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Rajasthan Rundreisen |
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Udaipur
Sehenswürdigkeiten & Ausflüge (Rajasthan - Indien)
Udaipur - Sehenswürdigkeiten von Udaipur - Stadtpalast - Jagdish-Tempel - Picholasee -
Umgebung von Udaipur - Dorf Jagat - Eklingi - Nagda - Kumbalgarh
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Unter
allen Städten Rajasthans, Jaipur vielleicht einmal
ausgenommen, spiegelt Udaipur den Abglanz
fürstlicher Prachtentfaltung wohl am deutlichsten.
Geschichte
Anlaß der Gründung war allerdings eine Tragödie, das
Jauhar in der Festung von Chittaurgarh im Jahre
1567. Als die Übermacht der Truppen Kaiser Akbars
erdrückend wurde, bestiegen bei diesem kollektiven
Selbstmord die Rajputenfrauen mit Ihren Kindern die
Scheiterhaufen, waehrend die Männer die Tore
öffneten und sich den Angreifern entgegenwarfen.
Rana Udai Singh II. (1536 – 1572) hatte sich schon
vor Beginn der Belagerung an den Picholasee
zurückgezogen und entschloß sich nach der
Niederlage, an den Ufern seine neue Residenz zu
errichten. Der bereits 100 Jahre zuvor von einem
Kaufmann angelegte künstliche See sicherte nicht nur
die Wasserversorgung, sondern bildete auch eine fast
unüberwindliche Bastion gegen feindliche Angriffe.
Bereits im Jahre 1559, so will es die Legende, war
Udai Singh dort einem Weisen begegnet, der ihm zur
Errichtung einer neuen Metropole am Ufer des Sees
geraten hatte.
Der Aufbau ging nur langsam voran, da Udai Singhs
Nachfolger Rana Pratap (1572-1597) seine
Lebensaufgabe vor allem im Kampf gegen die Moguln
sah, die ihr Einflußgebiet immer weiter ausdehnten.
Nach der Schlacht von Haldighati, in der ihm sein
schwer verwundetes Pferd Cheetak das Leben rettete,
musste sich Pratap 1576 der Übermacht beugen und
Udaipur den islamischen Truppen überlassen. Durch
Guerillataktik versucht er nunmehr, aus dem
Untergrund den Kampf fortzusetzen, stand aber gegen
das erstarkende Mogulreich auf verlorenem Posten.
Als Held, besungen in zahllosen Gedichten und
Liedern, hat er zumindest in der Geschichte von
Mewar jedoch Unsterblichkeit erlangt. Sein Sohn Amar
Singh I. (1597 – 1620) setzte den Freiheitskampf
fort, bis er nach der Niederlage von Kamnor (1614)
als einer der letzten Rajputenfürsten sich der
Vorherrschaft der Moguln beugen mußte. Die Freiheit
war verloren, aber es herrschte Frieden in dem sich
nun Kunst und Kultur entfalten konnten. Udaipur war,
wie die anderen Städte Rajasthans auch, von
wehrhaften, mit Bastionen besetzten Mauern
umschlossen, durch die elf Portale Einlass
gewährten. Nur ein Teil der Befestigung und Fünf
Tore haben die Zeiten überdauert, noch immer aber
sind Alt – und Neustadt deutlich voneinander
getrennt.
Der
Stadtpalast
Hauptattraktion sind die in und am See liegenden
Paläste, die zum Teil noch heute dem Maharana Arvid
Singh als Residenz dienen, dem amtierenden Oberhaupt
des Hauses Mewar. Mit dem Bau des Stadt-palastes ,
dessen eindrucksvolle Fassade das östliche Ufer des
Sees beherrscht, hatte bereits der Stadtgründer Udai
Singh begonnen; aber erst ab 1614 gewann die Anlage
in mehreren Bauphasen allmählich an Größe und
Gestalt. Von der Altstadt her gelangt man durch das
wehrhafte Hathi Pol (Elefantentor 1600) zunächst zum
1725 errichteten dreibogigen Tripoliator an der
Nordseite des Innenhofs. Unter den zwischen beiden
Toren liegenden acht Bögen ließen sich früher die
Maharanas an ihrem Geburtstag in Gold und Silber
aufwiegen, das dann an die Bevölkerung verteilt
wurde.
