Die Hauptstadt Rajasthans, wegen
ihrer unzähligen, in Rosarot gehaltenen Bauten auch Pink
City genannt, gehört sicherlich zu den sehenswertesten
Städten Indiens und verdient mit ihren zahlreichen
großartigen Beispielen Kunstschaffens durchaus einen
längeren Aufenthalt.
Geschichte.
Ein Mitglied des Kachwaha-Clans von Gwalior gründete im
11. Jhdt. den Staat Amber. Die gleichnamige Hauptstadt
blieb 600 Jahre lang Herrschaftssitz der Kachwahas. Im 16.
Jhdt. fürchtete man während einer Staatskrise, den
Angriffen benachbarter Fürstentümer ohne einen
Bündnispartner nicht gewachsen zu sein. So schloß sich
Biharimal als erster der Rajputenfürsten dem Großmoghul
Akbar an. Er gab seine Tochter Akbar zu Frau und erntete
große Ansehen am kaiserlichen Hof. Sein Sohn Bhagvan Dass
(1574 – 89) sowie dessen Nachkommen wurden Generäle des
Moghulheeres und Gouverneure verschiedener Provinzen.
Mirza Raja Jai Singh (1617 – 67) war wohl der bekannteste
unter ihnen. Er diente drei Moghulkaisern: Jahangir, Shah
Jahan und Aurangzeb. Mit Unterstützung der Moghule erwarb
der Staat Amber mehr und mehr Bedeutung, während andere
Rajputenstaaten im Kampf gegen die Moslemherrschaft
geschwächt wurden.
Maharaja Jai Singh II (1699 – 1743) gründete nach einem
eigens entworfenen Plan am 17. 11. 1727 die neue
Hauptstadt Jaipur. Das enge Tal von Amber hatte ein
weiteres Ausdehnen der Stadt verhindert, und so war eine
Verlegung der Hauptstadt nötig geworden. Außerdem darf man
annehmen, daß dem in Studien über Kunst, Architektur und
Astrologie versunkenen Jai Singh die Planung und
Errichtung einer eigenen Stadt ein hohes Lebensziel
gewesen sein muß. Jai Singh, der schon mit 11 Jahren auf
den Thron gekommen war – was allerdings in Indien keine
Seltenheit war – galt als außerordentlich intelligent.
Seit 1734 waren die Maraten, die ihren Stützpunkt in Ajmer
errichtet hatten, eine ständige Bedrohung für die
Rajputenstaaten. 1787 schlossen die Fürsten von Marwar und
Jaipur ihre Armeen zusammen und besiegten die Marathen bei
Tonk. Doch war dieser Erfolg von kurzer Dauer, denn schon
vier Jahre später konnten die Sindhias Ajmer
zurückerobern. So unterschrieb Maharaj Jagat Singh 1818
das Abkommen mit der Ostindischen Kompanie, um Frieden und
Wohlstand zurückzuerlangen. Seine eigenen Interessen, ein
sorgloses Leben im Überfluß weiterführen zu können,
standen dabei im Vordergrund. Die
Unabhängigkeitsbestrebungen, die
in der Mitte des 19. Jhdts. einsetzten, waren für die
Maharajas ebenso unbequem wie für die Briten. Beide
Parteien sorgten daher vereint für die Unterdrückung
dieser Bewegungen. In den Weltkriegen unterstützte Jaipur
die Truppen Englands. So kämpfte der Maharaja selbst als
Major beim Lifeguards-Regiment 1943 in Italien.
Am 30. März 1949, zwei Jahre nach der
Unabhängigkeitserklärung, gab Jaipur seine Autonomie auf
und schloß sich dem neugebildeten Staat an. Für den
friedlichen Anschluß an den Bundesstaat erhielt die
Fürstenfamilie zunächst eine Abfindung. 1974 wurden jedoch
die Maharajas von Indira Gandhi enteignet. Die heutige
Maharani – am Titel hält die Familie fest – ist als
Politikerin tätig. Sie wohnt in einem für Fremde nicht
zigänglichen Teil des Palastes und unterhält noch eine
Dienerschaft, die mit ihrer Uniform sogleich im Stadtbild
Jaipurs auffällt.
JAIPUR – STADT DER RAJPUTEN
Noch in Jahre 1947 zeigte Landkarte Indien als Mischung
aus rosafarbenen Streifen, ,,British India“, und einigen
kleinen Flecken, die ,,Fürstenstaaten“. Während British
India direkt von der fremden Kolonialmacht verwaltet
wurde, waren die Fürstenstaaten der britischen Eroberung
entgangen. Zwar nahmen die Briten starken Einfluß auf die
Politik der Fürstenstaaten, dennoch konnten sie ihrem
Stadtcharakter nichts anhaben. Sidney und Beatrice Webb,
die 1912 Indien besuchten, hoben in ihren Reiseberichten
die Individualität dieser kleinen Staaten hervor, die im
Vergleich mit den formlosen, von den Briten verwalteten
Städten angenehm auffiel. Heute verschwimmen die
Unterschiede zusehends, da alle Städte mit den Problemen
galoppierender Urbanisierung zu kämpfen haben. Die
königlichen Hauptstädte haben an Symbolcharakter verloren,
dafür aber an wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen. In
vielen Städten, so auch in Jaipur, ist die Bevölkerung
noch immer auf die Wahrung ihrer Individualität bedacht.
Unterstützung findet sie dabei im Tourismus, dem besten
Verbündeten des Traditionalismus.
Malerische Schönheit zeichnet fast alle Städte Rajasthans
aus. Jaipur ist dabei von ganz besonderem Interesse,
spiegelt es doch Sawai Jai Singhs Begeisterung für
kosmische Ordnung wider, Die Stadt wurde nach dem
mandala-Modell, basierend auf einem Gittermuster mit neun
Planquadraten, erbaut, das sich von den Mogulstädten mit
ihren radial von einer Zitadelle ausgehenden Achsen
unterscheidet.
