Die Ursprünge der nach einem Jat Herrscher benannten
Stadt, 25 km nordöstlich von Mandawa im Herzen von
Shekhawati gelegen, verlieren sich im Dunkel grauer
Vorzeit. Von 1450 bis 1730 wurde sie vom Clan der
Kaimkhani regiert, dann von dem Rajputen Sardul Singh, der
auch Mandawa befestigt hatte. Im Jahre 1835 stationierten
die Briten hier die Shekhavati-Brigade, um dem
Banditenunwesen in der Region ein Ende zu bereiten.
Überragt wird der Ort von dem Hügel Kana Pahar, den die,
allerdings nur von außen eindrucksvolle, Festung Badalgarh
krönt.
Im Zentrum der Stadt beherrscht der Mohanlal Ishvardas
Modi-Haveli die Hauptbasarstraße. Der Zugang erfolgt über
eine breite Rampe und ein hohes Tor mit seitlichen
Arkaden, |
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Rani Sati Temple |
in denen sich schöne Bilder von Elefanten– und Kamelreitern
erhalten haben. Aber auch eine Inderin im Sari vor einem
Grammophon findet man an diesem 1896 entstandenen Komplex,
einen Trupp englischer Soldaten und Bildnisse von Krishna –
ein Panoptikum kultureller Verschmelzung von Ost und West.
Ein Stück weiter westlich liegt inmitten des Gemüsemarktes
der noch recht gut erhaltene Kaniram narasighdas
Tibrevala-Haveli. Eisenbahnen gibt es hier ebenso zu
bewundern wie englische Soldaten und Bilder aus der
lebendigen Folklore Rajasthans.
Dass die Moslime trotz oder vielleicht sogar wegen der
Beschränkungen auf geometrische und florale Muster in der
Ausstattung ihrer Havelis durchaus mit den Hindukaufleuten
mithalten konnten, beweist der aus zwei Höfen bestehende
Nuruddin Farooqi-Haveli etwa 100 m weiter westlich. Nicht
versäumen sollte man den Besuch einer der zahlreichen
Brunnenanlagen, die sich über die ganze Stadt verteilen.
Dazu zählen das Mertani Bowri, ein mit einem Tempel
verbundener Stufenbrunnen zu Füßen des Mensa Devi-Hügels im
Südwesten der Stadt, und das unvollendet gebliebene Khaitan
Bowri östlich des Mensa Devi-Hügels.
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In dem trotz seiner Trockenheit dicht besiedelten
Landstrich entwickelten sich im Laufe der Jahrhunderte
etliche kleine, von Jaipur abhängige Fürstentümer, deren
Paläste heute zum Teil in reizvolle Hotels umgebaut
wurden. Aber nicht sie allein bilden den Anziehungspunkt
dieser ländlichen Gegend abseits des Trubels der
Großstädte, es sind die bemalten Kaufmannshäuser, die
Havelis, die den Besuch zum Erlebnis werden lassen. An den
großen, aus dem Nordwesten kommenden Karawanenrouten
gelegen, konzentrierte sich in Shekhawati seit früher Zeit
der Handel. Waren aus Lahore und Peshawar (die heute zu
Pakistan gehören) wurden hier ebenso umgeschlagen wie
Güter auf dem Weg von Gujarat nach Delhi. Gehandelt wurden
Stoffe, Tabak, Edelmetalle, Opium, Schmuck, Papier und
Elfenbein, aber auch Eisenerz, Weizen, Reis und
Trockenobst.