Die rechter Hand sich auftürmende Fassade des
Palastes, der Mardana, gehört größtenteils zum
späteren Bauabschnitt. Hinter den fensterlosen, nur
durch Türme aufgelockerten burgartigen Wänden im
nördlichen Teil verbirgt sich ein bis zum
Obergeschoß reichender Felsen, der heute unsichtbar,
in den Komplex einbezogen wurde. In den ehemaligen
Stallungen an der Ostseite sind neuerdings
Souvenirläden untergebracht. Dass der Maharana es
versteht, seine Wohnstatt zu vermarkten, hat er
bereits zuvor durch Umwandlung eines Flügels in ein
Luxushotel bewiesen. Zur ältesten, bereits aus dem
Jahre 1565 stammenden Bausubstanz zählen die am
südwestlichen Ende des Hofs beiderseits des
Durchgangstors Toran Pol liegenden Gebäude, von
denen das südliche, für fremde nicht zugängliche,
als Harem diente. Man beachte das Sonnenemblem an
dem Erker rechts oberhalb des Tores, das Symbol
edelster rajputischer Abkunft. Das Haus von Mewar
führe seine Abstammung auf die Dynastie der Sisodia
zurück, die ihren Ursprung wiederum in den Kshatriya
sieht, der von Sonne und Mond abstammenden arischen
Kriegerkaste. Ihren Führungsanspruch unter den 36
Rajputenstämmen dokumentieren die Mewarherrscher
auch in der Ehrenbezeichnung, indem sie sich statt
wie üblich Maharaja (großer Führer) Maharana (großer
Krieger) nennen und damit auch Bezug nehmen auf
Udaipurs Rolle als unerschütterliche Bastion im
Kampf gegen die Moguln. Der Besucher betritt den
vierstöckigen, aus zahlreichen mit Korridoren und
Treppen verbundenen Räumen bestehenden Palast heute
durch das Mardana Deodhi. Zunächst gelangt man in
den Hof Rajaya Angan, der noch zur ursprünglichen
Palastanlage gehört und die auch in Chittaurgarh
übliche Architektur erkennen lässt. An der Westseite
liegt der nur aus einem einfachen Raum bestehende
Dhuni Mata-Tempel mit Bildnissen lokaler Gottheiten.
Der Schrein soll an der Stelle stehen, an der Udai
Singh II. 1559 den Heiligen traf. Verewigt wurde im
Hof auch das Pferd Cheetak, mit dem Pratap Singh in
der Schlacht von Haldighat die Flucht gelang. Auf
den Helden und die Schlacht beziehen sich ebenfalls
die Exponate in den angrenzenden Räumen Haldi Ghati
Kash und Pratap Kash. Interessant ist die
Waffensammlung mit einer Elefantenruessel-Attrappe,
die den Pferden vor den Kopf gebunden wurde, um die
Kriegselefanten und Pferde des Gegners zu
irritieren.
Über eine Treppe gelangt man zum Chandra Mahal, in
dem sich die Privatgemächer befanden. Bemerkenswert
ist die Verbindung traditioneller hinduistischer
Architrav-Saeulen-Konstruktion mit der islamischen
Bogenbauweise, wobei die Zackenbögen nur als
Konsolen ausgeführt sind und sich in der Mitte nicht
berühren. Damit ließen sich breitere Säulenabstände
realisieren, ohne die Höhe zu verändern. Sehr schön
sind auch die mit farbigen Glasscherben gefüllten
Marmorgitter im Erker. Durch einen Korridor
erreichen wir den hübschen, sogar mit Bäumen
bepflanzten Badi Mahal, einen intimen, von Arkaden
umschlossenen Innenhof, der den Abschluß des oben
erwähnten Felsens bildet und erst unter Maharana
Amar Singh (1698-1710) angelegt wurde. Bis dahin
hörte der Palast an Süd Seite des Felsen auf. Der
weit vorspringende Balkon an der Nordseite gewährt
einen großartigen Blick auf die Stadt. Die Ausblicke
auf den See auf der einen Seite und die Palastfront
und die Stadt auf der anderen sind einzigartig. Eine
steile Treppe führt nun zum darunterliegenden Moti
Mahal, den Frauengemächern, in denen Spiegel und
Glas für eine fast surrealistische Atmosphäre
sorgen. Diese als Shish Mahal (Spiegelsaele)
bezeichneten Räume sind Merkmal fast aller
rajputischen Palastanlagen. Nebenan liegt der kleine
für Andachten genutzte Bhim Vilas mit
Krishnadarstellungen.
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Er
soll an Krishna Kumari erinnern, die 16jaehrige
Tochter des Maharana Bhim Singh (1778-1828), die
sich der Vermählung mit einem rivalisierenden
Fürsten durch Selbstmord entzog, um keinen Krieg
heraufzubeschwören. Die angrenzenden, den Hof Mor
Chowk im ersten Stock umschließenden Räume dienten
ebenfalls als Privatgemächer. Von den schmalen, mit
Gittern versehenen Fenstern des nördlichen Nila
Mahal konnten die Damen am Geschehen im Hof unter
ihnen teilhaben. Im südlichen Priyatam Niwas, der
als einziger Raum des Palastes Fenster nach Osten
und Westen aufweist, befanden sich die sehr einfach
ausgestatteten Räume des seit seiner Jugend an den
Rollstuhl gefesselten Maharana Bhopal Singh
(1930-1955), eines ausgesprochen beliebten liberalen
Landesfürsten, der sich von allem um den Ausbau des
Erziehungswesens verdient gemacht hat. Der
Verbindungsgang zwischen den beiden Räumlichkeiten,
Surya, Prakash genannt, wurde erst im 19. Jh.
hinzugefügt.