Rajasthans Städte haben die Herausforderung eines Lebens
in einer extremen Klimazone angenommen und über die
Jahrhunderte hinweg verschiedene ,,Überlebenstechniken“
perfektioniert. Die Paläste von jaipur, Amber. Samode und
Alwar sind von Menschenhand geschaffene Oasen, in denen
sandiges Ödland von einem frühen Pflanzenkleid überzogen
und gleißendes Sonnenlicht von jail-Steinwerk sanft
gefiltert wird. Moderne Technologien leiten das Wasser der
Punjab-Flüsse nach Rajasthan und verwandeln die Wüste
allmählich in fruchtbares Land.
Ein Ausflug in die Umgebung von Jaipur macht deutlich, wie
die herrlichen Gesteinsformationen des Hügellandes durch
rücksichtslosen Raubbau in den vergangenen Jahren zerstört
wurden. Umweltschützern ist es in den letzten 25 Jahren
gelungen, Indiens Wald-und Artenschwund zu verlangsamen,
wenn auch nicht ganz zu stoppen. Mit Siliserh, Sariska,
Ranthambhore und Keoladeo Ghana erstreckt sich östlich von
Jaipur ein Gebiet von ungewöhnlich reicher Fauna und
Flora.
Weites Tigerland und ruhige Wasserstreifen verbinden heute
die Städte der Yamuna-Ebene mit den Siedlungen in der
Wüste, zu der Jaipur das Eingangstor bildet.
DIE STADT DES SAWAI JAI SINGH
Aus dem Land der Festungen und Paläste, Tempel und
Mausoleen sticht Jaipur, die ,,Rosarote Stadt“, wegen
ihrer einmaligen Architektur besonders hervor. Im 18.
Jahrhundert errichtet, symbolisiert Jaipur die Träume und
Wünsche des visionären Königs Jai Singh und seines
genialen Hofbaumeisters Vidyadhar.
Schon im zarten Alter von zwölf Jahren wurde Jai Singh
1700 nach dem Tod seines Vaters im fernen Afghanistan zum
Herrscher von Amber gesalbt. Jai Singh war ein frühreifes
Kind mit erstaunlichen Kenntnissen in Politik, Religion,
Literatur, Mathematik und Astronomie. Den Titel Sawai
erhielt er von dem alten Mogulherrscher Aurangzeb, als er
kaum 15 Jahre alt war. Um die Titelverleihung rankt sich
eine amüsante Legende. Der mißtrauische Kaiser Aurangzeb
wollte nicht, daß der jüngere Herrscher Jai Singh sich in
Amber aufhielt und schickte ihn deshalb in den Kampf gegen
die Marathen auf dem Dekkhan. Als Jai Singh sich weigerte,
in den Krieg zu ziehen, beschnitt Aurangzeb seinen Rang
und ließ Jai Singh zu sich bringen. Die Legende will es
nun, daß der Kaiser die Hände seines Gefangenen ergriff
und zu wissen verlangte, was jai Singh zu tun gedachte, um
sein Leben und sein Königreich zu retten. Der junge
Bursche antwortete unerschrocken. daß er erwarte, vom
Kaiser geschützt zu werden, der seine Hände genauso hielt,
wie es ein Bräutigam mit seiner Braut Kurz vor der
Hochzeit täte. Dem Kaiser imponierte die Schlagfertigkeit
des Jungen Jai Singh und er bemerkte, daß der
Rajputen-Königs-sohn wahrlich nicht nur eine ,,halbe
Portione“ sei. Er setzte Jai Singh wieder in sein Amt ein
und verlieh ihm den Titel Sawai, ,, ein und ein Viertel
(Portion)“. Seitdem tragen alle Kachchwaha-Herrscher
diesen Titel.
Nach dem Tod Aurangzebs 1707 wurde das Leben für Sawai Jai
Singh um vieles schwerer. Der neue Kaiser Bahadur Shah war
dem jungen König nicht gerade wohlgesonnen, hatte doch Jai
Singh im Erbstreit um den Thron Bahadur Shas Bruder, Azam
Shah, unterstützt. Nach der Deportation Jai Singhs aus
Amber fiel die Stadt seinem jüngeren Bruder Vijay Singh
zu. Es war vor allem verletzter Stolz, der den gestürzten
Rajputen Herrscher vor der Resignation bewahrte. In
weniger als zehn Jahren wurde Jai Singh nicht nur König
eines stärkeren und wohlhabenderen Amber, sondern auch der
bedeutendste aller Rajputen-Herrscher. Dank seines
Einflusses gelang es Jai Singh, den von ihm favorisierten
Mohammed Shah Rangila auf den Moguln-Thron in Delhi zu
setzen.
Schließlich verfügte jai Singh über genügend Zeit und
Mittel, um seinen eigenen Interessen und Neigungen
nachzugehen. Gelehrte, Dichter, Maler, Astronomen und
Künstler strömten aus allen Landesteilen zusammen, um Jai
Singh ihre Dienste anzubieten. Amber konnte immer weniger
die wachsenden Bedürfnisse des anspruchsvollen Herrschers
befriedigen. Jai Singh träumte von einer neuen Stadt, die
seinen Namen tragen würde. Glücklicherweise mußte er nicht
lange nach einem begabten Architekten suchen, der seine
Wunschträume in die Tat umsetzen konnte. Vidyadhar
Chakravarti, ein niederer bengalischer Beamter, hatte für
Amber, Jaigarh und Nahargarh bereits raffinierte
Bewässerungsanlagen geschaffen und damit sein Können als
Baumeister unter Beweis gestellt. Sein Entwurf für eine
weiträumige Stadt südlich des Nahargarh-Kamms fand sofort
die Zustimmung seines Auftraggebers.
