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Tagesausflug zum Taj Mahal - Agra (Indien)

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Das Taj Mahal von Agra in Indien

Wohl kaum ein Bauwerk ist derart häufig abgebildet worden, wie dieses großartige Mausoleum am Ufer der Yamuna, das schon Zeitgenossen als Verkörperung überirdischer Schönheit feierten. Der Prunk aller Zeiten, die Meisterwerke des Mani in Arzang und alle Malereien in den Galerien Chinas und Europas sind neben solcher Schönheit wie Wasser, geschmacklos und nicht wirklich existent, heißt es in einer zeitgenössichen Beschreibung, und um 1859 ließ sich der Amerikaner Bayard Taylor zu den überschwenglichen Worten hinreißen: Von höchster Schönheit und absoluter Vollendung, kann er als das Werk eines Genies gelten, das nichts von den Mühsalen und Schwächen der Menschengeschlechts wusste.

 

Es gibt allerdings auch Kritiker, die dem Denkmal einer großen Liebe nüchterner gegenüberstehen, ihm wegen seiner reichen Verzierungen einen Hauch von Dekadenz bescheinigen.

Dennoch wird sich wohl niemand, der durch den dunklen Torbau in den Garten tritt, dem Zauber ganz entziehen können, der wie eine Aura das schneeweiße Mausoleum umfängt. Der heute geläufige Name, Taj Mahal, wurde wahrscheinlich erst von Europäern geprägt, die offensichtlich eine im Volk übliche Bezeichnung übernommen haben, abgeleitet aus dem Titel der hier begrabenen Mumtaz Mahal (Auserwählte des Palastes). In den zeitgenössischen Schriften der Mogule wird das Mausoleum einfach Rauza-i-Munavara (beleuchtetes Grab) genannt. Veranlasst wurde der Bau durch den plötzlichen Tod der Lieblingsfrau des Mogulherrschers, die als seine Vertraute auch großen Einfluss auf die Politik genommen hatte. Ihr eigentlicher Name war Arjumand Bano, in die Geschichte eingegangen ist sie jedoch unter ihrem Ehrentitel. Sie war Enkelin des Itimad-ud-Daula und Tochter von Asaf Khan, eines Bruders der Kaiserin Nur Jahan, der Gemahlin von Jahangir. Im Jahre 1631, als sie Shah Jahan auf einem Feldzug begleitete, starb sie in Burhanpur an den Folgen der Geburt ihres 14. Kindes! Sechs Monate bewahrte man ihre sterblichen Überreste in einem Garten am Ufer des Tapti auf, ehe sie nach Agra überführt und vorübergehend auf dem Gelände des heutigen Taj Mahal beigesetzt wurden. Das südlich der Mogulresidenz liegende Grundstück erwarb Shah Jahan nach zähem Handeln vom Raja Man Singh – erst zwei Jahre nach Baubeginn konnte man sich über den Preis einigen. Trotz ihrer Machtfülle war es den Mogulherrschern nämlich nicht möglich, Land für eigene Bauvorhaben ohne weiteres zu enteignen.

Der Tod von Mumtaz Mahal leitete einen tiefgreifenden Wandel im Leben des Herrschers ein. Feldzüge überließ er nunmehr seinen Söhnen, unter denen sich Aurangzeb besonders hervortat, während er sich selbst seiner großen Leidenschaft, der Architektur, zuwandte. Bereits als Jugendlicher hatte er im Auftrag seines Vaters die Shalimargärten in Kashmir geplant. Somit verwundert es nicht, dass er umgehend das Mausoleum für seine Frau in Auftrag gab. Schon 1632 begann der Bau, 1636 war das Grab fertiggestellt, aber erst 1643 wurde die prunkvolle Gedenkfeier abgehalten, und nochmals fünf Jahre dauerte es, bis der Komplex in vollem Glanz erstrahlte.

Über die Urheberschaft des Taj Mahal ist viel spekuliert worden. Wer mochte nicht den Ruhm für sich in Anspruch nehmen wollen, als Schöpfer dieses Meisterwerks in die Geschichte einzugehen? Wer tatsächlich für die Bauplanung verantwortlich zeichnete, ist bis heute nicht geklärt. Sehr wahrscheinlich war Ustad Ahmad, der spätere Architekt von Shahjahanabad, auch einer der Väter des Taj. Gewiss ist es nicht, aber es handelt sich um die perfektionierte Synthese unterschiedlicher Stilrichtungen und Entwicklungsstufen, die ihre Wurzeln in der persischen Bautraditionen haben und schon unter Humayun nach Indien kamen. Dazu zählen der Garten, die Bögen und die Doppel-Kuppeln.