Stufen
führen hinab zum Surya Chopar, einen Thronraum mit
dem großen Sonnenemblem, dem Wahrzeichen des Hauses
Mewar. Von hier begrüßte der Herrscher die
aufgehende Sonne. Der davor liegende Hof Mor Chowk
(Pfauenhof) entstand Mitte des 17. Jh. für die
öffentlichen Audienzen. Seine verschwenderische
Dekoration an der Ostwand, die auch den
darüberliegenden Surya Chowk mit einbezieht, wurde
allerdings erst Ende des 19. Jh. im Rahmen einer
grundlegenden Umgestaltung geschaffen. Zunächst hat
man die Öffnungen zwischen den Marmorsäulen mit
verputztem Mauerwerk geschlossen und den Hof dadurch
von der davorliegenden Galerie getrennt. In diese
geschlossenen Lücken wurden dann die jugendstilartig
anmutenden Pfauendarstellungen in Glaseinlegetechnik
plaziert. Dem Surya Chopar gegenüber liegt der Nila
Mahal, in dem die Maharanas Hof hielten. Die
Innenausstattung stammt ebenfalls aus dem 19 Jh. und
beinhaltet so kuriose Dinge wie in die Wand
eingelassene europäische Briefbeschwerer. Aber auch
noch andere Stilbrüche lassen sich ausmachen, so
beispielsweise die Verkleidung der traditionellen
Säulen mit rechteckigen Pfeilern, deren
Glaseinlegearbeiten die fehlende Harmonie kaum
aufwiegen.
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Eingang-zum-Stadtpalast |
Lake-Palace-Hotel-im-Pichola-See |
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Wasserpalast-Jag-Mandir |
Auto-des-Maharadjas |
Man
betritt nun wieder den Hof Rajaya Angan, durch den
man zum Ausgang gelangt. Zuvor bietet sich jedoch
die Möglichkeit zu einem kurzen Besuch des
sogenannten Queen Palace, bestehend aus einem großen
rechteckigen Hof und ihn umschließende
Zimmerfluchten, in denen vor allem Miniaturmalereien
und Porträts britischer Kolonialoffiziere zu sehen
sind. An der Rückseite ist der ehemalige, in
bedauernswertem Zustand befindliche Fahrzeugpark der
Maharanas aufgereiht. Zwischen den vielen Kutschen
und Sänften auch ein Rolls Royce aus dem Jahre
1922.
Der
Jagdish-Tempel
Auf einer erhöhten, von einer Mauer umschlossenen
Plattrorm liess Jagat Singh I. (1628-1652) unterhalb
der Palastanlage den Jagdish-Tempel (2) erbauen; ein
Heiligtum für den Gott Vishnu, das sich unübersehbar
an den Vorbildern von Khajuraho orientiert. Von
einem kleinen Schrein blickt sein mythologisches
Reittier Garuda auf den Tempeleingang. Einige der
rings um das Gebäude verlaufenden Figurenfriese mit
Elefanten, Tänzerinnen und Musikanten sind gelungene
Arbeiten im Stil der mittelalterlichen Traditionen.
Im Jahre 1998 durchgeführte Reinigungsarbeiten haben
dem Tempel leider etwas von seiner Patina genommen,
ihn dafür aber vor weiteren Schäden durch die
beachtliche Luftverschmutzung bewahrt. In kleinen
Nebenschreinen werden die Gottheiten Radha und
Krishna verehrt, ein Tempel ist Surya, Shiva und
Ganesh gewidmet.
Lustschloesser im Picholasee
Der im See schwimmende Palast Jag Niwas ist neben
dem Taj Mahal der wohl wichtigste Repräsentant des
von der Tourismusindustrie propagierten
Indienbildes. Im Jahre 1746 schuf sich hier Prinz
Jagat Singh auf einer kleinen, dem Palast
vorgelegten Insel ein Lustschloss, das heute zu den
begehrtesten Unterkünften des Landes zählt. Durch
den Umbau zum Luxushotel ist viel der ursprünglichen
Bausubstanz verlorengegangen, ohne allerdings die
einzigartige Ausstrahlung zu beeinträchtigen.
Vorbild war der in der Nähe liegende, noch
unverändert erhaltene, wenn auch vom Verfall
gekennzeichnete Wasserpalast Jag Mandir, der etwa
100 Jahre früher unter Karan Singh begonnen und von
Jagat Singh. I. fertiggestellt worden war. Im Jahre
1623 versteckte der Maharana hier für vier Monate
den rebellischen Mogulprinzen Khurram, den späteren
Shah Jahan, vor den Nachstellungen seines Vaters
Jahangir, obwohl Khurram erst einige Jahre zuvor
Udaipur unter die Herrschaft der Moguln gezwungen
hatte. Während der Meuterei von 1857 gewaehrte der
Maharana englischen Frauen und Kindern Zuflucht auf
der Insel.
Prinz Khurram soll im Gul Mahal gewohnt haben, dem
größten Gebäude der Anlage. Der obere, vollständig
mit Marmor verkleidete Raum war mit Einlegearbeiten
aus Edelsteinen geschmückt, wie sie wenige Jahre
später am Grabmal des Itimad ud-Daula in Agra zu
finden sind. Ungewöhnlich für rajputische
Architektur in Udaipur sind der runde Turm und die
bengalischen Dächer der Marmorchattris, typisch
hingegen die Verbindung von Zackenbögen und
Architravkonstruktion an den offenen Arkaden an der
Nordseite.