Die Gründung der Stadt geht auf einen religiösen Akt
zurück, den der berühmte Gelehrte Jagannath Samrat am 18.
November 1727 vollzog. Innerhalb von fünf Jahren
verwandelte Vidyadhar Sanddünen, hügelige
Dschungellandschaften, feuchtes Sumpfland und fünf kleine
Dörfer, die in diesem Gebiet langen, in eine spektakuläre
Stadt mit breiten, geraden Straßen, ordentlichen
Häuserreihen, wundervollen Tempeln und offenen Plätzen,
die alle von starken Befestigungen gesichert wurden. So
wie Jai Singh es sich gewünscht hatte, wurde die Stadt
Sawai Jaipur getauft.
Als Sawai Jai Singh den Wunsch äußerte, in der Nähe des
Tempels seiner Lieblingsgöttin Govinda Deva zu Wohnen,
baute Vidyadhar den Chandra Mahal-Komplex mit dem
siebenstöckigen Mondpalast und unzähligen Innenhöfen am
Südrand des Jai Niwas Bagh. Die Palastanlage nimmt mit
ihren öffentlichen Gebäuden, dem Observatorium, den zenana
mahals (Harems) und den 52 Büroräumen ein Siebtel der der
Stadtfläche ein. Jaipur ist in sieben rechteckige
Sektoren, den chaukris, eingeteilt und wird von einem Netz
von Straßen, Avenunen und kleinen Gassen durchzogen.
Die sieben Hauptverkehrsadern der Stadt werden auf jeder
Seite von einer gleichen Anzahl von Geschäften von
gleicher Größe und gleichem Zuschnitt gesäumt. Für
wohlhabende Bürger, Händler und Feudalherren (thakurs)
entstanden unter Vidyadhars Regie herrliche Wohngebiete
mit beeindruckenden havelis (Herrenhäuser). Ganz nach Plan
wurden religiösen Einrichtungen sowie Handels-und
Gewerbeniederlassungen, Märkten und Fabriken bestimmte
Stadtsektoren zugewiesen. Die dem Stadtbegründer
nachfolgenden Herrscher, Sawai Madho Singh I., Pratap
Singh, Ram Singh II., Madho Singh II. und Man Singh II.,
verwendeten äußerste Sorgfalt auf alle städtebaulichen
Veränderungen, um Vidyadhars ursprünglichem Plan treu zu
bleiben. Von Anfang an wurde unkontrolliertes urbanes
Wachstum durch strenge Gesetze unterbunden. Das blieb auch
so, bis sich Jaipur 1949 an die Indische Union anschloß.
Der wichtigste Stadtteil ist der Palastbezirk, auch
,,Stadtpalast“ genannt. Von Osten kommend ist er über den
Hawa-Mahal-Basar, Sireh Deorhi (Siegestor), Naqqara-Tor
(Trommeltor), Jaleb Chowk oder Dundubi-Tor, und von Süden
kommend, über das Tripolia (den dreitorigen Haupteingang),
Chandni Chowk, Rajendra-Tor,Mubarak Mahal und Singh-Tor
(Löwentor) zu erreichen. Die Teile des Palastbezirks, die
1959 dem Maharaja-Sawai-Man-Singh-II.-Museum übergeben
wurden, sind heute größtenteils für die Öffentlichkeit
zugänglich. Da der Durchgang durch das Tripolia- und
Rajendra-Tor den Mitgliedern der königlichen Familie
vorbehalten ist, müssen Normalsterbliche, die den Palast
besichtigen wollen, mit dem Atish-Tor und dem
Gainda-ki-Deorhi vorliebnehmen. Das erste Gebäude, das ins
Auge fällt, ist das wundervolle Mubarak Mahal (Willkommenspalast)
aus Marmor und Sandstein. Es wurde von 1895 bis 1900 von
Sawai Madho Singh II. als Audienzhalle für seine Gäste
errichtet. Später diente das Gebäude als Mahakma Khas oder
Tagungsstätte des Kabinetts, heute sind darin die
pothikhana (Manuskriptensammlung), Büros der
Museumsverwaltung und die toshakhna (Textilsammlung)
untergebracht. Mubarak Mahal ist wohl das schönste
Beispiel des gemischten Raijputen- und indo-sarazenischen
Architekturstils, de rim späten 19. Jahrhundert von dem
Briten Sir Swinton Jacob entwickelt wurde.
Die Textilsammlung zeigt eine interessante Auswahl an
kostbaren Gewändern aus dem Kleiderschrank der
Königsfamilien von Jaipur. Unter den Ausstellungsstücken
Schirmwände, Bettdecken, Teppiche, pashmina-Kaschmirschals
und shahtush-Wickeltücher, handgefärbte und bedruckte
Materialien, odhnis (Schals) aus Jaipur, Seiden-und
Brokat-arbeiten aus Benares, Aurangabad, Bengalen, Gujarat
und Chanderi. Besonders beeindruckend - allein schon wegen
seiner Größe ist das lachsfarbene atamsukh, das Madho
Singh I. getragen hat.
Der König soll über zwei Meter groß gewesen sein und 225
Kilogramm gewogen haben. Die Weite seiner Pyjamas läßt
keinen Zweifel an seinem Leibesumfang, seine legendäre
Größe ist aber historisch nicht belegt. Eine wahre
Augenweide ist auch die gold-schwarze Festtagsrobe einer
der Maharanis von Sawai Ram Singh. Die goldenen zari-und
gota-Applikationen wiegen mehrere Kilogramm. Klein, aber
dennoch sehr sehenswert ist die Sammlung mogulischer
Glaswaren, ritueller Gegenstände, Musikinstrumente und
dekorativen Kunsthandwerks aus der Sammlung früherer
großer Herrscherfamilien von Jaipur.
