Komplex etwa 6 km nordöstlich der Ortschaft
Mt. Abu (Zutritt nur nachmittags, strenges Fotoverbot)
besteht aus vier Tempeln unterschiedlichen Datums. Das
älteste Heiligtum, der Vimalatempel, der bereits 1032 nach
14jaehriger Bauzeit geweiht wurde, verkörpert den
Höhepunkt der Solanki-Architektur, einer durch die
gleichnamige Dynastie (765-1197) geförderten lokalen
Stilrichtung im westlichen Indien. Kennzeichnend sind neue
Konstruktionsprinzipien im Tempelbau, vor allem aber die
atemberaubende Weise, in der sich die Plastik in
handwerklich höchster Vollendung barock entfaltet, die
hinduistische Götterwelt zum Leben erweckt und in
überschwenglicher Erzählfreude die unerschöpfliche
Vielfalt der Epen und Mythen an Pfeilern, Kuppeln und
Friesen darstellt. Der Adinatha geweihte Tempel wurde von
Vimala Shah gestiftet einem reichen Kaufmann aus Gujarat
und Minister unter König Bhima Dev I. Vor Baubeginn mußte
er vom lokalen Herrscher Dhara das Grundstück, das vorher
Shiva heilig war, erwerben – und zwar indem er die
Bodenfläche mit Silbermünzen bedeckte! 14 Jahre lang waren
1500 Künstler und 1200 Arbeiter unter der Aufsicht des
damals berühmtesten Architekten Kirthidar damit
beschäftigt, dieses Meisterwerk aus dem fast transparent
wirkenden weissen Marmor der 20 km entfernten Steinbrüche
von Arasoori zu schaffen.
Im Jahre 1311 wurde das Heiligtum, wie auch die anderen
Tempel der Anlage, durch Ala-ud-Din Khilji, den
Muslimherrscher aus Delhi, erheblich zerstört, dann wieder
liebevoll und sachkundig restauriert. Der 33 m lange und
14 m breite Bau besteht aus Sanktuarium, geschlossenem
Vorraum, einer vorgelagerten schmalen Säulenhalle, die
alle auf einer gemeinsamen Plattform ruhen, und der
ebenerdig zwischen Eingang und Cella eingefügte Tanzhalle.
Umgeben ist dieser zentrale Bereich von einer etwas erhöht
verlaufenden Galerie mit doppelter Säulenstellung und
insgesamt 57 in die Wand eingelassenen Zellen, in denen
die recht uniformen Figuren der Tirthankaras (Furbereiter)
ihren Platz haben. Umso prachtvoller und
abwechslungsreicher ist hingegen der Deckenbereich
gestaltet. (Der Rundgang erfolgt üblicherweise im
Uhrzeigersinn entsprechend der Zellennumerierung.)
In Zelle 1 befindet sich das Idol des Neminatha, des 22.
Tirthankara, der an seinem Hochzeitstag der Welt entsagte
und auf dem Mount Girnar als Asket die höchste Stufe der
Heiligkeit erlangte. An der Decke Lotosblüten, Löwen,
Tänzer und Musikanten. Ähnlich gestaltet sind die
Eckenrosetten der folgenden Schreine, bereichert durch
Vögel und Frauen mit Opfergaben. Über der Zelle Nr. 8
predigt ein Acharya, ein Meister, über der folgenden sind
die wichtigsten Momente im Leben eines Furtberiters
dargestellt (Geburt, Verzicht, Erlangung der Erkenntnis,
Erlösung). Bei Zelle 10 erfährt der Betrachter einige
Episoden aus dem Leben Neminathas (Spiel mit Vetter
Krishna und den Gopis, das Blasen von Krishnas
Muschelhorn, Hochzeitszug und Erlangung der Erkenntnis).
Über Zelle 11 findest sich eine schöne Darstellung einer
vierzehnarmigen Göttin. In der Ecke, zwischen den Zellen
22 und 23, hat ein Bildnis von Adinatha, dem ersten
Furthreiter, seinen Platz. Der Tempelstifter selbst soll
es, geleitet durch einen Traum, gefunden und dann hier
aufgestellt haben. Besondere Beachtung verdienen die
Arbeiten über Zelle 32.
Im Zentrum
besiegt Krishna den Schlangendemon Kaliya, umgeben von
einigen Schlangenköniginnen, oben spielt er mit seinem
Bruder Ball. Bei den Nummern 42 unten liegt er bewußtlos
im Schlangenpfuhl. Bei den Nummern 42 und 43 steht die
Gottheit Lakshmi im Mittelpunkt, begleitet von weiteren
Göttern wie Indra, Varuna, Yama und Kubera. Um die
Lotusblühte bei Zelle 44 reihen sich die Göttinnen
Saravasti, Lakshmi und Kali mit ihren Reittieren (Vahana).