Die Umgebung von Udaipur
Das
Dorf Jagat
Der etwa 50 km südöstlich von Udaipur im Dorf Jagat
gelegene kleine Tempel für die Gottheit Ambika Mata
ist sowohl hinsichtlich seiner Architektur als auch
des Figurenschmucks ein kleines Juwel abseits der
großen Reiserouten. Er wurde im 10. Jh. unter der
Herrschaft der Guhila von Mewar erbaut, trägt jedoch
die Züge der Bauhutte der Gurjara-Pratihara, deren
Wirken sich auch an den Heiligtümern von Khajuraho
ablesen lässt. Kennzeichen auch dieses Tempels sind
eine erhöhte Plattform (Jagati) und eine mit flacher
Kragkuppel gedeckte Versammlungshall (Mandapa) mit
vorgesetzten Portikus, zu dem man drei Stufen
emporsteigt. Ein innerer Umgang um das Sanktuarium
fehlt allerdings. Frühere, aus Westindien stammende
Einflüsse wänden des Mandapa und die Lotospodeste,
auf denen die Figuren in den Nischen der Außenwände
plaziert sind. Aus der Spätphase des nordindischen
Tempelbaus stammen hingegen der mit mehreren kleinen
Shikharas umgebene Hauptturm und die mit Figuren
ausgefüllten Nischen, die als breites Band um
Vorhalle und Hauptraum laufen. Tänzerinnen,
verführerische Mädchen und Liebespaare begegnen uns,
löwenartige Wächterfiguren. Weltenhüter und Durga
als Büffeltöterin. Etwa 20 m entfernt liegt die
halbzerfallene Vorhalle des Tempels.
Eklingji
Die aus 108 Heiligtümern bestehende Tempelanlage 22
km nördlich von Udaipur ist bis heute eng mit dem
Haus Mewar verbunden (Fotoverbot). Jeden Montag, dem
Tag Shivas, erscheint der Maharana von Udaipur zum
Gebet in dem für ihn reservierten Bereich der
Anlage.
Ein erstes Heilgtum soll von Bappa Rawal, dem
Begründer des Clans der Sisodia, in Mewar im 8. Jh.
errichtet worden sein. Im Laufe der Jahrhunderte
wurde es nach wiederholten Zerstörungen durch
muslimische Truppen beträchtlich erweitert und immer
wieder umgebaut. Die 108 Tempel, von denen 70 Shiva
geweiht sind – andere Vishnu, Ganesh und Durga -,
liegen eng beieinander in einem von hohen Mauern
umgebenen Hof. Das zentrale Heiligtum, der
Lakuli-shatempel mit der aus schwarzem Marmor
gefertigten. Viergesichtigen Figur des Sri Eklingji
(ein Lingam, eine lokale Inkarnation Shivas)
entstand 977 von Hand derselben Meister, die auch
den Tempel von Jagat bauten. Vor dem Haupteingang
zur achtseitigen grossen Halle findet man
Darstellungen von Shivas Reittier, dem Bullen Nandi
(Messing und schwarzer Marmor), gefolgt von einem
kleinen Stier aus Silber und einem noch kleineren
aus Gold im Tempel. Als Adorant steht hinter dem
Messingbullen der Gründer Bappa Rawal. Über dem
Eingang zum Heiligtum ist der Heilige Harita Rishi
abgebildet, bei dem er seine religiöse Ausbildung
erhalten hatte.
In der hinteren linken Ecke des Tempelgevierts liegt
ein Vishnu-Tempel, der im 10. Jh. von südindischen
Künstlern geschaffen wurde. Neben Vishnu und Lakshmi
sind auch einige erotische Darstellungen erkennbar.
An der gegenüberliegenden Wand des Bezirks ein
Ganesh mit nach links weisendem Rüssel
(normalerweise wird der Gott mit nach rechts
zeigendem Rüssel dargestellt), darüber ein Elefant
mit sieben Rüsseln, daneben ein Schrein für die
Göttin Durga (Shiva Shakti in ihrer schrecklichen
Form).
Nagda
Nur wenige Kilometer entfernt liegt etwas abseits
der nach Udaipur führenden Strasse an einem
künstlichen, heute größtenteils verlandeten See
dieser Tempelkomplex (10. Jh.), der einmal
Bestandteil einer weiträumigen Stadtanlage war. Im
9. Jh. soll hier der oben erwähnte Bappa Rawal
residiert haben, ehe er Chittaurgarh von den Mauryas
eroberte und zum Zentrum der Sisodia-Rajputen
machte. Moslemische Invasionen haben den Ort nahezu
dem Erdboden gleichgemacht. Teilweise erhalten
geblieben sind zwei auf einer gemeinsamen großen
Plattform ruhenden Heiligtümer, bekannt als Sas-Bahu
(Schwiegermutter-Schwiegertochter), die vor allem
wegen ihres Rigurenschmucks zu herausragenden
Zeugnissen hinduistischer Architektur zählen.
Die
Festung Kumbhalgarh
Nur die gewaltige, mit halbrunden sich oben
verjüngenden Bastionen versehende 36 km lange Mauer,
die am Rande der Aravalikette ein hügeliges Areal
von mehr als 84 km2 umschließt, vermittelt noch ein
wenig von der Grossartigkeit dieser einst
wehrhaftesten Festung auf indischem Boden. Nicht nur
Paläste, Tempel und Kasernen Schloss sie ein,
sondern auch ein Dorf und Felder für die
Selbstversorgung. Rana Kumbha (1433-1468) hatte sie
in strategisch besonders günstiger Lage auf einem
Paß zwischen den Fürstentümern Mewar und Marwar
anlegen lassen, wobei er die Bausubstanz einer
bereits bestehenden Verteidigungsanlage mit
einbezog. Nur einmal mußte sich das als uneinnehmbar
geltende Kumbhalgarh unter der Herrschaft von Rana
Pratap (1572-1597) dem Mogulherrscher Akbar, der von
den Truppen Ambers und Marwars (Jodhpur) unterstützt
wurde, ergeben, weil die Angreifer das Trinkwasser
vergifteten.