Links vom Mubarak Mahal steht eine weitere
Ausstellungshalle, die aus dem Umbau einer alten rasoda
(Küche) entstand. Vor langer Zeit wurden hier vegetarische
Gerichte, Fleischspeisen, Imbisse, erfrischende
Fruchtgetränke und masalas in getrennten Gängen für den
Herrscher, seine Familie, Gefolgsmänner und Haremsdamen
zubereitet.
An der neuen Ausstellungshalle vorbei, ganz in der Nähe
des von Marmorintarsien gezierten Löwentors (Singh Pole),
führt ein Weg zur silehkhana (Waffenkammer). Die Dolche,
Schwerter, Speere, Feuerwaffen, Brustschilde und Rüstungen
stammen aus den alten staatlichen Waffenarsenal und aus
Privatsammlungen ehemaliger Herrscher. In diesen Räumen
traten früher auch die Dhrupad-Sänger und Kathak-Tänzer
des Gunijan khana (Musik- und Tanz Department) auf. Unter
den Ausstellungsstücken befinden sich zwei Schwerter mit
Inschriften aus der Waffensammlung des Herrschers
Shahjahan, ein persisches Königsschwert und ein fünf
Kilogramm schweres, gebogenes Schwert, das einst Raja Man
Singh gehörte. Zu den Glanzstücken der Ausstellung gehören
Dolche, Messer (katara) und Schwerter mit kunstvoll
geschnitzten Griffen aus Jade, Kristall, Achat, Elfenbein,
Silber und Gold sowie turbanförmige, golddamas-zierte
Helme.
Die mächtigen, mit Kupferplatten beschlagenen Tore des
imposanten Singh Pole führen zum Hof des Sarvatob-hadra
oder Diwan-i-Khas (private Audienzhalle). Zwei weiße
Elefanten, beide aus einem Stück Marmor gemeißelt,
bewachen die Flanken des mit wundervoller Pietra dura
verzierten marmornen Durchgangs. Das mächtige Löwentor (Singh-Tor)
zählt zu den Hauptattraktionen der Palastbezirks.
Übertroffen wird sein Ruhm nur noch von den gangajalis
(Behälter, in denen heiliges Ganges-Wasser aufbewahrt
wurde). Die Wassergefäße aus reinem Silber stehen unter
den lachsroten Bögen des Sarvatobhadra. Mit einem
Fassungsvermögen von je 8182 Litern sind die beiden
gangajalis sogar im Guinness-Buch der Rekorde als die
größten Silbergegenstände der Welt aufgeführt. Die
Geschichte, die sich mit diesen beiden Wasserbehältern
verbindet, beginnt um die Jahrhundertwende. Der Herrscher
Madho Singh II. wollte unbedingt nach London reisen, um
der Krönung von Edward VII. Im Jahre 1902 beizuwohnen. Ein
brandneuer Ozeandampfer wurde für ihn und seine Familie
gechartert und um einen königlichen Privattempel
bereichert. Um nicht während der Fahrt unreines Wasser
trinken zu müssen, nahm er diese beiden Silbergefäße,
gefüllt mit dem heiligen Wasser des Ganges, auf seine
Europareise mit.
Zur Rechten des weiß und rosarot bemalten Hofes liegt das
Diwan-i-Am, dessen prächtige Kronleuchter auf seine
ursprüngliche Verwendung als Festsaal hinweisen. Heute
beherbergt das Gebäude eine Kunstgalerie, in der seltene
Blumenteppiche, wertvolle Manuskripte, farbenfrohe
Miniaturen, Thronsessel aus Gold und Silber sowie bemalte
und mit Elfenbein eingelegte howdahs ausgestellt sind.
Unter den seltenen und wertvollen Exponaten des Museums
verdienen die nur zu besonderen Anlässen gezeigten, reich
verzierten persischen Schriften Ramayana und Mahabharata (Razmnama)
des Herrschers Akbar besondere Aufmerksamkeit.
Vor kurzem wurde ein Teil der Sammlung von Kutschen, Wagen
und Sänften aus dem alten Baggi khana (Garage) ins
Diwan-i-Am umgesiedelt. Das wohl bemerkenswerteste
Gefährt, der zweistöckige Indra-vimen, der von vier
Elefanten gezogen wurde, befindet sich aber noch immer in
der Garage außerhalb des Naqqara-Tors.
Vom Sarvatobhadra-Hof führt das wunderschöne
Ridhi-Sidhi-Tor aus weißem Marmor zum Hof vor der ,,Halle
der Geliebten“, Pritam Niwas, im Erdgeschoß des Chandra
Mahal. Vier Torwege zieren zwei Seiten dieses Innenhofes,
der früher einmal Schauplatz herrlicher Musik- und
Tanzfeste war, die in Vollmondnächten von den Königlichen
Damen hinter ihren Jali-Fenstern im ersten Stock heimlich
beobachtet wurden.
Die nördliche Veranda des Chandra Mahal öffnet sich zum
Jai Niwas Bagh mit seinen herrlichen Fontänenreihen,
radschlagenden Pfeuen und herumtollenden Äffchen. Der
Tempel der Govinda Deva in der Mitte des Parks wird von
zahlreichen Gläubigen besucht, die Loblieder auf ihren
Gott Krischna singen. An besonderen Festtagen wie etwa
Diwali, Annakut und Janmashtami (Krischnas Geburtstag)
strömen Hunderttausende Pilger zu dem Heiligtum.
Alle oberen Stockwerke des Chandra Mahal werden heute von
der königlichen Familie privat genutzt. Die Gemächer
bergen verschiedene Kunstwerke, von den traditionellen
Malereien des Sukh Niwas über die blauen Arabesken des
Chhavi Niwas bis hin zu den Gold-und Glasarbeiten im
Sheesh Mahal. Zur Linken des Palasts befindet sich das
Zenana Deorhi, in dem die königlichen Damen, abgeschnitten
von der Außenwelt, völlig zurückgezogen lebten. Die
Zimmerfluchten, die offenen Hallen, die von kunstvollem
Gitterwerk abgeschirmten Gänge und die Schlafgemächer des
Zenana Deorhi nehemen mehr Platz in Anspruch als der
Hauptteil des Palasts.