Bei No. 49 begegnet uns im Zentrum des Lotos der Mannlöwe
(Narasimha), die vierte Inkarnation Vishnus, der den Dämon
Hiranyakashipu mit seinen Klauen tötet. Wir sind nun
wieder am Eingang und treten unter die grosse flache
Kuppel der von zwölf kunstvoll ornamentierten Säulen
gestützten Tanzhalle. Sie entstand erst im 12. Jh. und
wurde nur mit einer flachen, relative leichten Kragkuppel
abgedeckt, um so einen größeren Säulenabstand zu
ermöglichen. Um die einzelnen Ringe verlaufen Friese mit
Gänsen (Brahma und seine Gefährtin Sarasvati haben eine
Gans als Begleittier), Elefanten (einige halten mit den
Rüsseln Menschen umschlungen), Schwänen und Reitern, die
Speichen tragen die 16 Göttinnen der Weisheit. Die Säulen
sind mehrfach waagerecht gegliedert und durch geschwungene
ornamentierte Bögen verbunden. Den Eingang zum Heiligtum,
zu dem der Zutritt für Nichtgläubige untersagt ist,
bewachen zwei Figuren von Parshvanatha, dem Propheten der
Jains.
Vor dem Tempel liegt die eigenartig wirkende Säulenhalle
Hastishala, die ein Abkömmling des Vimala Shah Mitte des
12. Jh. als Denkmal für seine Familie erbaut hatte. In
drei Reihen wurden hier Elefanten aus Marmor aufgestellt.
Sie sind jedoch ebenso wie die Statue des Stifters Vimala
Shah von den muslimischen Turppen im Jahr 1311 stark
beschaedigt worden.
Stilistisch ganz ähnlich, jedoch 200 Jahre jünger ist der
etwas höher liegende Tejapala oder Luna Vasahi-Tempel. Er
wurde von den Brüdern Vastupal und Tejapal, einflußreichen
und vermögenden Ministern unter Raja Bhima Dev II. Von
Gujarat, in Gedenken an ihren Bruder Luna im Jahre 1230
gestiftet und dem Furbereiter Neminatha geweiht.
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Auch dieses Heiligtum wurde Opfer des muslimischen Überfalls
von 1311 und erhielt erst 1321 eine neue Kultfigur. Wieder
begegnet uns die überbordende Vielfalt plastischer Gestaltung;
teilweise wirkt sie in ihrer spätbarocken Ausprägung jedoch
etwas überladen, obwohl die einzelnen Arbeiten wunderbar sind.
Der rings um den Hof laufende Säulengang weist 52 den
Furtbereitern und Göttinnen geweihte Schreine auf.
Über Zelle 1 begrüsst uns die Muttergottheit Ambika, die bei
den Jains dem Neminatha als Botin dient. Über den Zellen 2 bis
6 begegnen uns Tänzerinnen, Schwäne und Pflanzen, bei Zelle 9
zeigt sich eine interessante Szene mit Booten, Fischen und dem
Tempel von Girnar, umgeben von Mönchen, Nonnen und Laien. Über
Zelle 11 wird wieder das Hochzeitsthema aus dem Leben des
Neminatha aufgegriffen, als er sich kurz vor der Eheschließung
dem Asketentum zuwandte. Vergeblich wartet seine Braut Rajmati
auf ihn. Zwischen den Zellen 14 und 16 wird das Leben von
Parshva und dem 16. Furtbereiter und Weltenherrscher Shanti
illustriert. Entlang der gesamten Ostwand ist die Galerie
durch Steingitter, hinter denen zehn Marmorelefanten
aufgereiht sind, verschlossen. (Die Jains haben ähnlich den
Hindus ihren Gottheiten Tragtiere zugeordnet. Der Elefant ist
der Begleiter (Lanchana) des zweiten Furbereiters Ajitanatha.)
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mount-abu-nakki-lake |
Mountabu-View |
Prunkstück des
Tempelinnern ist zweifellos die wie ein Lüster gestaltete
Kuppel über der Tanzhalle mit den 16 Göttinnen der Weisheit
auf den Konsolenträgern und 360 winzigen, im Kreis
angeordneten Figuren von Mönchen und 72 Tirthankaras.
Bemerkenswert auch die aus 108 Blättern geformte Lotosblüte im
Deckenbereich der südwestlichen Ecke der Tanzhalle. Auf jedem
Blütenblatt ist eine der Haltungen des klassischen indischen
Tanzes abgebildet. Der gegenüber dem Vimalaheiligtum liegende
Pittalhar-Tempel (15. Jh.) enthält ein Bronzebildnis des
Adinatha. Hinsichtlich der Dekoration kann er sich allerdings
nicht mit den beiden anderen Bauten messen, zumal er
offensichtlich unvollendet blieb. Unterhalb hat jenseits des
Zugangswegs der aus dem 15. Jh. stammende Kultbau des
Parshvanatha seinen Platz. Wie das Heiligtum von Ranakpur
weist er vier Tanzhallen und ein Sanktuarium mit vier
Eingängen auf und gehört damit zum Typus eines Chaumukhabaus.