Dass sich gerade Shekhawati zu einem Handelszentrum
entwickelte, lag nicht nur am hervorragend organisierten
Verkehrswesen, sondern auch daran, dass die Fürstentümer
Bikaner im Nordwesten und Jaipur im Süden zu Beginn des
19. Jh. hohe Zölle für den Warentransit verlangten, um
ihre Staatskassen zu füllen und so die Karawanen zu
Umwegen durch das zollfreie Gebiet zwangen. Man
unterschied Karawanen für Handel, Viehtrieb und
Personenbeförderung. Auch eine Versicherung der Waren
gegen Diebstahl und Beschädigung war nicht unbekannt,
wobei die Versicherungsagenten für bewaffneten Schutz
sorgten. Als die Briten durch den Ausbau der Häfen Bombay
und Calcutta (jetzt Kolkata) neue ökonomische Zentren
schufen, erkannten die Kaufleute von Shekhawati schnell
die sich für sie ergebenden Chancen und verlegten ab 1820
ihr Tätigkeitsfeld zunehmend in die neuen Metropolen
wirtschaftlicher Macht.
Die Häuser der marwarischen Kaufleute, die Havelis, waren
ganz auf diesen Warenverkehr und – Umschlag ausgerichtet.
Sie sind den in der islamischen Welt üblichen Fonduks
verwandt, die als Warenlager und Wohnhaus dienten. Ein
(gut verschließbares) hohes Tor, das auch beladene Kamele
passieren Können, führt in einen allseitig von
mehrstöckigen Gebäudeflügeln umschlossenen äußeren Hof.
Hier lagen der oftmals besonders prachtvoll ausgeschmückte
Empfangsraum (Baithak), in dem der Hausherr seine Gäste
empfing, aber auch die Quartiere für die Männer und
Lagerräume. Kleine Türen führten in den zweiten privaten
Hof des Haveli, wo sich das häusliche Leben abspielte. Nur
durch ein kleines Fenster in der Verbindungswand zwischen
den Höfen konnten die Frauen einen Blick auf das Geschehen
im vorderen Hof werfen. In den Obergeschossen lagen die
Wohnräume des Handelsherren und seiner Familienmitglieder.
Die frühesten Havelis entstanden im 18. Jh. aus Lehm, da
Stein in der wüstenhaften Region in jener Zeit nur schwer
zu beschaffen war. Die meisten der heute noch erhaltenen
Handelshäuser stammen allerdings erst aus dem 19. Jh., als
die Kaufleute begannen, ihren Reichtum durch künstlerische
Ausgestaltung der Havelis nach Außen hin zu dokumentieren.
Dass sie dabei nicht den verfeinerten höfischen Stil zu
imitieren versuchten, sondern ihren persönlichen Geschmack
ganz unverblümt zur Schau stellten, macht den besonderen
Reiz dieser Volkskunst am Bau aus.
Vor allem in der Bemalung ihrer Handelshäuser versuchten
sich die Kaufleute gegenseitig zu übertrumpfen, wobei sie
neben traditionellen indischen Motiven aus dem religiösen,
historischen und folkloristischen Bereich auch Symbole des
technischen Fortschritts wählten. Autos, Eisenbahnen und
Flugzeuge verbinden sich mit Ganesh, Krishna und den Gopis
zu einem einzigartigen Bilderbuch indischer Kultur an der
Schwelle zur Neuzeit. Aus der häufigen Abbildung
britischer Offiziere und Truppen lässt sich auf ein recht
gutes Verhältnis schließen, begründet im militärischen
Schutz der empfindlichen Handelswege. Die Kaufleute
machten keinen Hehl daraus, dass sie Nutznießer der
Fremdherrschaft waren.
Die schönsten Malereien findet man im nördlichen
Shekhawati, insbesondere in Mandawa, Fatehpur, Bassau und
Jhunjhunu. Zunächst kamen Pflanzenfarben zur Anwendung,
die auf den noch feuchten Putz aufgetragen wurden, später
auch synthetische Farben. Am einfachsten und bequemsten
lassen sich die Sehenswürdigkeiten Shekhavatis auf einer
zweitägigen Rundfahrt besuchen, wobei sich ausgezeichnete
Übernachtungsmöglichkeiten in einigen der Palastanlagen
ergeben, allen voran in Mandawa. Anzumerken ist jedoch,
dass viele Havellis geschlossen sind und andere sich noch in
Privatbesitz befinden, sodass man vor dem Betreten des
Innenhofes um Erlaubnis bitten muss.
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