Rechts vom Gainda-ki-Deorhi befindet sich das jantar
Mantar, die Stern-warte des Sawai Jai Singh. Etwas weiter
östlich folgt das Hawa Mahal, der Palast der Winde. Sawai
Pratap Singh (1778-1803), Dichter Komponist und gläubiger
Hindu, ließ den Windpalast 1799 für seine Gemahlinnen und
deren Hofdamen bauen. Das fünfstöckige, sich sanft nach
oben verjüngende Bauwerk ist in vieler Hinsicht
einzigartig – so in seiner künstlerischen Ausgestaltung,
die viel Liebe zum Detail erkennen läßt, und in seinem
architektonischen Aufbau, der die Erker den leisesten
Windhauch einfangen und so den heimlichen Beobachterinnen
hinter den Fenstern angenehme Kühle zukommen ließ.
Weitere bedeutende Bauwerke sind der Tempel von
Ramchandraji, den eine der Maharanis von Sawai Ram Singh
II. 1845 erbauen ließ, die Stadthalle, die einige Jahre
später entstand, und die bis vor einige Jahre als
Tagungsort des Parlaments von Rajasthan genutzt wird, und
das Ram-Prakash-Theater (gibt leider nicht mehr).
Wenn sich auch in der Stadt des großen Baumeisters
Vidyadhar ein tiefgreifender Wandel vollzogen hat, der vor
allem auf das starke Bevölkerungswachstum in den letzten
Jahrzehnten zurückzuführen ist, so kann ein Spaziergang
durch die Straßen des Johari-Basars, des Chandpole-Basars
und Purana Basti noch immer zu einem schönen,
unvergeßlichen Erlebnis werden. Auf Ihren Streifzügen
durch die Stadt begegnen Ihnen Goldschmiede, Emailleure,
Miniaturmaler, Bildhauer und viele andere Künstler und
Handwerker, die die alten Traditionen Jaipurs am Leben
erhalten.
Geschichte von Jaipur
Benannt
wurde sie nach ihrem Gründer Maharaja Jai Singh II.
(1699-1744), der nach dem frühen Tod seines Vaters Bishan
Singh bereits mit 12 Jahren den Thron von Amber bestieg
und schon in jungen Jahren den Mogulherrscher Aurangzeb
derart beeindruckte, dass er ihm den Ehrentitel Sawai
verlieh (eineinviertel Mal besser als alle Zeitgenossen) –
eine Bezeichnung, mit der sich seither alle Thronfolger
Jaipurs schmücken. Die Maharajas von Jaipur gehören zu den
wenigen, deren Herkunft sich bis in das 11. Jh. verfolgen
lässt, als Kakil Deo aus dem Rajputenclan der Kachawaha
die Festung Amber eroberte und zur Residenz erhob. Sie
selbst führen ihre Abstammung aber noch weiter zurück und
sehen sich als Erben der legendären Sonnendynastie von
Ayodhya. Durch Heirat war das Haus von Jaipur seit Mitte
des 16. Jh. eng mit den Moguln verbunden. Sowohl Akbar wie
auch sein Sohn Jahangir hatten Töchter der Herrscher von
Amber zur Frau. Diese engen Familienbande fanden ihren
Niederschlag in zahlreichen Privilegien, wie z. B. den
Titeln von Heerführern und Gouverneuren im Dienste der
Mogulherrscher. Wie üblich war damit auch ein beachtlicher
Reichtum verbunden.
Mit der Vergrößerung des Reiches, das bald auch die
Fürstentümer von Mewar und Marwar einschloss, fasste Jai
Singh II. die Neugründung einer Hauptstadt ins Auge, zu
der er am 18. November 1727 den Grundstein legte.
Möglicherweise wollte der Herrscher damit seine Loslösung
von der Mogulherrschaft nach dem Tode Aurangzebs zeigen.
Schon zuvor hatte er sich allerdings als eifriger Bauherr
betätigt, etwa beim Observatorium in Delhi und im Palast
von Amber.
Mehr als einmal geriet Jaipur nach dem Tode seines
Gründers im 18. Jh. in Bedrängnis. Im August 1748 fielen
die Marathen in Jaipur ein, zwei Jahre später stand
Jaswant Rao Holkar vor der Stadt und trieb Ishwari Singh
(1743-1750) in den Selbstmord. Im Jahre 1818 schloss
Maharaja Jagat Singh den ersten Vertrag mit den Briten und
sicherte damit der Dynastie ein gewisses Maß an Autonomie.
Bei der Meuterei 1857 unterstützte Jaipur tatkräftig die
Kolonialherren und gehörte seither zu den treusten
Verbündeten.
Die Stadt wurde nach dem in Indien selten anzutreffenden
schachbrettartigen Muster angelegt, bestehend aus
insgesamt zehn nahezu quadratischen Vierteln, von denen
neun wiederum ein Quadrat bilden und über ein Netz sich
rechtwinklig kreuzender Straßen verfügen. Woher Jai Singh
das Konzept übernommen hat, ist nicht klar. Möglicherweise
liegen dem Raster kosmische Bezüge zugrunde. Jai Singh
beschäftigte sich ja, wie der Bau etlicher Observatorien
beweist, intensiv mit Astronomie und Astrologie. Somit
ließe sich die Stadt als eine Art Abbild des Universums,
als steingewordens Mandala interpretieren. Die neuen
Quadrate symbolisieren dann das neungeteilte Universum,
wobei das nördliche, genannt Chokri Sarhand, als
Verkörperung des heiligen Berges Meru dem Palast
vorbehalten war.