Im Gegensatz zu Ranakpur sind die Mandapas hier aber noch
nicht durch Eckschreine zu einem geschlossenen Quadrat
verbunden und mit einer Mauer gegen die Außenwelt abgeschirmt.
Zur Dekoration gehören einige schöne Wächterfiguren aus grauem
Sandstein.
Der
Achaleshvara-Tempel
Das Shivaheiligtum liegt 11 km nördlich von Mount Abu, etwa 5
km entfernt von Dilwara zu Füssen des Forts Achalgarh an einem
kleinen künstlichen Tank. Das beliebte Pilgerziel soll gemäß
einer Inschrift bereits auf das 8. Jh. zurückgehen, wurde in
seiner heutigen Form jedoch 1234 durch die beiden Brüder, die
auch den Tejapala-Tempel in Dilwara gestiftet hatten,
gegründet. Berühmt ist der Bau durch die Zehe Shivas im
Hauptheiligtum und einer von dort ausgehenden Öffnung, die bis
in die Unterwelt reichen soll. Auch eine Figur der Parvati hat
im Sanktuarium ihren Platz.
Der aus Messing gearbeitete Nandi (1407) vor dem Hauptschrein
weist Narben muslimischer Übergriffe auf. Rings um das
Hauptgebäude reihen sich in dem von einer Mauer umschlossenen
Hof zahlreiche weiteren Gottheiten geweihte kleine
Heiligtümer, so etwa am Eingang links eines für Ganesh,
gegenüber ein Schrein für Surya. Interesse verdient vor allem
der links neben dem Haupttempel liegende Dwarka Mandir, an
dessen rechter Wand sich die aus dem Jahre 1237 stammende
erwähnte Stifterinschrift befindet. Im Innern eine
bemerkenswerte Darstellung des in Hinduheiligtümern selten
anzutreffenden Buddha, der als 9. Inkarnation Vishnus gilt. In
dieser Erscheinungsform tritt Vishnu im Derzeitigen duestern,
vom Niedergang gekennzeichneten Kali-Zeitalter (Kali-Yuga)
auf. Neben dem Haupttempel erhebt sich ein Bogen, unter dem
sich die Herrscher der Sirohi-Dynastie in Silber und Getreide
aufwiegen ließen, um dies dann als Spenden an die Bedürftigen
zu verteilen.
Am Ufer des angrenzenden Tanks trifft man auf eine
bemerkenswerte Skulpturengruppe von drei Wasserbüffeln und der
aus Marmor gefertigten Figur des Königs Daravarsha als
Bogenschuetzen. Der Legende nach soll er die drei Tiere,
hinter denen sich Dämonen verbargen, mit einem Schuss
durchbohrt haben, als sie den mit heiligem Ghee (geklaerte
Butter) gefüllten Tank leertranken. An mehreren Tempeln vorbei
führt ein Weg durch einige Befestigungstore steil den Berg
hinauf zu den spärlichen Überresten der von Rana Kumbha Mitta
des 15. Jh. angelegten Festung, von der aus später auch die
Herrscher von Sirohi sich erfolgreich gegen muslimische
Eroberungsversuche zur Wehr setzten. Der Aufstieg lohnt aber
höchstens wegen der Aussicht! Östlich der Aravallikette
schliessen sich von den Flüssen Banas und Chambal entwässerte
Hochebenen an, fruchtbare Agrarregionen, die von höheren
Regenmengen während der Monsunzeit profitieren, aber dennoch
vielfach auf künstliche Bewässerung angewiesen sind, entweder
aus dem verzweigten Flusssystem oder durch Brunnen. Befestigte
Städte und Forts findet man nur an herausgehobenen
Gebirgszügen, von denen aus sich die kriegerischen Bewohner
gegen Angriffe unliebsamer Nachbarn verteidigen könnten. Kein
Rajputen Fürst hätte es vor der Zentralherrschaft der Moguln
gewagt – zumindest ohne ein schützendes, auf einem Berg
gelegenes Fort im Rücken, seine Residenz in die Ebene zu
bauen. |
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Fahrt nach Mount Abu (Ein Reisebericht):
Udaipur – Mount
Abu 275 km (via Gogunda, Jharoli). Im Bus befinden sich mehrere
einheimische Urlauber, darunter Ehepaare auf Flitterwochen. Noch auf
dem Busbahnhof unterhalten wir uns mit einem Paar aus Kalkutta. In der
Zwischenzeit versuchen zwei noch bleichgesichtige Europäer, unter
gutgemeinten Ratschlägen ihr Gepäck im Wageninnern zu verstauen, da
ihnen ihr Filmmaterial auf dem Dach zu stark gefährdet scheint. Dabei
benehmen sie sich, als wären sie bereits mit einer Fahrt ins Sauerland
hoffnungslos überfordert.