Das Taj Mahal liegt am Ufer der Yamuna in einem Komplex von etwa 600 m mal 300 m, dessen einzelne Elemente sorgfältig aufeinander abgestimmt sind. So wurde das Mausoleum nicht, wie sonst vielfach üblich, ins Zentrum des Gartens gesetzt, sondern als Abschluss der von Nord nach Süd ausgerichteten Gesamtanlage gebaut, wodurch sich die Konzentration auf eine Blickrichtung ergab. Denn Shah Jahan wollte weit mehr schaffen als nur ein Grabmal für seine geliebte Frau. Nicht zuletzt etliche Koraninschriften machen deutlich, dass der Taj ein Stück Paradies auf Erden verkörpern sollte.

Unmittelbar am Ufer des Yamuna wurde mit großem Aufwand über die gesamte Breite ein Fundament gelegt, auf dem das Grabmal und die beiden Seitengebäude ihren Platz fanden. Zum einen wollte man damit eine große ebene Fläche schaffen, zum andern der Unterspülung begegnen, einer Gefahr, die durch die Wahl des Prallhangs als Standort besonders groß war. Unterhalb der Hochwasserlinie wurde die Baugrube mit Bruchsteinen aufgeschüttet, oberhalb mit Zielsteinen gemauert. Zudem ist das Fundament von zahlreichen Gewölben durchzogen, die bisher nicht alle erforscht sind und vielleicht sogar noch das eine oder andere Geheimnis bergen.

Der Zugang erfolgt über einen allseits von Sandsteinmauern umschlossenen Vorhof, der von Osten, Westen und Süden her betretbar war. In die eigentliche Anlage gelangt man durch einen gewaltigen, etwa 30 m hohen Sandsteintorbau mit tief zurückspringendem Eingang im Zentralbogen und aufgesetzten marmornen Chattris, der schon für sich allein ein Kleinod der Mogularchitektur darstellt. Er besticht sowohl durch seine ausgewogenen Proportionen als auch durch die meisterhafte Kombination von Sandstein und Marmor und setzt damit die Tradition monumentaler Torbauten fort, die uns am Dili Dawarza im Fort von Agra oder am Baland Dawarza in Fatehpur Sikri begengen. Als Rahmen legt sich um den zentralen Bogen ein Kufiband mit schwarz eingelassener Schrift. Vier Koransprüche sind hier verewigt, darunter die letzten Verse aus der Sure der Morgendämmerung (Nr. 89): Schließ dich dem Kreis meiner Diener an und gehe in mein Paradies ein. Einen ganz ähnlichen Vers, allerdings aus einem persischen Gedicht, findet man am Mausoleum von Akbar in Sikandra (s. u.), dessen Schriftbänder, wie die des Taj, von Amanat Khan gestaltet wurden. Der Bezug zum Paradies wird erneut im Garten deutlich. Denn als einen Garten beschreibt schon der Koran das Paradies, eine angesichts der wüstenhaften Region, in der sich der Islam entfaltete, leicht
nachvollziehbare Vorstellung.

Der Garten besteht aus vier großen, durch gemauerte Kanäle gegliederte quadratische Rasenflächen, die durch Wage wiederum vierfach unterteilt sind, ein Gestaltungsprinzip das als Charbagh (char = vier, bagh – Garten) bekannt ist und bereits im fast identischen Shalimar Bagh in Lahore Anwendung fand. Dort allerdings besteht der Garten aus zwei charbaghs, die durch einen Gebäudekomplex getrennt werden. So ist durchaus denkbar, dass der Taj Mahal nur die eine Hälfte einer kühnen Gesamtplanung darstellt. Möglicherweise wollte Shah Jahan auf dem gegenüberliegenden Ufer ein für ihn selbst bestimmtes Mausoleum in schwarzen Marmor errichten und beide Grabstätten durch eine Brücke miteinander verbinden.

Das einen quadratischen Grundriss mit angeschrägten Ecken aufweisende, überwiegend aus Marmor bestehende Hauptgebäude von 57 m Seitenlänge und gleicher Höhe liegt auf einer 7,30 m hohen Plattform, die mit Blendnischen verziert ist und an den vier Ecken von Minaretten begrenzt wird, eine Anordnung, zu der das wenige Jahre vor dem Taj fertiggestellte Grab Shah Jahangirs in Lahore das Vorbild lieferte.