Der besondere Reiz Jaipurs liegt darin, dass die noch
vollständig von Mauern umschlossene Altstadt von modernen
Bauten verschont geblieben ist und durch ihren einheitlich
rosa Farbton wie aus einem Guß wirkt. Den Anstrich erhielt
die Stadt allerdings erst 1876 aus Anlass des Besuchs des
Prinzen von Wales, des späteren Königs Edwards VII. Die
Tradition wurde bis heute beibehalten und sogar per Gesetz
festgeschrieben.
Der Zugang aus der Neustadt erfolgt durch mehrere
attraktive Tore entlang der sich rechtwinklig schneidenden
Hauptachsen. Das Zentrum und die nördlichen Viertel der
Altstadt sind dem Palast und dem Observatorium
vorbehalten. Dass der Palast recht ungeschützt inmitten
der Stadt lag und nicht, wie in Rajasthan üblich, Teil
einer Festung war, lässt auf die militärische Stärke
Jaipurs und das Selbstvertrauen des Erbauers in jenen
Tagen schlissen. Als rettende Zuflucht hatte Jai Singh II.
für den Notfall allerdings die als uneinnehmbar geltende
Feste Nahargarh (Tigerfestung) unmittelbar nordwestlich
der Palastanlage auf einen mit dem Fort Jungarh
verbundenen Felsgrat gesetzt und so eine hochliegende
Bastion gegen potentielle Angriffe aus der Ebene
geschaffen. Aus diesem strategischen Grund wurde die Stadt
auch so nahe wie möglich an den Gebirgszug gerückt und der
perfekt symmetrische Grundriss dem Sicherheitsgedanken
geopfert. Dass der Schutz allerdings nicht ausreichte,
beweisen die mehrfachen Überfälle der Marathen.
Der Palast von Jaipur
Obwohl der nach wie vor vom Maharaja
von Jaipur bewohnte Paläste nur zum Teil der
Öffentlichkeit zugänglich ist, offenbart sich dem Besucher
hier die legendäre Prachtentfaltung der indischen
Herrscher besonders eindrucksvoll. Im Gegensatz zu den
frühen, eher burgartigen Palastanlagen Rajasthans
gruppieren sich die Gebäude um mehrere Höfe in einem
ummauerten Komplex, in den auch ein größerer Garten
einbezogen wurde. Die Anlehnung an die Paläste der
Mogulherrscher Jahangir und Shah Jahan ist in dieser
Residenz, die den Ausgangspunkt für die Stadtplanung
bildete, unübersehbar. Durch das westliche Tor Virendra
Pol betritt der Besucher heute den ersten Innenhof, der
vom Mubarak Mahal im Zentrum beherrscht wird. Das
elegante, durch seine zierlichen Säulen der umlaufenden
Veranda im ersten Stock grazil wirkende ehemalige
Gästehaus entstand 1900 unter Aufsicht des Engländers
Samuel Swinton Jacob, dem State Engineer of Jaipur, und
verkörpert die letzte bedeutsame Phase indischer
Architektur.
Heute ist im oberen Stock das Textilmuseum mit Gewändern
der Maharajas von Jaipur untergebracht, darunter eine Robe
aus Benares Brokat des schwergewichtigen (Gürtelumfang
1,80 m) Maharaja Madho Singh I. (1880 – 1922), feinste
Kaschmirstoffe und traditionelle Holzdrucke, Brokate, mit
Gold durchwirkte Schals, Glaswaren und Spielzeug der
Prinzen. In der nordöstlichen Ecke des Hofs hat die
Waffenkammer ihren Platz. In der sehenswerten Sammlung
manifestiert sich die Vorliebe der Rajputen für das
Kriegshandwerk und ihr Erfindungsreichtum in der
Entwicklung besonders grausamer Waffen, so etwa einer
Keule in Form einer Lotosknospe, die sich in der Wunde des
Opfers mit zahlreichen Spitzen entfaltet. Zu sehen gibt es
überdies das gewaltige Schwert von Raja Man Singh I., die
Schwerter der Mogulherrscher Jahangir und Shah Jahan,
Juwelen – schmückte Dolche und einen Helm Akbars sowie
Pistolen und Gewehre unterschiedlicher Kaliber. |
Das dekorative, zu Beginn unseres
Jahrhunderts zusammen mit dem Mubarak Mahal ebenfalls aus
Marmor gefertigte Rajender Pol an der Nordseite des Hofs
wird von zwei schön gearbeiteten Elefanten aus Marmor
bewacht
Sie wurden hier 1931 von Maharaja Man Singh II.
(1922-1970) aufgestellt, um die lange erhoffte Geburt
eines männlichen Nachfolgers (des derzeitigen Mahajaras
Bhawani Singh) zu feiern. Durch das Tor gelangt man in den
zweiten Hof mit der ursprünglichen öffentlichen
Audienzhalle (Diwan-i-Am), die ihre mongolische Abkunft
kaum verleugnen kann, mit ihren aufgemahlten pietra
dura-Imitaten allerdings weit von deren Qualität entfernt
ist. Die Halle trägt heute den Namen Sharbata Bhadra
(private Audienz-halle order Diwan-i-Khas). Prunkstücke
sind die beiden 1,50 m hohen, 345 kg schweren
Silbergefäße, die Madho Singh II. im Jahre 1902 fuer
seinen Besuch der Krönungsfeierlichkeiten von König
Edwards VII. in England anfertigen ließ, um auch
unterwegs nicht auf das heilige Gangeswasser verzichten zu
müssen.