Von der Landschaft gibt es zunächst nichts zu sehen, denn kaum hat
sich der Bus in Bewegung gestzt, stehen wir auch schon wieder aus
einem unerfindlichen Grund an der nächsten Straßenecke. Es wird Tee
getrunken, palavert, umhergelaufen wie gerade zwei Minuten zuvor.
Schließlich – wir haben kaum mehr zu hoffen gewagt – verlassen wir auf
der Straße nach Sadri doch noch die Stadt. Hinter Gogunda zweigen wir
auf eine westwärts führende Straße ab. Zwar ähnelt diese
Berglandschaft jener hinter Ranakpur, doch gibt es auch hier immer
wieder neue und überraschende Ausblicke. Eigenartige, vom Regen
rundgewaschene Felsformationen, wie wir sie bereits von Fotos aus
Mount Abu kennen, fallen und auf.
Bald fällt die Straße in die Ebene ab. In der Ferne erkennt man schon
die Bergkette von Mount Abu, die von den anderen Aravallibergen durch
einen 24 km breiten, ebenen Straifen deutlich getrennt ist. Durch die
Ebene fließt der Westliche Banas, der in Gujarat in der Rann of Kuchch
versickert. In südlicher Richtung fahren wir bis Abu Road am
Abu-Massiv entlang. Kurz vor der Eisenbahnstation Abu Road, einer
ungemütlich Ortschaft, begegnen uns wieder die bizarre geformten
Felsen. Im Ort füllt sich der Bus mit weiteren Urlaubern, die mit der
Bahn aus den Großstädten angereist sind und hier umsteigen müssen.
Unter den Pilgern, die ebenfalls hier zusteigen, befindet sich eine
merkwürdige Gestalt. Dieser Mann betritt den Bus und setzt sich auf
den nächstbesten Platz. von dem er sogleich wieder verscheucht wird.
Er hat einfach nicht bemerkt, daß dort schon jemand sitzt. Der gleiche
Vorgang wiederholt sich noch zweimal, dann hat der Pilger einen noch
freien Sitz gefunden, und hier sortiert er zunächst seinen Krempel,
den er bisher scheppernd hinter sich hergezogen hat: ein in
liebevoller Kleinarbeit gefertigter Dreizack aus Blech, ein
beschriftetes Blechschild (blau auf weißem Grund) und ein
Stoffeutelchen. Mit verschlafener Stan-Laurel-Miene blickt er im Bus
umher, während er seinen Dreizack gegen das linke Knie lehnt, einen
Beedi aus dem Beutel kramt, ihn glattstreicht, anzündet, den Dreizack
wieder aufnimmt, diesen – ohne es zu bemerken – haarschaft am Gesicht
des Nebenmannes vorbeizieht. Erneut scheppert es, als der Dreizack
gegen das Schild schägt. Die schnatternden Urlauber aus der Großstadt
beachten den Mann überhaupt nicht. Als wäre er für sie der Rest einer
absterbenden Welt, die sie vollends hinter sich lassen möchten, indem
sie ihre Relikte ingnorieren.
Von Abu Road sind es noch 10 km bis zum Fuß des Abu-Berges. Dann
schraubt sich der Bus in Spitzkehren über 18 km bis zum Erholungsort
Mount Abu auf 1219 m hinauf. Zunächst fahren wir am dünner bewachsenen
Osthang entlang. Je höher wir kommen, desto großartiger werden die
Ausblicke auf die Eben mit den Aravallis im Hintergrund. Dann taucht
die Straße unerwartet in eine uppige Vegetation ein. Palmen, Kakteen,
Bäume und Sträucher mit Blüten sind in dieser Vielfalt ein in ganz
Rajasthan ungewöhnlicher Anblick, der besonders die aus Richtung
Jodhpur, Jaisalmer oder Barmer kommenden Reisenden verblüffen muß.
Leider empfangen uns auch Unmengen von Reklameschildern, die für
Hotels oder Einkaufsmöglichkeiten werden. Auf mehreren Brücken
überqueren wir den Westlichen Banas, der das erfrischende
Landschaftsbild noch bekräftigt. Entlang der Straße stehen etliche
Schreine, darunter ein Abbild Hanumans, an dem der Bus hält, damit die
Pilger ihren Obulus entrichten können. Eine längere Rast wird am
Chipaberi Chowk eingelegt, wo stets eine Herde halbzahmer Languren
ihre Fütterung bei einem alten Grabmal unter Banyan-Bäumen erwartet.
Hier statten sich die Einheimischen mit Pullovern aus, was nicht
tatsächlich notwendig ist, ihnen aber offenbar ein intensiveres
Erleben dieses Urlaubs in den Bergen bereitet. Als wir vor Monaten im
noch winterlichen Delhi bei weit niedrigeren Temperaturen aus dem
Flugzeug ausstiegen, sahen wir bei den Indern die gleichen
buntgemusterten, beim Waschen eingelaufenen Pullover und auch jene
Wollmützen, die an Kraushaarperücken erinnern. Dort waren sie
nützlich, hier jedoch haben sie eine ähnliche Aufgabe wie …sagen wir,
wie der Zylinder beim Begräbnis – er gehört eben dazu.