Noch heute windet sich der Zufahrtsweg durch ein
bewaldetes Gebiet und die sieben befestigten,
mehrere Kilometer auseinanderliegenden Tore. Am
zweiten (Hulla Pol) scheiterte 1567 ein Angriff
Akbars, das dritte (Hanuman Pol) verdankt seinen
Namen einem Schrein des Affengottes, am sechsten
(Topkana Pol) gab es einen geheimen Fluchttunnel und
am letzten (Nimbu Pol) einen kleinen Tempel für die
Muttergottheit (Ashtamatrika) Chamunda Devi.
Innerhalb des Gesamtkomplexes lag als Herzstück der
befestigten Stadtanlage die Festung Katargarh, in
der sich auch der Palast des Rana Kumbha und der
Legende nach 365 Tempel befanden.
Von den zahlreichen Bauwerken sind nur noch wenige
erhalten. Von der höchsten Spitze blickt der Badal
Mahal (Wolkenpalast) weit ins Land. Er wurde
allerdings erst im 19. Jh. von Fateh Singh (1884 –
1930) erbaut und ist mit seinen Echoeffekten im
Schlafgemach eher kurios als kuenstlerisch
bedeutsam. Der etwas muehsame Aufstieg wird
allerdings mit einem grandiosen Fernblick belohnt.
Das unterhalb liegende Nilakantha-Heiligtum, das mit
seinen schmalen kannelierten Säulen ein wenig an
griechische Tempel erinnert, hatte hingegen bereits
Rana Kumbha für seine täglichen Andachten errichten
lassen.
Ranakpur
Die Tempelanlage von Ranakpur, knapp 100 km nördlich
von Udaipur in einem bewaldeten Flusstal gelegen,
gehört zu den bedeutendsten Zeugnissen der Jain
Architektur in Indien. Das Heiligtum entstand in
über 60jaehriger Bauzeit im 15. Jh.; gestiftet wurde
es von einem reichen Jain Kaufmann, der auch
Minister Rana Kumbhas war. Der gewaltige Haupttempel
für den ersten Furtbereiter Adinatha bedeckt eine
Fläche von 3716 m2 und besteht aus 29 geometrisch
angeordneten Hallen mit 1444 Säulen. Das Heiligtum
wurde nach einem bereits im 14. Jh. verfaßten Text
(Vastu Shastra) vom Architekten und Bildhauer Depa
gebaut. Dem zentralen Schrein mit dem
viergesichtigen (Chaumukha) Marmokultbild sind in
jeder Himmelsrichtung drei Mandapas vorgesetzt, das
Vestibuel, die Tanzhalle und die Eingangshalle, die
durch Hinzufügen von Eckschreinen miteinander zu
einem geschlossenen System verbunden wurden. Zudem
sind einige Mandapas in mehreren Stockwerken
angelegt und wegen der Hanglage im inneren
terrassiert.
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Adinatha-Tempel-in-Ranakpur |
Adinatha-Tempel-Ranakpur |
Nicht
durch seine Größe beeindruckt der Tempel, sondern
durch die Vielzahl gekonnt zusammengefügter Details,
insbesondere Säulen und Kuppel, sowie die
einzigartige Lichtführung durch den teilweise
offenen Innenhof, die zu einer überirdischen Aura
beitragen, der sich auch der Besucher nicht zu
entziehen vermag. Ranakpur verkörpert zusammen mit
den Tempeln von Dilwara den Höhepunkt der Jain
Architektur, die perfekte Verschmelzung von
religiösen Prinzipien mit ästhetischen Ansprüchen
und zurückhaltender Eleganz.
Entlang der Innenwaende reihen sich 86 Schreine fuer
untergeordnete Gottheiten, die an der Aussenfassade
durch schmale, mit Gloeckchen und Wimpeln verzierte
Tuermchen akzentuiert werden. Die Eckschreine werden
von kleinen Shikharas abgeschlossen, ueber dem
Heiligtum ragt der Hauptturm hoch in den Himmel,
waehrend die Hallen mit flachen Kragkuppeln gedeckt
sind. Von innen sind sie mit komplizierten
geometrischen Mustern in Rosettenform verziert,
ergaenzt durch Figuren von Goettinnen auf den
radialen Streben. Die aufwendige Ausstattung und die
Verwendung des kostbaren amber-farbenen
Asrasana-Marmors wirft auch ein Licht auf die
oekonomischen und sozialen Verhaeltnisse der
damaligen Jaingemeinden. Zum einen waren sie trotz
Fehlens eines religioesen Fuehrers streng
organisiert, zum anderen standen ihnen die Mittel
fuer das aufwendige Bauvorhaben zur Verfuegung, ein
Zeichen dafuer, dass unter der Regentschaft von Rana
Kumbha politisch ruhige Zeiten herrschten, in denen
Wirtschaft und Handel bluehten. Rings um den
Haupttempel gruppieren sich noch weitere
Heiligtuemer, darunter der Parsvanatha-Tempel (15.
Jh.), der einen konvexen Shikhara hat und auch
erotische Darstellungen aufweist. Weiterhin der dem
Furtbereiter Neminatha geweihte Kultbau schraeg
gegenueber und der etwas suedlich oberhalb der
Strassenbruecke liegende Narayana-Temel mit reichem
Figurenschmuck an den Aussenwaenden, darunter einer
schoenen Darstellung des Sonnengottes Surya.