|
|
Ganesh-Pol-Eingangstor(Amber) |
Laxmi-Naryan-Mandir-Tempel |
In der neuen öffentlichen
Empfangshalle (Ende 18. Jh./Anfang 19. Jh.) an der
Nordostseite des Hofs ist nunmehr die Kunstgalerie
untergebracht. Präsentiert werden eine große Auswahl von
Miniaturen, darunter eine Darstellung mit Maria und Josef,
die zwei anbetenden blonden Engeln das Jesuskind zeigen,
Teppiche des 16. und 17. Jh. aus Kabul und Lahore, ein
Manuskript der Bhagavadgita in Miniaturschrift und die
üblichen Fotos der Herrscherfamilie. Einen Blick verdient
auch die um 1870 mit Blümenornamenten bemalte Decke. Durch
das Ganesh Pol im Westflügel des Hofs gelangt man in den
angrenzenden Pfauenhof (Pritam Niwas Chowk). An der
Nord-seite wird er vom Hauptgebäude der Residenz begrenzt,
dem sieben-stöckigen stufenförmigen, die Gesamtanlage
überragenden Chandra Mahal, der zwischen 1727 und 1734 als
erstes Gebäude der Stadt errichtet wurde und noch die
kompakte Struktur der Rajutischen Palastarchitektur
erkennen lässt.
Akzentuiert wird die Fassade durch den Wechsel glatter
Wandflächen und vorspringender, übereinanderlegender, von
schmalen Säulen getragener Balkone. Allerdings haben die
Architekten die recht kleine Front mit zu vielen Details
überfrachtet und ihr so die Erhabenheit genommen, die
früheren Palastanlagen der Rajputen zu eigen ist. Kleine
kunsthandwerkliche Kostbarkeiten sind Allerdings die
Pfauendarstellungen über dem barock anmutenden Pfauentor
und die getriebenen Metallreliefs an den Türen.
Das Observatorium von Jaipur
Unübersehbar springen am Zugangstor
zum Stadtpalast die futuristisch anmutenden Yantras, die
Steinplastiken des Jantar Mantar ins Auge. Schon früh
hatte sich Jai Singh II. mit Astronomie beschäftigt und
bereits 1724 ein Observatorium in Delhi errichtet, denen
weitere in Jaipur, Varanasi, Ujjain und Mathura folgten.
Weniger Wissenschaftlicher Erkenntnisdrang stand hinter
diesen Ambitionen als vielmehr der Wunsch nach möglichst
präzisen Daten für die in der der indischen Kultur tief
verwurzelte Astrologie. Die Funktionsweise der in mehreren
Komplexen angeordneten Instrumente ist auch heute für den
Laien ohne astronomische Grundbegriffe wie Meridian,
Azimut, Zenit, Eklipse order Deklination nur schwer zu
verstehen. Jaipur ist das einzige Observatorium Jai
Singhs, dessen Instrumente noch voll funktionsfähig sind,
deshalb soll hier kurz auf die Bedeutung der drei
wichtigsten Messstationen eingegangen werden.
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Observatorium-Jantar-Mantar-seit-2010-UNESCO-Welterbe |
Auto-des-Maharadjas |
Die zwei in die Erde eingelassenen
halbkügelfoermigen Gebilde (Jai Prakash Zantra) bilden den
auf den Kopf gestellten Himmel ab, wobei der obere Rand
den in 360 Grad aufgeteilten Horizont darstellt. In die
gekrümmten Marmorsegmente sind Azimutlinien, der lokale
Meridian und der Himmelsaequator eingeritzt. Vier Drähte
halten einen kleinen Ring über dem Zentrum, dessen
Schatten über die Messlinien wandert. Einige Meter weiter
steht eine Doppelsonnenuhr (Narivalaya Yantra), bestehend
aus zwei kreisrunden, geneigten Scheiben. Die nach Norden
gerichtete Sonnenuhr zeigt die Jaipurzeit zwischen dem 22.
März und dem 22. September, die südliche lässt sich im
Winterhalbjahr ablesen. Am 21. März und am 23. September,
den Tagen der Sommer – und Wintersonnenwende stehen beide
Uhren, d. h. die Flächen liegen im Schatten. Der höchste
Komplex in der hinteren Ecke (Brihat Samrat Zantra) ist
eine überdimensionale Sonnenuhr. Das 44 m lange und 27 m
hohe Bauwerk mit einer Schräge von 27 Grad wirft einen
Schatten auf die halbkreisförmigen Bögen zu seinen füssen,
der pro Stunde um etwa 4 m wandert. Es lässt sich aber
auch für komplexere Beobachtungen von Zenitdistanzen und
Meridiandurchgängen nutzen.
Hawa
Mahal (Wahrzeichen von Jaipur)
Wohl kein Gebäude Indiens, den Taj
Mahal einmal ausgenommen, ist so oft auf Film gebannt
worden wie dieser sogenannte Palast der Winde (3). In den
Augen vieler Europaer verkoerpert er die Exotik Indiens
schlechthin, obwohl es sich nur um eine kulissenhafte
Illusion handelt, die von Kunsthistorikern eher als
Zeichen der Dekadenz und des Niedergangs der rajputischen
Architektur gewertet wird. Erbaut wurde die fünfstöckige,
bienenwabenartig mit 953 Fenstern und Erkern durchsetzte
Fassade am Ostrand des Palastkomplexes im Jahre 1799 von
Pratap Singh, um seinen Hofdamen, vor fremden Blicken
durch Jalis geschützt, einen Blick auf die unterhalb
stattfindenden festlichen Umzüge zu gewähren. In der
Staffelung gleichartiger Elemente zu einer sich
verjüngenden Spitze hin verbergen sich hinter den
vorherrschenden islamischen Architekturformen des Hawa
Mahal aber auch Merkmale der hinduistischen
Shikhara-Tempeltürme.
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Palast-der-Winde-Jaipur |
Hawa-Mahal |
Das
Government Museum (Albert Hall - Jaipur)
Der Ram Niwas-Park, der Ende des
vergangenen Jahrhunderts im Rahmen der Stadterweiterung
geschaffen wurde, grenzt südlich an die Altstadt. Die
Grünanlage bildet den Rahmen für die Albert Hall, zu der
der Prince of Wales bei seinem Besuch 1876 den Grundstein
legte. Unter der Aufsicht des bereits erwähnten Samuel
Swinton Jacob wurde sie nach britischem Vorbild
errichtete. Sie gibt auch heute noch der umfangreichen
Kunstsammlung einen würdigen Rahmen.