Einen letzten Halt macht der Bus an der Mautstelle beim Orts eingang.
Hier werden die Reklametafeln penetrant, allen voran der Hinweis auf
das ,,Chacha Museum“, das sich später als einer der übelsten
Souvenirläden entpuppt. Am Busbahnhof streiten sich die Schlepper der
Hotels um neuangekommene Touristen. Das betrifft nicht nur uns
Ausländer, sondern auch die indischen Reisenden, die in der Regel ihr
Hotel auch nicht im voraus buchen.
Die Straße zum Erholungsort Mount Abu wurde 1908 für den Autoverkehr
eröffnet. Bis dahin gab es als Transportmittel zwischen Abu Road und
Mount nur Tongas. Heute erschwert der Straßenasphalt den Pferden den
Auf- und Abstiegs so sehr, daß Busse die Pferdekutschen völlig
verdrängt haben. Das ist bedauerlich, denn, so langsam der Bus auch
vorwärtskommt, es bleibt doch zu wenig Zeit für die Landschaft.
Stadtbild. Man stelle sich ein Plateau vor, ringsum vom Bergkegeln
umgeben, beinahe wie ein Krater, auf dessen Grund ein kleiner See
liegt. Hier und da zwischen den Kegeln gibt es tiefere Einschnitte.
Von dort kann man wohlbehütet von einer zwar nicht tropischen, dennoch
aber sehr dichten Vegetetion auf eine 1000 m tiefer liegende,
unermeßlich weite und trockene Ebene jenseits der Bergkegel
hinabblicken. Den Menschen dort unten kleben die von der Hitze
schweißnassen Kleider auf der Haut, doch hier oben ist es angenehm
kühl. Ein paradiesischer Ort, bei dem es nur zu verständlich ist, wenn
die Menschen sein Entstehen auf göttliches Walten zurückführen. Zu dem
sie zu Gottes Ehre pilgern mit dem unausgesprochenen Gedanken, dabei
ein paar paradiesische Tage verleben zu können. Das ist eine Seite
Mount Abus. Die andere Seite setzt sich aus Hotels, Souvenirläden,
Erfrischungsständen und sonstigem Urlaubsflitter zusammen.
Ganz wie in den einschlägigen Entsprechungen unserer Heimat (etwa Bad
Wiessee oder was es sonst an Bädern gibt) fragt man sich auch in Mount
Abu, was nun eigentlich die Urlauber anlockt: die Landschaft, also das
was einst die ersten Besucher bewogen hat herzukommen, oder die
lauthalse Betriebsamkeit, die doch eigentlich nur unliebsame
Randerscheinung sein sollte. Obendrein hat sich Mount Abu zu einem
Hort für Flitterwöchner entwickelt. Hier sind Turteleien auf offener
Straße erlaubt, was so ausgiebig in Anspruch genommen wird, daß man
unweigerlich an eine Brutfarm erinnert wird. Morgens wird in vollem
Wichs zum ersten Flaniergang auf-gebrochen, mittags in veränderter
Montur zum zweiten – vielleicht zu einer Bootsfahrt über den Nakhi-See,
Minnesänger im Boot eingeschlossen – und für den Abend muß das nächste
Kleid herhalten. So folgen auch hier die Menschen wie überall auf der
Welt den ehernen Gesetzen der Urlaubsfron.
Fragt man bei der Touristeninformation in Mount Abu nach den hiesigen
Sehenswürdigkeiten, dann bekommt man stliche Tempel, Schreine,
Eremitenhöhlen und Ashrams genannt, die würde man sie tatsächlich alle
aufsuchen, entsetzlich langweilen würden. Selbstverständlich haben die
Pilger der letzten Jahrhunderte etliche Spuren auf dem Berg Abu
hinterlassen, die durchaus interessant sein können, doch sollte man
sie eher als Beigaben sehen, die eine Wanderung durch die
faszinierende Landschaft noch ein wenig reizvoller machen. Wahrhaft
bedeutungsvoll und eigens einen Anmarsch wert sind unter diesen
Pilgerspuren allein die Tempel von Dilwara, von denen noch die Rede
sein wird. Andererseits findet man unter den religiösen Einrichtungen
einige, die in ihren zum Teil vom Tourismus infizierten Auswucherungen
bereits wieder sehenswert sind. Da wäre etwa der Shankar-Math-Tempel
mit seinem angeblich 38-t-schweren Lingam zu nennen oder das
,,Spiritual Museum“ (an der Stra ße vom Kino zum Bazar), dessen
Straßenreklame wir den Anschaulichkeit halber hier gerne im
Originaltext wiedergeben: Rajyoga Shivir Classes Daily, 9 to 11 am and
5 to 7 pm High Lights.