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Reisebericht:
Ausflüge von Udaipur (Rajasthan)
Von keiner Stadt Rajasthans gibt es so viele
Aus-flugsmöglichkeiten wie von Udaipur. Immer wieder lockt die
Gebirgslanschaft der Aravallis. Leider können die meisten
Strecken zumindest mit dem Bus nicht in einer Tagesreise
bewältigt werden. Es sollte also am Zielort eine
Übernachtungsmöglichkeit vorhanden sein.
Verläßt man Udaipur im Norden auf der NH8 in Richtung Jaipur,
dann gelangt man hinter einem Paß mit herrlichen Ausblicken auf
die Berge nach etwa 20 km an einen See. Hier führt eine
Nebenstraße am Seeufer entlang zu den Tempeln von Nagda. Die
frühesten Tempel stammen aus dem 7. Jhdt., der jüngere
Sas-Bahu-Tempel wurde im 11. Jhdt. gebaut. In dieser Zeit war in
Nagda die Lakulisha-Sekte ansässig, die den Gott Shiva als
Pashupati (,,Herr der Seelen“) verehrte. Einen ihrer
berühmtesten Anhänger, den ebenfalls in Nagda lebenden Harita,
erachteten sie als Inkarnation Shivas (Lakulisha). Harita
verschaffte der Sekte Ansehen am Hof von Mewar. Als Lakulisha
wurde Shiva die Hausgottheit der Ranas. Im 10. Jhdt. wurde dem
Gott in Eklingji (1 km weiter an der Hauptstraße) ein Tempel
errichtet, in dem auch die Krönungen der Ranas stattfinden
sollten. Die Sekte verlegte nun ihren Hauptsitz hierher. Es sind
nicht allein die Tempel von Nagda und Eklingji, sondern auch
deren landschaftliche Umgebung, die den Besuch der beiden Dörfer
reizvoll werden lassen. Eklingji wird auch von einheimischen
Reisegruppen häufig aufgesucht. Das Dorf liegt in einer
Schlucht. Der weiße Marmortempel mit dem Kloster ist durch eine
Ummauerung vor neugierigen Blicken geschützt. In den Geschäften
vor dem Eingang kann man sich mit allerlei Götterglanzbildern
eindecken. Zugang zum Tempel wird nur zu den drei täglichen
Opferzeiten gewährt. Dann wartet ein Spalier von
Blumenverkäufern auf die Gläubigen. Sobald die Pforten geöffnet
werden, beginnt die marktschreierische Tätigkeit, die den
Korridor zum Tempel mit Stimmen füllt. Der Hauptschrein ist von
etlichen kleineren Schreinen umgeben, die die gesamte Anlage zu
einem Irrgarten werden lassen. Nördlich des Tempels liegt ein
Stausee mit Badeghats. Zu dieser Fahrt nach Nagda und Eklingji
sollte man Udaipur erst am Nachmittag verlassen, um einerseits
die Tempelzeremonie miterleben zu können, andererseits auf der
Rückfahrt die Aravalli-landschaft in Abendlicht getaucht zu
sehen.
Folgt man der NH8 weiter in nördlicher Richtung, so erreicht man
nach 48 km Nathdwara, ein Pilgerzentrum der Vischnuiten mit dem
Srinathji-Tempel. Die meisten Pilger kommen zu den Festen Diwali
und Jamnashtami. Die Verehrung gilt Krishna als Govardhannath
oder Nathji, wie man in Rajasthan sagt. Dieser Aspekt Krishnas
geht auf eine Legende zurück, nach der Krishna ein Dorf vor
einer Sintflut gerettet haben soll, indem er den Berg Govardhana
schützend über die Bewohner hielt. Der Symbolgehalt der
Geschichte, die sich in Nordindien großer Beliebtheit erfreut,
liegt im Sieg Krishnas über die althergebrachten brahmanischen
Gottheiten, in diesem Fall über Indra, der aus Zorn über die
Zuwendung der Dorfbewohner zu Krishna den Regen gesandt hatte.
Das in Nathdwara erhaltene Idol Nathjis aus dem 12. Jhdt., das
ehemals in Mathura gestanden hatte, war mit Unterstützung Raj
Singhs von den Vallabhacharyas 1669 hierher gebracht worden, um
es vor Aurangzeb zu retten. Bei der Überführung soll der Wagen
mit dem Standbild bei dem Dorf Sirah in der Erde
steckengeblieben sein. ein Zeichen, daß der Gott hier im
heutigen Nathdwara bleiben wolle. Diese Geschichte wird gern
erzählt. Bei den Rettern des Idols handelt es sich um eine
Bhakti-Sekte, die auf den Brahmanen Vallsbha aus Benares (1479 –
1531) zurückgeht. Vallabha lehrte, daß Krishna–aus der
ehemaligen Inkarnation Vishnus war eine eigene Gottheit geworden
– die Welt aus sich erschaffen habe, indem er ihr nur einen Teil
seiner Eigenschaften gab, ohne sich selbst zu verändern. Die
Materie erhielt das Sein des Gottes, die Seelen zusätzlich
Krishnas Geist, die Wonne aber, die es als Heil zu erlangen
gilt, behielt Krishna zurück, um sie dem zuzuerkennen, der sich
dem Gott in Liebe (bhakti) nähert. Die Welt war also nicht als
Trugbild abzulehnen wie sonst im Hinduismus, denn sie
manifestierte ja selbst eine Wesensart Gottes. Aus dieser
Weltzugewandtheit erklärt sich auch die Bauweise des
Nathdwara-Tempels, den die Vallabhacharyas Haveli (Palast)
nennen, ihn somit als Profanbauwerk sehen, dem lediglich eine
besondere Bedeutung zukommt. Die Rettung des Standbildes Nath
jis war ein symbolischer Sieg über die Moslems, der der
Krishna-Bhakti großen Aufschwung gab. Dies ist der Grund, warum
wir uns hier so aus führlich mit dem Nathdwara-Tempel
beschäftigen, der ansonsten keine Bedeutung hat. Darüber hinaus,
wir müssen es an dieser Stelle sagen, ist er Fremden nicht
zugänglich. Für etwaige Enttäuschungen wird aber auf jeden Fall
die Landschaft um Nathdwara enschädigen.