Marmor wurde sicherlich nicht nur gewählt, um den Betrachter mit dem teuren Baumaterial zu beeindrucken, sondern mehr noch, um mit dem Licht zu spielen, es als dekoratives Element einzusetzen, es zu verstärken und damit einmal mehr den Bezug zum Göttlichen herzustellen. Denn wie in fast allen Religionen kommt dem Licht auch im Islam eine zentrale Rolle zu. Gott ist das Licht von Himmel und Erde heißt es z B. In Sure 24/35, und viele weitere Beispiele für die dem Licht innewohnende göttliche Kraft ließen sich finden. Und in der Tat vermag das Spiel des Sonnenlichts auf den Marmorflächen bis in unsere Tage selbst den nüchternsten Betrachter zu bezaubern.

Das Mausoleum ist jedoch nicht aus solidem Marmor gebaut. Der Korpus aller Gebäude besteht aus gebrannten Ziegeln, die Fundamente aus Bruchstein. Der Rohbau des Taj wurde dann unter Zuhilfenahme von Eisenstiften mit Marmorplatten verkleidet, eine Technik, die im Laufe der Jahrhunderte leider zu Folgeschäden durch Rost und Rissbildung führte. Wie beim Torbau gliedert sich die Fassade des Mausoleums in eine nur leicht vorspringende Front mit dem Zentralbogen und eine jeweils links und rechts anschließende, etwa halb so breite, zweistöckig ausgeführte Fläche mit Portalnischen. Beachtung verdient hier die gelungene Überführung von einer rechteckigen Basis in den kegelförmigen oberen Abschluss durch ein asymmetrisches Netz von Rippenzwickeln.

Akzentuiert wird die Vertikale durch schmale, die Frontalflächen abschließende dekorative Wandpfeiler, die als Fialen mit kelchförmigen Abschlüssen über die Oberkante fortgeführt werden. Sie sind mit einem Zickzack-Muster aus schwarzem und gelbem Marmor verziert, das sich in den Fassadenkassetten wiederholt. Außer den Kassetten werden auch Ziernischen – vor allem innerhalb der Torbögen und Portalnischen – zur Auflockerung der Wandflächen verwendet.

Die Zwickel zwischen den Bögen und der rechteckigen Einfassung sind reich mit Einlegearbeiten dekoriert, wobei florale Motive, die an allen Bauwerken immer wieder anzutreffen sind und wohl in Beziehung zur Gartenanlage gebracht werden können, vorherrschen. Die Blumenarabesken bestehen aus Edelsteinen, insbesondere aus Achat, Jaspis, Karneol, Lapislazuli, aber auch Koralle und Perlmutt fanden Verwendung. Da es sich um ein Mausoleum handelt, sind die Ecktürme beim Taj nur schmückendes Beiwerk, vor allem dazu bestimmt, die starke Ueberhöhung des Zentralbaus – mit 57 m bis zum Scheitel der Kuppel ist er ebenso hoch wie breit – optisch zu mildern. Auffallend ist der hohe kreiszylindrische Tambour, ohne den die Kuppel hinter der überhöhten Zentralfassade und zwischen den eng zusammenstehenden Dachpavillons nicht richtig zur Geltung kommen würde.

Die Kuppel selbst hat eine recht ausgeprägte Zwiebelform, die eine besondere Herausforderung an die Baumeister darstellte, denn nur durch Zugstangen gelang es ihnen, den Horizontalschub aufzufangen. Die den Holzbauten entlehnte, aus Zentralasien stammende Form wurde bereits 1405 im Grabmal des Timur in Samarkand in Stein umgesetzt, später dann im Mausoleum des Humayun in Delhi übernommen, wobei dort die Wölbung noch weniger ausgeprägt war. Aber noch eine weitere Verwandtschaft lässt sich zwischen diesen Bauwerken und dem Taj feststellen: Die Kuppeln sind Schein – oder Doppelkuppeln. Der ungenutzte und unsichtbare Raum zwischen dem Deckenabschluss und der Spitze der Kuppel ist Beim Taj Mahal wesentlich großer als der zentrale Innenraum des Mausoleums, wodurch die funktionale Relation zwischen dem Inneren und dem Äußeren verlorengegangen ist. Unter dem Einfluss der betont atektonischen Baukunst der Hindus wurden auch die islamischen Bauten Indiens zu monumentalen Skulpturen, folgert der Architekt Andres Volwahsen mit Blick auf das Ausmaß der ebenfalls durch den Innenraum nicht zu rechtfertigenden Tempeltürme hinduistischer Sakralbauten. Die Seitenflügel werden durch vier Pavillons gekrönt, die einen originär indischen Beitrag zu diesem sonst persischen Traditionen verpflichteten Bauwerk liefern.