Wie in vielen indischen Museen wird der Besucher hier mit
einem zuweilen befremdlichen Sammelsurium
unterschiedlichster Exponate konfrontiert, von kuriosen
Skeletten bis zu erlesener Kunst. Außergewöhnlich ist die
Sammlung von Miniaturmalerei entlang der Galerien im
ersten Stock. Gezeigt werden u.a. Serien der Bundi-schule
(16. und 18. Jh), Werke aus Jodhpur (18. Jh.) in denen die
Personen ausschließlich im Profil dargestellt werden,
Miniaturen der Mogulschule mit lebendigen Szenen höfischen
Lebens. Makaber muten hingegen die in einem Seitenflügel
Aufsicht an; eher kurios das Nebeneinander von Schiffs –
und Eisenbahnmodellen, ausgestopften Krokodilen, einer
ägyptischen Mumie und Anatomiemodellen in anderen
Seitenflügeln. Informativ und gut erläutert sind hingegen
die Dioramen im Erdgeschoß, die regionalen Schmuck und
Kleidung in ansprechendem Rahmen präsentieren auch Szenen
traditionellen Tanzes, des Holifestes und einer Hochzeit
mit lebensgroßen Figuren darstellen. Auch dem berühmten
rajasthanischen Kunsthandwerk ist breiter Raum gewidmet.
Die Umgebung
von Jaipur
Zwar hat Jaipur dem Besucher viel Interessantes zu bieten,
doch locken auch die zahlreichen Sehenswürdigkeiten in der
nahen Umgebung. Sie sind leicht zugänglich und bieten sich
als Zwischenstopps auf dem Weg von Agra und Delhi nach
Jaipur oder als Tagesausflugsziele von Jaipur aus an.
Unmittelbar oberhalb der Nordwestecke
der Stadt thront das Fort von Nahargarh (Tigerfestung),
das zusammen mit der Stadt Mitte des 18. Jh. entstand.
Lohnend ist der Ausflug vor allem wegen der einzigartigen
Aussicht auf Jaipur. Einen Blick verdient aber auch der
im. 19. Jh. entstandene Madhavendra Bhavan mit hübschen
Blumenfresken. Von den Marmorsäulen sollte man sich nicht
täuschen lassen, sie bestehen nur aus Stuck als perfektem
Imitat.
Auf dem Weg nach Amber, der nächsten grossen
Sehenswürdigkeit in der Umgebung von Jaipur, trifft man
zunächst auf den in einem künstlichen See liegenden Jai
Mahal, einen der in Rajasthan beliebten Wasserpaläste, der
von Madho Singh I. (1760-1778) als Jagdschloss gebaut
wurde. Er verkörpert zwar die festungsartige Bautradition
der Rajputen, gleichwohl fehlt ihm ein wenig Ausstrahlung.
Die Chattris und bengalischen Dächer verschmelzen nicht
mit dem Baukörper zu einem harmonischen Ganzen, sondern
bilden allenfalls losgelöste dekorative Elemente.
Am nördlichen Ende des Stausees lohnt sich ein kleiner
Abstecher nach rechts zum Komplex Jai Mahal Talav, wo den
Besucher ein sehr schön restaurierter Mogulgarten
erwartet. Kurz hinter dieser Abzweigung führt von der
Strasse Jaipur-Amber nach links eine kurvenreiche Zufahrt
zum weiträumigen Fort Jaigarh hinauf, das erst seit
relative kurzer Zeit zugänglich ist und allem durch seine
Befestigungen lagen und den Blick auf Amber beeindruckt.
Das Museum, untergebracht in zwei langen Galerien, zeigt
überwiegend Erinnerungstücke und Fotos der Maharajas von
unterschiedlichen Kriegsschauplätzen.
An der höchsten Stelle hat unter einem Dach die
Riesenkanone Jaivan Ihren Platz, die ihre Feuerkraft
allerdings niemals unter Beweis stellen musste. Am Fusse
des Gebirgszuges liegen in Gaitor , der königlichen
Verbrennungsstätte, die teilweise prachtvoll gestalteten
Kenotaphe der Maharajas von Jaipur. Die Gedenkstätten der
Maharanis befinden sich einige Kilometer entfernt, rechts
an der von Jaipur nach Amber führenden Strasse, ein Stück
vor dem Wasserpalast Jai Mahal.
Amber
Die etwa 10 km nordöstlich von Jaipur
gelegene alte Hauptstadt befindet sich zwischen zwei
Gebirgszügen der Aravallikette. Bereits im frühen 10. Jh.
ließen sich hier die Minas nieder, mußten jedoch um 1150
dem Rajputenclan der Kachhawaha weichen. Bis zur Verlegung
der Residenz nach Jaipur im Jahre 1727 was Amber Residenz
dieses einflußreichen Fürstentums.
Die Palastanlage bietet sich als ein aus mehreren Höfen
bestehender, treppenförmig ansteigender rechteckiger
Komplex, der in Mehreren Bauabschnitten zwischen 1600 und
1727 entstand. Senkrechte, mit turmartigen Bastionen und
kleinen Balkonen versehene Wände vermitteln den für viele
Paläste Rajasthans charakteristischen burgartigen
Charakter. Auf einem im Zickzack geführten Weg gelangt man
durch ein Vortor zum Suraj Pol, dem Eingang zum unteren
Hof Jaleb Chowk , in dessen Gebäuden die Palastwache
untergebracht war. Es handelt sich um die letze
Erweiterung der Anlage kurz vor der Verlegung der
Hauptstadt nach Jaipur.
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