Nach weiteren 16 km auf der NH8 erreicht man in Kankroli den
ebenfalls Vishnu geweihten Dwarkadish-Tempel mit einem Standbild
aus dem 6. Jhdt. Hier befindet sich auch der Raj Samudra, den
Raj Singh im 17. Jhdt. aufstauen ließ. Auf dem Damm stehen drei
Marmorchhattris, von denen der ,,Nochanki“ möglicherweise der
einzige ist, den es in Rajasthan zu be sichtigen lohnt. Die
beste Übernachtungsmöglichkeit auf der Strecke Udaipur –
Kankroli besteht in Nathdwara.
Ein Ausflug von Udaipur in östlicher Richtung führt zunächst
nach Ahar (3 km) mit den Marmorchhattris der Maharanas von
Udaipur. Kürzlich wurden hier bei Ausgrabungen die Reste einer
4000 Jahre alten Stadt freigelegt, bei der es sich um die Stadt
Tembavati Nagari, die Heimat der Vorfahren des legendären
Vikramaditiya, handeln soll. Nach diesem König, dem Gründer
Ujjains, wird eine Ära berechnet, die Vikram Samvat (V.S. = A.D.
+ 57 Jahre, also V.S. 2037 = A.D. 1980), die uns nun schon
häufig in Rajasthan begegnet ist. Die Ausgrabungsstelle mit
einem kleinen Museum liegt den Kenotaphen gleich gegenüber. Die
Chhattris, die einst verlassen an den Ufern des Ahar standen,
sind heute von einem geschäftigen Dorf umgeben. Nach weiteren 13
km an der Straße nach Chittorgarh liegt der 4 km lange und 2 km
breite Udai Sagar, den Udai Singh im 16. Jhdt. anlegen ließ.
Nach 43 km östlich von Udaipur, nun nicht mehr im Gebirge,
gelangt man nach Jagat mit dem Ambikamata-Tempel aus dem 10.
Jhdt. An den Außenwänden des Tempels sind erotische Szenen
dargestellt.
Beliebt als Ausflugsziel ist der Jaisamand-See, auch Dhebar-See
genannt, 51 km südlich von Udaipur. Er wurde 1685 von Jai Singh
aufgestaut und ist mit 14 km Länge und 9,6 km Breite der größte
See Rajasthans. Bekannt sind die Elefantendarstellungen bei den
sechs Grabmälern am Seeufer. Auf Inseln leben Stämme der Bhils
und der Meenas. Das Gebiet um den See wurde zum Wildreservat
erklärt. 64 km von Udaipur gelangt man ins Dorf Rikhabdevji mit
einem Jaintempel aus dem 14. Jhdt.
In westlicher Richtung führt nur eine einzige, etwa 5 km lange
Straße aus Udaipur heraus nach Sajjangarh, einem Palast, den
Sajjan Singh im späten 19. Jhdt. auf einem Hügel bauen ließ.
Udaipur – Kumbhalgarh – Ranakpur – Udaipur 255 km (via Sadri).
Wir verlassen Udaipur im Norden und folgen der Straße nach
Gogunda, halten uns aber an der Abzweigung nach rechts. Die
Straße windet sich die Berge hinauf, die mit Elefantenhaut
überzogen zu sein scheinen. Oft sind Häuser oder auch ganze
Dörfer an den Berghang gebaut, was in Rajasthan selten ist.
Häufig begegnen uns auch die typischen Brunnen der Region. Hier
werden die Felder mit Hilfe eines Persischen Rades bewässert,
des sen Arbeitsweise bereits Babur, der erste Moghulkaiser (1526
– 1530), in seiner Autobiographie beschreibt: ,,Die Leute
bewässern mittels eines Rades. Aus Seilen formen sie zwei Ringe,
lang genug, um bis in die Tiefe des Brunnens hinabzureichen,
befestigen Holzstücke zwischen den Seilen, und daran binden sie
Krüge. Die Seile mit dem Holz und den daran angebundenen Krügen
werden über das Brunnenrad gelegt. An einem Ende der Radachse
ist ein zweites Rad aufgehängt und ein weiteres dicht daran an
einer aufrechten Achse. Dieses letzte Rad wird von einem Ochsen
gedreht; die Zähne dieses Rades fassen in die Zähne des zweiten
und auf diese Weise wird das Rad mit den Krügen bewegt. Eine
Wanne wird dorthin gestellt, wo sich das Wasser aus den Krügen
ergießt, und von dort wird das Wasser überallhin verteilt.“
In den südlichen Aravallis gibt es etliche Quellen. Auch in der
regenarmen Jahreszeit trocknen die steinigen Flußbette, an denen
man ebenfalls persische Räder sieht, selten aus. Einzeln oder in
kleinen Gruppen stehen besonders in den Tälern knorrige Bäume,
die zur Trockenzeit Laub abwerfen, um Wasser zu sparen. Im Früh
jahr tragen die Bäume schon kein Laub mehr, dafür aber
farbenprächtige Blüten. Palmen wachsen dort, wo das Land
bewässert wird. Als Anbaumethode ist auch die Terrassenkultur
bekannt.