Die vier Eckminarette strecken den an sich kompakten Bau und sind in ihrer Gliederung genau auf die Hauptfassade abgestimmt. So korrespondieren die von Konsolen getragenen Galerien mit den entsprechenden Gesimsen des Mausoleums und die Pavillons an der Spitze mit jenen des Hauptbaus. Das Innere besteht aus einer zentralen, oktogonalen Kammer und vier in den Seitenflügeln liegenden kleineren Räumen. Das Achteck wurde ganz bewusst gewählt, symbolisiert die Zahl doch die acht Stufen des Paradieses.

In der Mitte des Hauptraums stehen, von einem ebenfalls achteckigen, durchbrochenen Marmorgitter umschlossen, die beiden Kenotaphe des Herrscherpaars, wobei das von Mumtaz Mahal das Zentrum einnimmt. Dies könnte als Beweis dafür gesehen werden, dass Shah Jahan das Mausoleum nicht für sich selbst geplant hatte und tatsächlich seine eigene Grabstätte am gegenüberliegenden Ufer bauen wollte. Andererseits jedoch findet man dieselbe Anordnung im Mausoleum des Itimad-ud-Daula, wo das Kenotaph der verstorbenen Frau ebenfalls die zentrale Position einnimmt.

Die eigentlichen Gräber befinden sich in einer Gruft darunter. Die Trennung von Kenotaph und Grab waren damals üblich, um dem Volk einerseits die Verehrung der Verstorbenen zu ermöglichen, andererseits aber die für den Bürger unüberbrückbare Distanz zum Herrscherhaus auch nach Tod zu wahren. Möglicherweise handelt es sich bei den Ruhestätten in der Krypta nur um Scheingräber, denn darunter liegen weitere, allerdings zugemauerte Gewölbe.

Die beiden Marmorkenotaphe sind überreich mit kunstvollen Einlegearbeiten versehen. Die Blumenornamente aus Koralle, Lapislazuli, Kupfer, Jade, Onyx, Achat, Jaspis und Türkis zählen zu den erlesensten Arbeiten der Mogulepoche, ebenso die Marmorbasreliefs mit Blumenmotiven an den Innenwänden der Grabkammer. Zahlreiche Koranverse, die das Jüngste Gericht zum Inhalt haben, zieren Kenotaphe und Wände. Diese Thematik lässt sich in Verbindung mit der Errichtung des Mausoleums auf einer erhöhten Plattform bringen. Nach islamischer Tradition würde Gott am Tag des Jüngsten Gerichts von einem Thron über dem Garten des Paradieses sein Urteil fällen. Somit könnte der Taj auch als das Abbild des göttlichen Throns interpretiert werden und erhielte damit eine weit über seine Funktion hinausgehende spirituelle Dimension, wie sie auch der buddhistischen und hinduistischen Sakralarchitektur zu eigen ist.

Flankiert wird das Hauptgebäude von zwei symmetrisch angeordneten Sandsteinbauten, der Grabmoschee an der Westseite und dem Gasthaus an der Ostseite. Letzteres deutet auf den Aufwand hin, mit dem die Zeremonien für Mumtaz Mahal begangen wurden. Wie zu Lebzeiten der Herrscherin versammelte sich der gesamte Hof an der Grabstätte, um mit Musik, Lesungen aus dem Koran und Lobpreisungen das Andenken der Verstorbenen wach zu halten. Die von jeweils drei Kuppeln gekrönten Bauten sind in ihrer Dekoration sparsamer, weisen jedoch interessante Details auf, etwa den im Schachbrettmuster ausgeführten Tambour oder die Gliederung der Ecktürme in Kassetten. Ihrer ursprünglichen Aufgabe, zur Harmonie des Gesamtensembles beizutragen, können sie heute allerdings nicht mehr gerecht werden, da hohe Bäume den Blick von der Hauptachse aus verwehren.

 

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