(1) Unique revelation about world reneval
(2) Real knowledge of world history
(3) What is the time by the world clock
(4) Reality about heaven and hell
(5) Sahajrajyoga the supreme-path to soul purification
(6) Secrets about Abu the supreme pilgrim centre Basis of Museum: All
pictures model & translights for this spiritual museum have been
prepared on the basis of experience of godly knowledge Sahaj Rajyoga &
divine visions (sakshatkar), bestowed upon us by incorporeal god
father Shiva. – Da sieh’ einer an!
Was kann man noch in Mount Abu unternehmen, nachdem man die göttliche
Wahrheit erkannt hat? Abu hat einen gemütlichen Bazar, und auch Rudern
auf dem Nakhi-See macht Spaß, das muß man bei aller Abneigung gegen
den Gondolieren-Verschnitt sagen. Der See, das ist leicht zu
verstehen, war schon immer Hauptanziehungspunkt für Eremiten. Ihre
Höhlenwohnungen oberhalb des Südufers sind so zahlreich, daß man mit
Mark Twains ,,Yankee aus Connecticut“ meinen könnte, der Wals sei
voller Einsiedler. Einer der Schreine, die die Einsiedler hier
errichteten, wuchs mit dem Hinzufügen weiterer Anbauten zu einem
großen Tempel mit Dharamshala heran, der Raghunath Mandir. Beim Tempel
liegt ein kleiner Teich, der Ram Kund, an dessen Ufer ein Pfad
vorbeiführt, der sogenannte ,,Baylay’s Walk“, der in die Straße zum ,,Sunset
Point“ mündet. Es ist nicht unbedingt von Vorteil, sich den
Sonnenuntergang vom ,,Sunset Point“ anzusehen, weil dieser Ort mit
seinen Aussichtsplattformen zum einen recht überlaufen ist und zum
anderen gar nicht den besten Ausblick bietet. Aber man kann ihn ohne
Mühe erreichen, auch mit dem Auto. Vom ,,Sunset Point“ führt ein
steiler Weg nach Devangan hinunter, wo an der Stelle der antiken Stadt
Lakhawati ein Vishnu-Schrein steht. Noch weiter unterhalb (etwa 3 km
vom ,,Sunset Point“) steht der Sonnentempel von Karodidwaja. Dieser
Tempel wiederum ist über einen Pfad mit dem Dorf Anadra verbunden, von
dem ein Treppenaufgang zum ,,Honeymoon Point“ (,,Anadra Point“) im
Nordwesten des Nakhi-Sees hinaufführt. Geübte Wanderer können diesen
Spaziergang leicht an einem Tag schaffen, wobei zum einen an eine
Feldflasche, zum anderen eventuell an einen ortskundigen Führer zu
denken ist. Es besteht jedoch nicht so sehr die Gefahr, daß man sich
verläuft, sondern daß man nicht den gewünschten Weg findet.
Als wir uns nach unserer ersten Abu-Wanderung verschwitzt an einem
Erfrischungsstand niederlassen, werden wir verächtlich von der Seite
angesehen, als wolle man uns zu verstehen geben: hier wird nicht
gewandert, denn wandern bedeutet Anstrengung und die verträgt sich
nicht mit unserem Lebensstil. Dieser Lebensstil heißt Ponyreiten mit
einem schwabbeligen Wohlstandsbauch, heißt Filmhelden spielen, heißt
über abgestandene Witze lachen. In Mount Abu gibt es eine Flotte von
Kinderwagen, auf die ein Unternehmer ,,Abu Enterprises“ nebst einer
Nummer hat pinseln lassen. In ihnen werden Koffer vom Bahnhof zum
Hotel transportiert, aber auch Kleinkinder und dann auch behäbige
Damen, behäbige Herren oder Kohlen oder Nähmaschinen. Und dieser
stumpfsinnige Kinderwagenschieber denkt sich nichts dabei, die
aufgeblähte Gesellschaft, die sich in ihren Seifenkisten in Billigkeit
und Lächerlichkeit präsentiert, durch Abus Straßen zu kutschieren!
Mensch, sind wir sauer! Wir freuen uns auf die nächste Wanderung, die
uns wieder von diesen aufschneiderischen Großstadturlaubern fortführt,
hin zu einer großartigen Landschaft und vielleicht zu ein paar Bauern,
mit denen wir uns trotz Sprachschwierigkeiten allemal besser
verstehen.
Eine zweite Wanderung führt zum Gau-Mukh-Teich (am ersten Meilenstein
auf der Straße nach Abu Road rechts). Man gelangt zunächst zum Hanuman
Ashram. Von dort führt eine Treppe zu einer Quelle, deren Wasser aus
einem marmornen Kuhkopf (Gau Mukh) in einen Teich fließt. In der Nähe
steht ein Tempel und die Einsiedelei des Vashishta. Dieser Heilige
spielt eine Rolle bei der Legende von der Herkunft der Rajputen.