Kamelkarren und Kamelreiter haben wir nun schon häufig in
Rajasthan gesehen, doch hier begegnet uns zum ersten Mal eine
Frau mit ihren beiden Kindern auf einem Kamel. Auf reich
verzierten und kunstvoll geformten Ochsenkarren ziechen Nomaden
familien mit ihrem Hausrat umher. Es wird deutlich, daß in
dieser Region eine Reihe von Stämmen ihre Lebensweise bewahren
konnten.
Nach etwa 60 km hinter Udaipur zweigt links eine Straße zur
Festung von Kumbhalgarh ab. Die zum Teil nicht aspahltierte
Nebenstraße windet sich in Serpentinen über 7 km zum Fort
hinauf, das in 1037 m Höhe liegt. Von dieser Zufahrt aus sieht
man zunächst keinen einzigen Stein der Festung. Erst spät
erblickt man zwischen zwei Bergen einen Torbogen. Sobald man
dieses erste und ein weiteres Tor durchfahren hat, befindet man
sich in der einstigen Stadt. Die starke, noch gut erhaltene
Ummauerung ist mit einer Länge von 38 km mehr als beeindruckend.
Auf der Spitze des Berges steht der Palast. Hier wohnt ein
Verwalter, der mit einigen Brocken Englisch dem Palast gute
Seiten abzugewinnen versucht. Um die Aussicht auf die Ebene
jenseits von Kumbhalgarh genießen zu können – man sollte unter
keinen Umständen darauf verzichten -, ist man auf den
geschwätzigen Verwalter angewiesen, denn er hat die Schlüssel zu
dem Gebäude. Der Rest der ,,Führung“ kann getrost verschlafen
werden. Vom Palast hat man auch den besten Überblick über
wenigstens einen Teil der 316 Tempel, die weitverstreut
innerhalb der Mauern von Kumbhalgarh liegen. Im 1460 n. Chr. von
Rana Kumbha erbauten Mamadev (Shiva)-Tempel fand man Reste einer
Inschrift. Eine zeitgenössiche Abschrift der
Kumbhlalgarh-Inschrift befindet sich in der
Saraswati-Bhavan-Bücherei in Udaipur. Sie konnte wichtigen
Aufschluß über noch immer ungeklärte Abschnitte der Geschichte
Mewars geben. Heute ist Kumbhalgarh unbewohnt und die ehemalinge
Fort Anlage ist ein Luxus Hotel, nur Vieh wird manchmal
hierhergetrieben. Es gibt also niemanden im Dorf, der eine
Führung über das Gelände leiten könnte. Man muß schon auf eigene
Faust Entdeckungen machen oder im Hotel nach einer Führung
fragen.
Vor Kumbalgarh muß man denselben Weg zur Hauptstraße, wo sich
auch die Bushaltestelle befindet, zurückfahren. Wer nicht mit
dem eigenen Auto oder einem Taxi anreist, der kann Kumbhalgarh
nur unter großen Mühen erreichen. Immerhin hat man neben der
Hin- und Rückfahrt noch 14 km Straße und ein riesiges
Besichtigungsfeld vor sich. Zwar stehen an der Hauptstraße
einige Häuser, doch ist eine Übernachtung hier nirgends möglich.
Die Hauptstraße führt nun stetig bergab bis in die Ebene des
Jodhpur-Distriktes, die wieder dichter besiedelt ist. Auf einem
Hof erspähen wir eine Rarität: tanzende, singende, sich
umarmende Frauen. Wir können unseren Fahrer nicht dazu
überreden, anzuhalten. Es sei ihm peinlich. Er erzählt uns aber,
daß die Frauen Gangaur feiern.
In Desuri nehmen wir uns Zeit für eine Teepause. Festlich
gekleidete Frauen und Männer vergnügen sich bei einer Kirmes.
Für die nächste halbe Stunde sind wir jedoch der Mittelpunkt des
Ortes, der uns außergewöhnlich hinterwäldlerisch erscheinen
will. Unser Taxi wird belagert, und unser Fahrer hat seine liebe
Not mit den immer aufdringlicher werdenden Dorfbewohnern, die
nun schon von allen Seiten auf das Blech trommeln.
Merkwürdigerweise haben wir auch jetzt nicht – wie überhaupt nie
zuvor in Indien – das Gefühl, bedroht zu sein. Jemand öffnet die
Tür, ich schlage sie wieder zu und damit ist die Sache erledigt
als ginge es nur darum, sich einen Scherz zu machen |
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