Danach soll Vishnus Inkarnation Parashurama alle Kshatriyas vernichtet
haben. Gottlose Taten der niederen Kasten waren die Folge. Als die
Brahmanen keinen Ausweg mehr sahen, zogen sie auf den Berg Abu und
entzündeten dort ein Feuer, das der Verehrung des Gottes Agni galt.
Diesem Agni Kund (,,Aus Feuer geboren“) des Brahmanen Vashishta
entsprangen die vier Rajputen-Clans Pratihara, Chauhan, Pramar und
Solanki. Die feuergeborenen Rajputen aber retteten die Menschheit,
indem sie das Recht wiederherstellten. Diese Legende, die
möglicherweise erstmals im 12. Jhdt. von Chand Bardai am Hof des
Prithviraj Chauhan erzählt wurde, war im 18. Jhdt. als unumstößliche
Wahrheit angesehen. Möglich ist, daß einige Brahmanen, die ihre Macht
gefährdet sahen, darartige Feueropfer für die Nachfahren der im 6.
Jhdt. in Indien eingefallenen Hunnen versnstalteten. Das Opfer
rechtfertigte in den Augen des Volkes den fingierten Anspruch der
Hunnen auf die Würde der ,,Königssöhne“ (Rajputen). Als Gegenleistung
gewährten die Hunnen den Brahmanen Schutz oder spendeten hohe Geld
summen. In der Nähe des Platzes, an dem der Agni Kund stattgefunden
haben soll, liegt der Nag Tirath. Ein Bad in diesem Teich soll
unfruchtbaren Frauen reichen Kindersegen bescheren.
Gegenüber dem Limbdi-Haus beginnt an einem verfallenen Torbogen ein
alter Treppenaufgang, der zu einigen Aussichtspunkten über der Stadt
führt. Die Treepe endet auf halbem Weg zum Shanti Shikhar, dem
vielleicht schönsten Berggipfel des Abu-Massivs. Auf der Nordseite
fällt der Shanti Shikhar etwa 1000 m steil in die Ebene ab. Bei den
Klippen westlich des Gipfels kann man sogar auf einem schmalen Pfad am
Abgrund entlanglaufen. Diese wenig bekannte Steilwand mag auch –
sofern mein Laienauge nicht trügt – für Bergsteiger interessant sein.
Da das an den Berghängen umherstreunende Vieh etliche Trampelpfade
hinterläßt, kann man für die Wanderungen um den Shanti Shikhar keine
genauen Angaben machen. Hält man sich beim Abstieg in östlicher
Richtung, dann trifft man auf einen Waldweg, der zum Tempel der Arbuda
Devi, der Schutzgöttin des Abu-Berges, führt. Der Weg zu diesem
Schrein ist weitaus eindrucksvoller als der Schrein selbst, der auch
von Süden über eine neue und von Südosten über eine alte Treppenflucht
erreichbar ist. Für die alte Treppe, die in die Straße nach Dilwara
mündet, spricht, daß sie schöner ist, für die neue, daß an ihrem Ende
ein Erfrischungsstand auf uns wartet. Wir wählen für den Abstieg
folglich die neue Treppe. Wer an nächsten Morgen noch genügend
Kraftreserven verspürt, der kann vom ,,Sunrise Valley“ (kurz hinter
der Mautstelle an der Straße nach Abu Road) dem Sonnenaufgang zusehen.
Um 10 Uhr morgens fährt ein Autobus vom Busbahnhof am Polo Ground nach
Achalgarh (12 km). Die Straße endet am Mandakini-Teich, an dessen Ufer
die Skulpturen dreier Bullen und eines Bogenschützen (13. Jhdt.)
stehen. Der Schütze, Adaipal Pramar, soll die drei Bullen mit einem
Pfeil getötet haben. Vom Teich führt eine Treppe vorbei an etlichen
Souvenirläden zum Achaleshwar-Mahadeo-Tempel hinauf, in dem sich
angeblich der Zeh des Gottes Shiva befindet. Die Legenden um den Ort
sind zahlreich. So soll z. B. das Standbild des Stieres Nandi von
einem Pilger aus Ahmedabad beschädigt worden sein, da dieser einen
Schatz unter der Messinghülle vermutete. Shiva habe daraufhin einen
Bienenschwarm hinter dem geldgierigen Mann hergesandt. Wir haben
selbst bei einem Spaziergang entlang der Abu Road den Vorbeiflug eines
sonor brummenden, wilden Bienenschwarmes erlebt und können uns leicht
die Ängste jenes Mannes vorstellen. (Nach ein Tip hierzu: dort, wo die
Straße vom Tourist Bungalow auf die Abu Road trifft, also gegenüber
der Tankstelle von Abu, kann man bei einem Züchter sehr guten
Bienenhonig kaufen.) Vom Achaleshwar-Tempel führt die Treppe weiter
zur Achalgarh-Festung hinauf, von der jedoch nur noch Ruinen erhalten
sind.
Wir fahren nun nicht mit dem Bus nach Abu zurück, sondern laufen die
12 km. Wenn im Früh jahr die Bäume und Sträucher in Blüte stehen,
lohnt sich der Fußmarsch auf jeden Fall. Nach etwa 6 km (Achalgarh ist
auf unserer Karte nicht maßstabsgetreu eingezeichnet!) gelangt man zu
einer Gabelung. Rechts führt die Straße in das Forf Oria und weiter
zum Guru Shikhar, dem höchsten Gipfel Abus (1722 m). Von dort hat man
natürlich den besten Rundblick, doch ist der Berg selbst nicht
sonderlich schön. Auf dem Gipfel sind die Fußabdrücke einiger
Hinduheiliger, zwei Tempel und ein Observatorium zu sehen. Da man
mittlerweile auch mit dem Auto hinauffahren kann, ist Stille eine
Seltenheit geworden. Wir folgen der Straße an der Gabelung nach links.
Etwas abseits liegt auf der rechten Seite der See Trevor Tal.
Schließlich gelangen wir zu dem Dorf Dilwara mit seinen Jaintempeln
(geöffnet 12 – 18 Uhr).
Außerhalb der Tempel erleben wir noch einen jener unvergleichlichen
Höhepunkte des Tourismus. Vor einer niedrigen Mauer steht ein kleiner
Trupp Franzosen. Ein jeder von ihnen klammert sich an seine
Limonadenflasche. Als es denn ans Bezahlen geht, sondert sich ein
älterer Herr mit Glatzkopf und hellem Freizeitanzug, angelockt von dem
Rufen einiger Kinder jenseits der Mauer, von den anderen ab. Die
Kinder strecken ihre Hand aus für ein paar Rupien, doch der Franzose
mag offensichtlich nicht an die Dreistigkeit glauben und ringt nach
verständigenden Worten. Dann ruft er mit väterlichem Lächeln dem
Rupies-Gekreische entgegen: ,,Krishna! Krishna!“ Und wieder: ,,Rupies!“
und das nasalierte ,,Krishna!“. Als es den Kindern zu dumm wird, heben
sie Steinchen auf, mit denen sie den gütigen Glatzkopf bewerfen.
,,Habt ihr das gesehen?“ Von den anderen Reisenden, denen er sich
völlig verblüfft zuwendet, hatte es niemand gesehen.
Abseits der Straße befinden sich drei Statuen (14. Jhdt.), um die sich
die uralte Legende von der bösen Schwiegermutter rankt. Die alte Frau
wollte ihre Tochter Kunwari Kanya dem Freier Valmiki nur dann zur Frau
geben, wenn dieser binnen einer Nacht eine Straße vom Berg in die
Ebene bauen könne. Da Valmiki tatsächlich der Aufgabe gewachsen zu
sein schien, imitierte die Frau schon Stunden vor Sonnenaufgang den
Schrei eines Hahnes, womit sie Valmiki nasführte. Sie hatte jedoch
nicht mit den erzürnten Göttern gerechnet, die augenblicklich Mutter
und Tochter zu Stein verwandelten. Der betrogene Valmiki sah darin
noch nicht die gerechte Strafe, und so schlug er der versteinerten
Alten den Kopf ab. Sich selbst errichtete er gegenüber seiner
Geliebten ein Abbild. Die arme Alte aber wird noch heute gelegentlich
von Pilgern mit Kieseln beworfen. Von Dilwara sind es noch etwa 2,5 km
bis Abu. Auf dem Weg dorthin kann man sich das kleine Museum gegenüber
der Hauptpost ansehen.
Ausflüge sind von Abu nur wenige möglich. Zu erwähnen sind hier
allenfalls die Tempel von Ranakpur, doch während sie von Udaipur mit
dem Bus erreichbar sind, muß man von Abu schon ein Taxi nach Ranakpur
mieten (185 km).
In Mount Abu endet die Fahrt, die in südlicher Richtung durch die
Aravallis führte. Für die meisten Reisenden ist Abu eine Station auf
ihrer Fahrt von Delhi nach Bombay. Wer mit dem Zug weiterreisen
möchte, sollte auf jeden Fall rechtzeiteg an eine Reservierung denken,
die während der Hauptreisezeit oft nur mit Schmiergeldern möglich ist.
Ein Reservierungsbüro der Eisenbahn befindet sich am Busbahnhof in
Mount Abu. Im Bus bekommt man viel leichter einen Platz, allerdings
fahren nicht alle Busse, die in Abu Road halten, auch Mount Abu
hinauf, schon gar nicht außerhalb der Reisezeit.
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